Der Abzug von Reisekosten als Werbungskosten oder Betriebsausgaben erfordert, dass die Reise nahezu ausschließlich betrieblich oder beruflich veranlasst ist. Das ist der Fall, wenn
der Reise ein unmittelbarer beruflicher Anlass zugrunde liegt und die Verfolgung privater Reiseinteressen nicht den Schwerpunkt bildet oder
die berufliche Veranlassung bei Weitem überwiegt und die Befriedigung privater Interessen nur von untergeordneter Bedeutung ist.
Dieser Grundsatz ist bei Auslandsreisen ohne unmittelbaren beruflichen Anlass, wie etwa das Aufsuchen eines Geschäftsfreundes, der gehaltene Fachvortrag oder der durchgeführte Forschungsauftrag, anders zu beurteilen.
BFH 19.1.12, VI R 3/11,
BFH 9.12.10, VI R 42/09, BStBl II 11, 522; 21.9.09, GrS 1/06, BStBl II 10, 672; 9.8.07, X B 210/06, BFH/NV 07, 2106; 27.11.78, GrS 8/77, BStBl II 79, 213
FG Niedersachsen 28.12.11, 3 K 500/08
BFH 24.2.11, VI R 12/10; 9.12.10, VI R 42/09; 9.3.10, VIII R 32/07
Dies gilt insbesondere bei Kongressen sowie Sprachkursen. Hier spielen häufig auch private Interessen eine Rolle und die Beurteilungsmerkmale sind gegeneinander abzuwiegen. Sowohl das FG Niedersachsen als auch der BFH konkretisieren dies jetzt in praxisrelevanten Entscheidungen.
Allgemeine Grundsätze
Nach Ansicht des FG Niedersachsen ist insoweit auf die Art der dargebotenen Informationen, den Teilnehmerkreis, die Reiseroute, den Charakter der aufgesuchten Orte als beliebtes Tourismusziel, die fachliche Organisation, die Wochenendgestaltung, das benutzte Beförderungsmittel und auf die Freizeittätigkeiten abzustellen. Nachdem der BFH jetzt auch gemischte Aufwendungen aufteilt, wenn diese abgrenzbare berufliche und private Reiseteile umfassen, ist dies auch bei Auslandsaufenthalten anzuwenden.
Nur wenn die Reiseteile so ineinander greifen, dass keine Trennung möglich ist, fehlt es an objektivierbaren Kriterien. Ein Abzug kommt dann auch weiterhin nicht in Betracht.
Kann im Einzelfall eine Aufteilung erfolgen, werden die Reisekosten steuerlich anerkannt, soweit sie auf den nahezu ausschließlich durch Berufstätigkeit veranlassten Teil entfallen.
Teilnahme an Auslandsgruppenreisen
Zur Klärung der beruflichen Veranlassung bei Teilnahme an einer Aus-landsgruppenreise sind auch nach der Entscheidung des Großen Senats des BFH die früher entwickelten Abgrenzungsmerkmale weiter anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige mit der Teilnahme eine allgemeine Verpflichtung zur beruflichen Fortbildung erfüllt oder diese vom Fachverband angeboten wird. Zwar hat der BFH das Aufteilungs- und Abzugsverbot gekippt, mit der Folge, dass gemischt veranlasste Reisekosten teilweise absetzbar sind. Bei Auslandsgruppenreisen muss aber unverändert genau die berufliche Veranlassung geprüft werden.
Der BFH fordert neben einer fachlichen Organisation vor allem ein Zuschneiden des Programms auf die besonderen beruflichen Bedürfnisse der Teilnehmer, im Wesentlichen gleichartige Teilnehmende, ein straff organisiertes Reiseprogramm, wenige Ortswechsel, eine angemessene Reisedauer, zeitsparende Beförderungsmittel sowie inwieweit die Teilnahme freiwillig oder eine Dienstpflicht ist. Kann die berufliche Veranlassung einer Reise nicht festgestellt werden, gehen Zweifel zulasten des Steuerpflichtigen.
Es liegt kein unmittelbarer beruflicher Anlass für die Reisen vor, deren Ausgestaltung auf allgemeine Bildungsinteressen ohne hinreichend konkrete Bezüge zur Berufstätigkeit schließen lässt. Kommt jemand mit der Teilnahme der allgemein bestehenden Verpflichtung, sich fortzubilden nach, ohne dass sich diese auf die konkret unternommene Reise bezieht, so sind die hierdurch entstandenen Aufwendungen unter den allgemein für Fortbildungsreisen geltenden Voraussetzungen als Werbungskosten abziehbar. Allerdings muss die angebotene Fortbildung auf die besonderen beruflichen Bedürfnisse des jeweiligen Teilnehmers zugeschnitten sein. Liegt diese Voraussetzung nicht vor, ist es unerheblich, ob insoweit eine Dienstreisegenehmigung erteilt wurde.
Steuer-Tipp:
Der BFH stellt zudem drei weitere Grundsätze auf:
# Ein Werbungskostenabzug ist auch nicht deshalb zu gewähren, weil Reisen von einem Fachverband angeboten und organisiert werden. Dies ist kein Umstand, sie als beruflich veranlasst anzusehen. Entscheidend ist nämlich für die steuerliche Anerkennung von Fortbildungsreisen nicht der Anbieter, sondern ob das Angebot den Anforderungen entspricht. Werden Reisen von beruflichen Organisationen angeboten, so sind sie nur dann steuerlich zu berücksichtigen, wenn sie nach ihrem Reiseprogramm und der tatsächlichen Durchführung die Kriterien für eine beruflich veranlasste Fortbildungsreise erfüllen. Wird eine Reise hingegen durch einen Fachverband angeboten und beworben, dann jedoch im Wesentlichen durch einen kommerziellen Reiseveranstalter durchgeführt, scheidet der Abzug regelmäßig aus, wenn Programm und Ablauf allgemeinbildenden Studienreisen entsprechen.
# Es darf auch keine Aufteilung der angefallenen Aufwendungen entsprechend einem beruflichen und privaten Anteil der Veranlassungsbeiträge erfolgen, wenn die geringe als beruflich veranlasst angesehene Quote angesichts des zeitlichen Umfangs und seiner Bedeutung hinter den privat veranlassten Anteilen in einem Maße zurücktritt, dass dieser Reiseanteil vernachlässigt werden kann. In einem solchen Fall ist in Anwendung der im Beschluss des Großen Senats niedergelegten Rechtsgrundsätze dann insgesamt kein Werbungskostenabzug vorzunehmen.
# Die Einordnung bedeutet keine Abkehr von den geänderten Grundsätzen zum Aufteilungs- und Abzugsgebot. Der BFH macht lediglich deutlich, dass es für die Beurteilung weiterhin auf die Einordnung des Veranlassungszusammenhangs ankommt, ob Reiseaufwendungen insgesamt, nur zu einem Anteil oder überhaupt nicht als beruflich veranlasst gewertet werden können. Damit bleibt es zur Einordnung des Veranlassungszusammenhangs – nicht aber zur Aufteilung gemischter Kosten – bei den bisherigen Abgrenzungskriterien und den vom Großen Senat entwickelten Grundsätzen aus dem Jahre 1978.