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Das Arbeiten von zu Hause aus ist aus dem Berufsleben nicht mehr wegzudenken. Auch Selbstständige nutzen vermehrt das Arbeiten im häuslichen Arbeitszimmer. Steuerlich sieht man vor allem Vorteile. Mandanten richten sich ein häusliches Arbeitszimmer ein – und möchten die Kosten dafür absetzen. Oftmals wurden dabei jedoch die Auswirkungen in der Zukunft außer Acht gelassen. Mit dem Jahressteuergesetz 2022 und der Gesetzesänderung nimmt das Thema an Dynamik auf und kann zu einer teuren Steuerfalle werden. Zu einem bösen Erwachen kann es kommen, wenn das Haus verkauft oder die selbstständige Tätigkeit eingestellt wird. Es besteht in der Praxis akuter Handlungsbedarf.

Beispiel zeigt Problematik

Das folgende Beispiel zeigt die Problematik grundlegend auf.

Beispiel

Der selbstständige Dozent D erwirbt zum 1.1.2001 ein Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 150 qm. Enthalten ist ein 22,5 qm (15 %) großes häusliches Arbeitszimmer, das dem Betriebsvermögen zuzuordnen ist (R 4.2 Abs. 7 EStR). Die Anschaffungskosten des gesamten Gebäudes belaufen sich auf 400.000 EUR. Entsprechend sind für das Arbeitszimmer 60.000 EUR anzusetzen. Die jährliche Gebäudeabschreibung des betrieblich genutzten Teils beträgt 1.800 EUR (3 % von 60.000 EUR – § 7 Abs. 5a i. V. m. § 7 Abs. 4 Nr. 1 EStG). Die anteiligen übrigen laufenden Gebäudekosten, wie z. B. Strom, Gas, Versicherungen usw. sollen jährlich 1.200 EUR betragen. Das häusliche Arbeitszimmer stellt nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Tätigkeit dar.

Lösung bis VZ 2022: Weil das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung darstellt, kann D von den jährlichen Gesamtkosten i. H. v. 3.000 EUR nach § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG nur 1.250 EUR ansetzen. Dies bewirkt bei einem Steuersatz von 40 % eine jährliche Ersparnis von 500 EUR.

Lösung ab dem VZ 2023: Aufgrund der Änderung durch das Jahressteuergesetz 2022 kann D ab dem VZ 2023 keine anteiligen Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer mehr absetzen, da das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung darstellt. Die einzige Möglichkeit die D bleibt, ist die Tagespauschale i. H. v. 6 EUR. Da ein häusliches Arbeitszimmer für die Inanspruchnahme der Tagespauschale keine Voraussetzung ist, würde D diese Pauschale also auch unabhängig von einem häuslichen Arbeitszimmer erhalten.

Das passiert beim Verkauf des Hauses

Schreiben wir das Beispiel fort bis zum 31.12.2022. Bis dahin sind 22 Jahre vergangen. Insgesamt wurde durch das Arbeitszimmer ein Steuervorteil von 11.000 EUR erzielt (22 Jahre × 500 EUR). D entscheidet sich, sein Haus zu veräußern. Dabei erzielt er einen Erlös in Höhe der ursprünglichen Anschaffungskosten von 400.000 EUR. Daraus resultieren zwei Steuerfolgen:

  • Die Veräußerung des privaten Gebäudeteils (85 %) ist nicht steuerbar. Das Objekt diente insoweit ausschließlich privaten Wohnzwecken (§ 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG). Außerdem wurde die zehnjährige „Spekulationsfrist“ des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG überschritten.

  • Die Veräußerung des betrieblichen Gebäudeteils (15 %) ist jedoch steuerverhaftet. Es liegt eine Veräußerung von Betriebsvermögen vor. Der Gewinn unterliegt der Einkommensteuer im Rahmen der Gewinneinkünfte. Er errechnet sich wie folgt:

Ermittlung des Gewinns aus Arbeitszimmer-Verkauf
Anteiliger Veräußerungserlös (400.000 × 15 %)

60.000 EUR

Anteilige Veräußerungskosten

0 EUR

Restbuchwert

20.400 EUR

= Gewinn

39.600 EUR

Der Restbuchwert von 20.400 EUR resultiert dabei aus den originären Anschaffungskosten i. H. v. 60.000 EUR abzüglich der jährlichen Gebäudeabschreibung i. H. v. 1.800 EUR (für 22 Jahre folglich 39.600 EUR).

