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Die Unterbringung in einer Pflegewohngemeinschaft in Form einer selbstverantworteten Wohngruppe (§§ 24, 25 Wohn- und Teilhabegesetz NRW) entspricht einer klassischen Heimunterbringung. Die Aufwendungen für die Unterbringung stellen steuermindernde außergewöhnliche Belastungen dar, so das FG Köln in einem aktuellen Urteil.  |

Sachverhalt

Streitig war die Berücksichtigung von Aufwendungen im Zusammenhang mit der Unterbringung des Steuerpflichtigen in einer Pflegewohngemeinschaft in Form einer selbstverantworteten Wohngruppe i. S. d. §§ 24 Abs. 2, 25 Wohn- und Teilhabegesetz NRW (WTG) als außergewöhnliche Belastung i. S. d. § 33 Abs. 1 EStG.

Entscheidung

Das FG stellte zunächst heraus, dass auch krankheits- oder behinderungsbedingte Unterbringungskosten in einer dafür vorgesehenen Einrichtung aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig und daher dem Grunde nach als außergewöhnliche Belastungen i. S. d. § 33 EStG zu berücksichtigen sind, und zwar unabhängig davon, ob neben dem Pauschalentgelt gesondert Pflegekosten in Rechnung gestellt werden. Werden Kosten einer Heimunterbringung dem Grunde nach als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt, sind sie jedoch nur insoweit gemäß § 33 Abs. 1 EStG abziehbar, als sie die sog. Haushaltsersparnis sowie die zumutbare Belastung (§ 33 Abs. 3 EStG) übersteigen.

Im Streitfall stellten die geltend gemachten Aufwendungen für die durch die Krankheit und die schwere Behinderung mit der Folge der Pflegebedürftigkeit veranlasste Unterbringung des Steuerpflichtigen in einer Wohngemeinschaft nach § 33 EStG abziehbare Krankheitskosten dar.

Die Unterbringung des Steuerpflichtigen war angesichts seines Alters von 50 Jahren im Zeitpunkt des Umzugs in die Wohngemeinschaft außergewöhnlich i. S. d. § 33 EStG.

Die Annahme der Außergewöhnlichkeit gilt jedoch nicht nur bei einer Unterbringung in einem Heim i. S. d. § 1 Abs. 1 Satz 2 HeimG bzw. in einer – mit der Föderalismusreform 2006 in Nordrhein-Westfalen inhaltsgleich an dessen Stelle getretenen – sog. Einrichtung mit umfassendem Leistungsangebot nach § 18 Abs. 1 WTG NW. Sie ist vielmehr gleichermaßen bei einer Unterbringung in einer „Wohngemeinschaft mit Betreuungsleistungen“ i. S. d. § 24 Abs. 1 WTG NW zu bejahen, die – wie im Streitfall – die Voraussetzungen nach § 24 Abs. 2 WTG NW einer selbstverantworteten Wohngemeinschaft erfüllt.

Die Unterbringung in der Pflegewohngemeinschaft war für den Steuerpflichtigen auch aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig, denn er ist seit November 2015 krankheits- und behinderungsbedingt in der Pflegewohngemeinschaft untergebracht. Bestätigt wird diese Einschätzung u. a. durch ein ärztliches Attest des Hausarztes und durch ein Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach SGB XI.

Das FG sah dabei die Vorlage eines amtsärztlichen Attests für nicht erforderlich an, da es sich nicht um einen der in § 33 Abs. 4 EStG i. V. m. § 64 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) abschließend aufgezählten Fälle, bei denen der Nachweis der Zwangsläufigkeit durch ein amtsärztliches Gutachten oder durch eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung zu erfolgen hat, handelt. Hinzu kommt, dass nach der Lebenserfahrung niemand, der nicht pflegebedürftig ist, aus persönlichen Gründen in eine Pflegewohngemeinschaft ziehen wird. Motive der persönlichen Lebensführung scheiden insofern aus.

Zweifel an der Angemessenheit i. S. d. § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG bestanden im Streitfall angesichts der sich im üblichen Rahmen bewegenden Unterbringungskosten nicht. Die Kosten der Unterbringung waren jedoch nur insoweit nach § 33 Abs. 1 EStG abziehbar, als sie die sog. Haushaltsersparnis (im Streitjahr 2016: 8.652 EUR) sowie die zumutbare Belastung (§ 33 Abs. 3 EStG) übersteigen.

Fundstelle
FG Köln 30.9.20, 3 K 1858/18, Rev. BFH VI R 40/20