Muss der Vermächtnisnehmer für ein Grundstück aus dem Nachlass eine testamentarisch angeordnete Gegenleistung erbringen, liegt darin ein teilentgeltlicher Vorgang, der unter die Spekulationsbesteuerung fällt.
Das gilt nach dem Urteil des BFH, wenn der Wert des Vermächtnisses unter dem des Hauspreises liegt und der Zeitraum zwischen Anschaffung durch den Verstorbenen und Veräußerung im Rahmen des Vermächtnisausgleichs nicht mehr als zehn Jahre beträgt.
Im Urteilsfall wurden zwei Töchter Alleinerben zu je ½. Eine von ihnen erhielt laut Testament den gesamten Grundbesitz als Vermächtnis und sollte ihrer Schwester 1/4 des Marktpreises als Ausgleich zahlen.
BFH 29.6.11, IX R 63/10, BFH 13.11.02, I R 110/00, BFH/NV 03, 820
BMF 14.3.06, IV B 2 – S 2242 – 7/06, BStBl I 06, 253, Tz. 63
Hierbei handelt es sich nicht um eine Teilungsanordnung, sondern ein Vorausvermächtnis mit aufschiebend bedingter Forderung gegen die Erbengemeinschaft auf Übertrag von Nachlassgegenständen gegen ein testamentarisch festgelegtes Entgelt. Der Erwerb durch Vermächtnis ist zwar regelmäßig unentgeltlich. Etwas anderes gilt jedoch, wenn Erben über ihren Anteil hinaus etwas zusätzlich aus dem Nachlass erhalten sollen, dies aber nicht kostenlos.
Diese Testamentsanweisung ist ein Erwerbsgeschäft mit einem entgeltlichen und einem unentgeltlichen Teil. In Bezug auf die Zahlung liegt dann ein neuer Anschaffungsvorgang vor und damit erfüllt der bedachte Vermächtnisnehmer die Voraussetzungen eines steuerbaren Veräußerungsgeschäfts nach § 23 EStG.
Der Rest ist der Anschaffung durch den Erblasser zuzurechnen. Das hatte im Urteilsfall zur Folge, dass der Grundbesitz zu 3/4 unentgeltlich und zu 1/4 durch Kauf vom Miterben erworben wurde. In diesem Verhältnis muss die Schwester dann auch in Hinsicht auf Anschaffungsdatum und -preis hinsichtlich § 23 EStG vorgehen, wenn sie die Immobilien anschließend verkaufen sollte.