Beachten Sie | Obwohl das Objekt keine Wertsteigerung erfahren hat, wurde aufgrund der jährlichen Gebäudeabschreibung von 1.800 EUR ein Gewinn i. H. v. 39.600 EUR erzielt. Beim Steuersatz von 40 % beträgt die Steuerlast 15.840 EUR. Damit muss D nicht nur auf einen Schlag sämtliche Steuervorteile der vergangenen 22 Jahre zurückzahlen, sondern es verbleibt effektiv eine Mehrbelastung von 4.840 EUR (15.840 EUR – 11.000 EUR).

Systemfehler“ sorgt für Steuerfalle

Das Beispiel zeigt die Problematik und Steuerfalle bei beschränkt abzugsfähigen häuslichen Arbeitszimmern des Betriebsvermögens auf. Denn die jährlichen laufenden Kosten werden bis zum VZ 2022 auf einen Höchstbetrag von 1.250 EUR gedeckelt. Fataler wird es ab dem VZ 2023, denn das häusliche Arbeitszimmer ist nur noch dann absetzbar, wenn es den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit darstellt. Abschreibungen etc. können folglich gar nicht mehr abgesetzt werden. Bei der Veräußerung oder Entnahme wird dagegen auf den Restbuchwert abgestellt. Dieser Restbuchwert entspricht jedoch den Anschaffungskosten abzüglich der regulären Abschreibung. Es wird dabei nicht berücksichtigt, dass (ein Teil der) Abschreibungen sich aufgrund der Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG steuerlich nicht ausgewirkt haben.

  • Auswirkungen bis zum VZ 2022: Im Beispiel wird auf eine jährliche Abschreibung von 1.800 EUR abgestellt. Von dieser haben sich jedoch nur 750 EUR steuerlich ausgewirkt (1.800 EUR Abschreibung von 3.000 EUR Gesamtkosten entspricht 60 % und 60 % von 1.250 EUR Höchstbetrag sind 750 EUR). Für jedes Jahr ist damit auch ohne Wertsteigerung der Immobilie die Differenz zwischen der Abschreibung laut Buchführung (hier 1.800 EUR) und der tatsächlich abzugsfähigen anteiligen Abschreibung (hier 750 EUR) als zusätzlicher Gewinn bei Veräußerung oder Entnahme der Immobilie zu versteuern. Achtung: Dieses Vorgehen der Finanzverwaltung ist auch durch die Rechtsprechung des BFH gedeckt (BFH 16.6.20, VIII R 15/17).

  • Auswirkungen ab dem VZ 2023: Da ab 2023 keine Abschreibung mehr geltend gemacht werden kann, verstärkt sich das Problem. Spätestens jetzt sollte über die Aufdeckung von stillen Reserven nachgedacht werden, um das Steuerrisiko nicht größer werden zu lassen.

Vermeidungsstrategien

Als Unternehmer bestehen grundsätzlich zwei Möglichkeiten, die Besteuerung des Arbeitszimmers zu vermeiden.

Vermeidungsstrategie 1: Bagatellklausel

Aufatmen kann man zunächst, wenn das Arbeitszimmer nicht als Betriebsvermögen auszuweisen ist (vgl. § 8 EStDV). Nach § 8 EStDV brauchen eigenbetrieblich genutzte Grundstücksteile nicht als Betriebsvermögen behandelt zu werden, wenn ihr Wert nicht mehr als ein Fünftel des gemeinen Werts des gesamten Grundstücks und nicht mehr als 20.500 EUR beträgt (sog. Grundstücksteile von untergeordnetem Wert). Für die 20.500 EUR wird abgestellt auf den anteiligen Gebäudewert zzgl. anteiligen Grund- und Bodenwert. Wenn diese Grenzen eingehalten wurden, besteht ein Wahlrecht. Das Arbeitszimmer kann als gewillkürtes Betriebsvermögen oder als steuerlich begünstigtes Privatvermögen behandelt werden. Diese Entscheidung wird in der Regel zu Beginn getroffen. Problematisch wird es allerdings, wenn im Laufe der Zeit (durch Steigerungen der Immobilienpreise) die Bagatellgrenze von 20.500 EUR überschritten wurde (grundsätzlich jährliche Prüfung). Insoweit besteht das Wahlrecht folglich nicht mehr. Es handelt sich dann um notwendiges Betriebsvermögen. Die Besteuerung des auf das Arbeitszimmer entfallenden Gewinns kann bei Veräußerung der Wohnimmobilie dann nicht vermieden werden.

