Wiederkehrende Bezüge, die ein Steuerpflichtiger aufgrund eines Vermächtnisses von einer gemeinnützigen, vom Erblasser mit Vermögen ausgestatteten Stiftung erhält, sind gemäß § 22 EStG steuerbar.
Der Höhe nach ist die Besteuerung allerdings auf den Ertragsanteil begrenzt.
BFH 15.7.14, X R 41/12
Sachverhalt
Die Ehefrau erhielt aus einer vom verstorbenen Ehemann begründeten nicht rechtsfähigen Stiftung lebenslängliche wiederkehrende Leistungen, die auf einem Vermächtnis des Ehemannes beruhten.
Während die Steuerpflichtige der Auffassung war, es handele sich um nicht einkommensteuerbare Unterhaltsleistungen, unterwarf das FA die wiederkehrenden Leistungen in vollem Umfang der Besteuerung nach § 22 Nr. 1 EStG.
Das FG kam dagegen zu dem Ergebnis, dass es sich zwar um steuerpflichtige wiederkehrende Leistungen handele, die jedoch nur mit dem Ertragsanteil anzusetzen seien.
Entscheidung des BFH
Der BFH bestätigte die Steuerpflicht der wiederkehrenden Leistungen nach § 22 Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 2 Buchst. a EStG mit dem Ertragsanteil. Nach dieser Vorschrift sind Bezüge, die von einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse außerhalb der Erfüllung steuerbegünstigter Zwecke i.S. der §§ 52 bis 54 AO#BJNR006130976BJNE014505301 gewährt werden, dem Empfänger zuzurechnen.
Dies ist auch dann der Fall, wenn sie freiwillig oder aufgrund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht gewährt werden. Diese Voraussetzungen waren im Streitfall erfüllt, da die Stiftung eine Vermögensmasse darstellt und die Bezüge außerhalb der Erfüllung steuerbegünstigter Zwecke gewährt. Insoweit liegen Destinatärsleistungen vor, die eine natürliche Person von einer Stiftung bezieht, die der Gesetzgeber mit der Regelung in § 22 Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 2 Buchst. a EStG ausdrücklich einkommensteuerrechtlich erfassen wollte.
Im Streitfall wurde der Kapitalwert der Zahlungsansprüche der Steuerpflichtigen zutreffend der Erbschaftsteuer unterworfen. Hieraus folgt bei wirtschaftlicher Betrachtung konsequenterweise, dass der Steuerpflichtigen durch einen Erwerb von Todes wegen, also außerhalb der einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre, ein bestimmter Anspruch gegen die Stiftung eingeräumt wurde.
Dieser Anspruch lässt sich näherungsweise als Kapitalbetrag ausdrücken und bewerten. Wenn dieser Kapitalbetrag, der der Steuerpflichtigen erbschaftsteuerrechtlich als eigener Erwerb zugerechnet wurde, nun verrentet an sie ausgezahlt wird, befindet sie sich in derselben Situation wie jemand, der einem Dritten (z.B. einer Versicherungsgesellschaft) einen Kapitalbetrag überlässt und anschließend verrentet zurückerhält.
Hinweis
Der Kapitalwert der Bezüge wird somit der Erbschaftsteuer unterworfen. Der Ertragsanteil – der nach der Systematik des EStG die zeitlich erst nach dem Erbfall erwirtschafteten Erträge des Kapitals erfassen will, die nicht in die Bemessungsgrundlage der Erbschaftsteuer eingegangen sind – unterliegt hingegen der Einkommensteuer.