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Bei Kauf einer Immobilie, die anschließend vermietet wird, schauen die Sachbearbeiter in den folgenden drei Jahren ganz genau auf die Höhe der Instandhaltungs- und Modernisierungsaufwendungen. Denn sind diese in dem Dreijahreszeitraum nach dem Kauf zu hoch, dürfen diese Ausgaben nicht sofort in voller Höhe als Werbungskosten abgezogen werden. Es handelt sich vielmehr um anschaffungsnahe Herstellungskosten, die den Anschaffungskosten des Gebäudes zugeschlagen und über die Nutzungsdauer des Gebäudes abzuschreiben sind. Ein aktuelles Urteil verrät neue Details zur Thematik „anschaffungsnahe Herstellungskosten“. |

Grundsätze zu anschaffungsnahen Herstellungskosten

Ob Instandhaltungs- oder Modernisierungskosten, die innerhalb von drei Jahren nach dem Kauf einer Immobilie entstanden sind, sofort als Werbungskosten abziehbar sind, hängt entscheidend davon ab, wie hoch diese waren. Betragen solche Ausgaben im Dreijahreszeitraum ohne Umsatz­steuer mehr als 15 % der auf das Gebäude entfallenden Anschaffungskosten, liegen anschaffungsnahe Herstellungskosten vor (§ 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG).

Folge: In diesem Fall ändert das Finanzamt die Steuererklärungen im Dreijahreszeitraum, kippt den bisherigen Werbungskostenabzug für die Instandhaltungs- und Modernisierungsaufwendungen, rechnet diese Ausgaben den Anschaffungskosten für das Gebäude hinzu und ermittelt einen jährlichen höheren Abschreibungsbetrag im Rahmen der Gebäudeabschreibung.

Sonderfall bei Gebäude mit mehreren Einheiten

Handelt es sich bei dem Gebäude um ein aus mehreren Einheiten bestehendes Gebäude, ist bei Prüfung der 15 %-Grenze nicht auf das gesamte Gebäude abzustellen, sondern auf den jeweiligen selbstständigen Gebäudeteil, wenn die einzelnen Gebäudeteile unterschiedlich genutzt werden. Wird ein Gebäude mit mehreren Einheiten dagegen nicht in unterschiedlicher Weise genutzt, ist bei Prüfung der 15 %-Grenze auf das Gesamtgebäude abzustellen (BFH 14.6.16, IX R 22/15).

Beispiel

Ein Gebäude besteht aus zwei Einheiten. In beiden Einheiten befinden sich Wohnungen, die zu Wohnzwecken vermietet werden.

Folge: Das Finanzamt prüft bezogen auf die Anschaffungskosten für das Gesamtgebäude, ob die Instandhaltungs- und Modernisierungsaufwendungen in dem Dreijahreszeitraum nach dem Kauf netto mehr als 15 % der Gebäudeanschaffungskosten betragen.

Begründung: Es wird auf das Gesamtgebäude abgestellt, weil die verschiedenen Einheiten nicht unterschiedlich (jeweils Vermietung zu Wohnzwecken) genutzt werden.

Beispielsvariante

Ein Gebäude besteht aus zwei Einheiten. Einheit 1 wird zu Wohnzwecken und Einheit 2 als Praxis an einen Arzt vermietet.

Folge: Das Finanzamt wird die 15 %-Grenze in diesem Fall für beide Gebäudeteile getrennt durchführen.

Begründung: Beide Einheiten des Gebäudes werden unterschiedlich genutzt (Vermietung zu Wohnzwecken und Vermietung für freiberufliche Tätigkeit).

Finanzgericht aktuell: Fallstricke bei Änderung der Gebäudenutzung

Das Finanzgericht Nürnberg musste nun einen Fall entscheiden, bei dem ein Steuerzahler ein Gebäude gekauft hat. Das Gebäude bestand aus einem Haupthaus, in dem sich vermietete Wohnungen befanden. In einem Anbau zum Haupthaus befand sich eine Praxis, die nach Renovierung auch wieder als Praxis vermietet werden sollte. Als kein Mieter für die Praxisräume gefunden werden konnte, ließ der Steuerzahler die Praxisräume noch innerhalb des Dreijahreszeitraums in Wohnungen umbauen und vermietete diese.