Beachten Sie | Gewillkürtes Betriebsvermögen liegt vor, wenn der Raum nicht zu mehr als 50 % betrieblich genutzt wird. Ein Fernseher mit einer Playstation, das Gästebett, Bügelbrett und ähnliche private Dinge können dazu führen, dass der Raum (doch) kein notwendiges Betriebsvermögen darstellt.

Praxistipp

Die Grenzen des § 8 EStDV sind zwar nicht zu ändern, aber durch die zulässige Einbeziehung von Zubehörräumen kann ein günstigeres Flächenverhältnis erreicht werden. Zuordenbar sind z. B. auch Kellerräume, Abstellräume, Bodenräume, Heizungsräume oder Garagen.

Merke | Diese Vermeidungsstrategie betrifft vor allem die erstmalige Aufnahme der Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers. Ist in den Vorjahren bereits der Ausweis als Betriebsvermögen erfolgt, kann der Wechsel ins Privatvermögen (auch im Anwendungsbereich des § 8 EStDV) nur durch die Besteuerung eines Entnahmegewinns zum aktuellen Teilwert des Grundstücksanteils erfolgen.

Steuertipp

Im Fall der Aufdeckung von stillen Reserven sollte die Entnahme des Arbeitszimmers ins Privatvermögen planmäßig in einem Jahr erfolgen, in dem der entstehende Gewinn durch Verluste in anderen Einkunftsarten oder in höheren Sonderausgaben bzw. außergewöhnliche Belastungen aufgefangen werden kann.

Vermeidungsstrategie 2: Steuerschiebende Rücklage

Ist die Lösung über § 8 EStDV nicht möglich (weil z. B. die Größenmerkmale überschritten wurden), besteht die Möglichkeit, die Versteuerung zeitlich hinauszuschieben. Durch Bildung und Übertragung einer Rücklage nach § 6b EStG sind die Gewinne im Idealfall erst im Jahr der Betriebsaufgabe oder Betriebsveräußerung zu versteuern. Selbst nichtbilanzierende Unternehmer (EÜR nach § 4 Abs. 3 EStG) können diese Vermeidungsstrategie umsetzen (§ 6c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 6b EStG).

Beispiel

Online-Händler Otto entscheidet sich dafür, ein Grundstück, das ihm seit mehr als zehn Jahren gehört, zum 1.12.2023 zu veräußern. Für das häusliche Arbeitszimmer müssen die stillen Reserven von insgesamt 25.000 EUR (Gebäude 10.000 EUR, Grund und Boden 15.000 EUR) aufgedeckt werden. Zum 31.12.2023 erwirbt er ein kleines Bürogebäude (Grund und Boden 50.000 EUR, Gebäude 150.000 EUR). Die beim Grund und Boden aufgedeckten stillen Reserven von 15.000 EUR sind auf den neu erworbenen Grund und Boden und die beim Gebäude aufgedeckten stillen Reserven von 10.000 EUR auf den neu erworbenen Gebäudeteil übertragbar.

Anschaffungskosten Grund und Boden

50.000 EUR

Übertragung der stillen Reserve nach § 6b EStG

15.000 EUR

= Buchwert Grund und Boden (neu)

35.000 EUR

Anschaffungskosten Gebäude

150.000 EUR

Übertragung der stillen Reserve nach § 6b EStG

10.000 EUR

= Buchwert/AfA-Bemessungsgrundlage Gebäude (neu)

140.000 EUR

Beachten Sie | Eine Rücklage nach § 6b EStG ist nur im Falle einer Veräußerung möglich. Bei einer Entnahme kommt für die stille Reserve keine steuerneutrale Rücklage nach § 6b EStG in Betracht.

Glück für Arbeitnehmer

Nicht betroffen von der BFH-Entscheidung sind Arbeitnehmer, die ein abzugsfähiges häusliches Arbeitszimmer bzw. ein nun nicht mehr abzugsfähiges Arbeitszimmer (lediglich Tagespauschale) für ihre Angestelltentätigkeit nutzen bzw. genutzt haben. Denn der BFH hatte der Verwaltungsauffassung zur Versteuerung eines häuslichen Arbeitszimmers im steuerlichen Privatvermögen mit Urteil vom 1.3.2021 (IX R 27/19) eine Absage erteilt. Wird eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Eigentumswohnung innerhalb der zehnjährigen Haltefrist veräußert, ist der Veräußerungsgewinn auch insoweit gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG von der Besteuerung ausgenommen, als er auf ein zur Erzielung von Überschusseinkünften genutztes häusliches Arbeitszimmer entfällt (entgegen BMF 5.10.00, BStBl I 00, 1383, Rz. 21).