In Steuer-Tipps für ALLE

Steuerpflichtige, die so gehbehindert sind, dass sie sich außerhalb des Hauses nur mithilfe eines Kfz bewegen können, können grundsätzlich alle Kfz-Kosten, soweit es sich nicht um Werbungskosten oder Betriebsausgaben handelt, neben den Pauschbeträgen für Körperbehinderte als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG geltend machen.
Dabei sind die Aufwendungen der Höhe nach begrenzt durch die in den EStR bzw. LStR enthaltenen Pauschsätze (derzeit 0,30 EUR je gefahrenen Kilometer).
Eine Ausnahme von dieser Begrenzung ist nach der Rechtsprechung des BFH nur in krassen Ausnahmefällen gerechtfertigt.
FG Niedersachsen 17.7.14, 10 K 323/13, Rev. eingelegt, Az. des BFH: VI R 60/14

h3, Sachverhalt

Mit der Frage, ob ein solcher krasser Ausnahmefall vorliegt, hatte sich nun das Niedersächsische FG zu beschäftigen. Der schwerbehinderte Steuerpflichtige (Grad der Behinderung von 80 mit Merkzeichen „G“ und „aG“) machte Kosten für einen Motorschaden neben den Pauschsätzen als außergewöhnliche Belastung geltend.
Der Schaden entstand bei seinem scheckheftgepflegten Fahrzeug und einem Kilometerstand von 76.000 km. Der Hersteller hatte von den entstandenen Kosten von ca. 10.000 EUR nur ca. 4.000 EUR im Kulanzwege erstattet, sodass der Steuerpflichtige noch ca. 6.000 EUR zu tragen hatte.

Entscheidung

Das FG wies die Klage nach erfolglosem Einspruchsverfahren ab und entschied, dass die Begrenzung der zu berücksichtigenden Kfz-Kosten durch die in den EStR bzw. LStR enthaltenen Pauschsätze nicht nur zulässig, sondern grundsätzlich auch geboten ist.
Denn es lässt sich kein überzeugender Grund dafür finden, warum die zwangsläufigen Kfz-Aufwendungen eines körperbehinderten Steuerpflichtigen je gefahrenen Kilometer höher sein sollten als die der großen Mehrzahl der Steuerpflichtigen im Durchschnitt tatsächlich entstehenden Kosten und warum im Rahmen des angemessenen Aufwands ein höherer Aufwand steuerlich zu berücksichtigen sein solle als bei der Mehrzahl der Steuerpflichtigen, die ihre Kfz-Aufwendungen nur in Höhe der Pauschsätze steuerlich geltend machen.
Allerdings ist bei außergewöhnlichen Umständen ein höherer Abzug grundsätzlich möglich. Eine solche Ausnahme von der Begrenzung der Kosten auf die Pauschbeträge ist aber nur in ganz extremen Fällen in Betracht zu ziehen.
Die Beschränkung auf krasse Ausnahmefälle ist nicht nur gerechtfertigt aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung, wegen der Schwierigkeiten der Ermittlung der konkreten tatsächlichen Kosten in jedem Einzelfall, der Gewährleistung einer gleichmäßigen Besteuerung und der Vermeidung einer unverhältnismäßigen Berücksichtigung von grundsätzlich der Privatsphäre zuzurechnenden Aufwendungen, sondern zusätzlich aus der Überlegung, dass die Fahrtkosten neben dem Behinderten-Pauschbetrag und weiteren wegen der Behinderung gewährten Zuschüssen angesetzt werden, und zwar ohne jede Begrenzung auf die allein behinderungsbedingten Mehraufwendungen.
Bei den im Streitfall angefallenen Reparaturaufwendungen zur Beseitigung des Motorschadens handelte es sich um keinen solchen krassen Ausnahmefall, der eine ausnahmsweise Berücksichtigung der streitigen Aufwendungen begründen könnte. Dies ist allenfalls bei Kosten eines Unfalls möglich, weil ein solcher nicht vorhersehbar und damit außergewöhnlich ist. Dies gilt jedoch nicht für einen Motorschaden, der aufgrund eines vorzeitigen Verschleißes eingetreten ist.
Insbesondere war im Streitfall auch aufgrund des Alters und der Kilometerlaufleistung des Fahrzeugs im Zeitpunkt des Schadenseintritts von keinem krassen Ausnahmefall auszugehen. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass das Risiko frühzeitiger Verschleißerscheinungen eines Fahrzeugs regelmäßig der Privatsphäre zuzuordnen ist, denn dieses Risiko trifft jeden Autobesitzer. Es besteht immer die Gefahr, dass frühzeitige Verschleißerscheinungen mit erhöhtem Reparaturaufwand auftreten und damit in einzelnen Jahren die tatsächlichen Aufwendungen für das Fahrzeug über den Pauschbeträgen liegen.

Hinweis

Das FG hat sich bei seiner Entscheidung insbesondere auch von dem Gedanken der Verwaltungsvereinfachung leiten lassen, da anderenfalls bei jeder Reparatur zu prüfen wäre, ob es sich hier um einen außergewöhnlichen Verschleiß gehandelt hat, der ggf. zu einem gesonderten Abzug führen könnte.