Auffassung des Finanzamts: Das Finanzamt prüfte die 15 %-Grenze und ging dabei von den Anschaffungskosten für das Gesamtgebäude aus, weil innerhalb des Dreijahreszeitraums insgesamt nur Wohnungen vermietet wurden. Da die 15 %-Grenze überschritten wurde, stellten sämtliche Instandhaltungs- und Modernisierungsaufwendungen anschaffungsnahe Herstellungskosten im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG dar.

Auffassung des Steuerzahlers: Der Steuerzahler beantragte jedoch vor Gericht, dass die 15 %-Grenze für zwei Einheiten getrennt zu prüfen ist. Für Einheit 1 mit den Wohnungen dürften die Instandhaltungs- und Modernisierungskosten sofort als Werbungskosten abgezogen werden, weil die 15 %-Grenze nicht überschritten wird. Für Einheit 2 (ursprüngliche und geplante Vermietung für freiberufliche Tätigkeit) kommt es aufgrund der Umbaumaßnahmen tatsächlich zu anschaffungsnahen Herstellungskosten.

Auffassung des Finanzgerichts: Der Sachbearbeiter im Finanzamt lehnte die getrennte Betrachtung der Gebäudeeinheiten ab und stellte bei Prüfung der 15 %-Grenze weiterhin auf die Anschaffungskosten des Gesamtgebäudes ab.

Das Finanzamt bekam für seine Sichtweise Rückendeckung vom Finanzgericht Nürnberg (FG Nürnberg 15.7.20, 3 K 1215/19).

Die Richter des Finanzgerichts Nürnberg begründeten die Gesamtbetrachtung des Gebäudes mit folgenden Argumenten:

* Bei der Prüfung, ob Gebäudeteile unterschiedlich genutzt werden, kommt es nicht auf die bisherige Nutzung durch den Verkäufer des Gebäudes an.
* Auch die geplante Nutzung durch den Käufer des Grundstücks spielt keine Rolle.
* Entscheidend ist, dass nach Änderung der Zweckbestimmung für den Anbau alle Gebäudeteile zur Wohnvermietung genutzt werden und diese Nutzungsänderung innerhalb von drei Jahren nach Anschaffung des Gebäudes erfolgt.

Signalwirkungen für die Beratungspraxis

Dieses Urteil des Finanzgerichts Nürnberg dürfte für die Beratungspraxis interessant sein. In vergleichbaren Fällen könnte die getrennte Betrachtung der Gebäudeteile mit folgenden Überlegungen herbeigeführt werden: keine Nutzungsänderung im Dreijahreszeitraum.

Liest man das Urteil des Finanzgerichts Nürnberg zwischen den Zeilen, haben sich die Richter nur deshalb für die Gesamtbetrachtung ausgesprochen, weil sämtliche Einheiten innerhalb des Dreijahreszeitraums zu Wohnzwecken vermietet wurden. Im Umkehrschluss müsste das bedeuten: Bemerkt ein Immobilieneigentümer, dass es mit der Vermietung einer Praxis nicht klappt und plant den Umbau der Praxisräume in Wohnungen, sollten diese Wohnungen erstmals nach Ablauf des Dreijahreszeitraums zu Wohnzwecken vermietet werden.

Argumente für die Praxis

Sollte das Finanzamt anderer Meinung sein, dürften die Argumente der Nürnberger Richter helfen: Innerhalb des Dreijahreszeitraums wurden die Einheiten unterschiedlich genutzt. Auf die geplante Nutzung kommt es nicht an.

Aufteilung des Gebäudes im Notarvertrag
In der Urteilsbegründung ist an verschiedenen Stellen zu lesen, dass der Käufer der Immobilie stets von Hauptgebäude und Nebengebäude spricht, dass diese Unterteilung im Notarvertrag jedoch nicht getroffen wurde. Daraus könnte man schließen, dass eine Aufteilung des Gebäudes und der Kaufpreise auf die einzelnen Gebäudeteile dazu führen könnte, dass das Finanzamt bei der Prüfung der 15 %-Grenze die jeweiligen Einheiten getrennt betrachtet.

Aufgrund der Urteilsbegründung kann die Aufteilung in Gebäudeteile jedoch zu keinem anderen Ergebnis führen. Denn es kommt ausschließlich auf die Nutzung der Einheiten des Gebäudes an.

Fundstelle
FG Nürnberg 15.7.20, 3 K 1215/19