Zwei aktuelle Urteile beschäftigen sich mit den Fragen, ob neue Tatsachen wegen groben Verschuldens oder bei fehlender Ermittlung der Finanzverwaltung berücksichtigt werden können.
Verschulden des Steuerberaters bei verspäteter Vorlage von Belegen
Einem Steuerberater kann ein grobes Verschulden am nachträglichen Bekanntwerden von Aufwendungen zur Last gelegt werden, wenn er versäumt, seinen Mandanten hiernach zu fragen. Eine Änderung kommt nach § 173 AO nicht in Betracht. Im vom BFH entschiedenen Fall ging es um die nachträgliche Berücksichtigung einer Zahnbehandlung von rund 35.000 EUR als außergewöhnliche Belastung. Die Abzugsmöglichkeit wurde dem Patienten als Steuerlaien erst später bewusst. Auch aus den dem Steuerberater vorgelegten Unterlagen ergab sich diese Abzugsposition nicht.
In einem solchen Fall ist von einem Verschulden des steuerlichen Beraters auszugehen. Ein Angehöriger der steuerberatenden Berufe darf gerade bei einem steuerlichen Laien nicht ohne Nachfrage davon ausgehen, dass aufgrund der bestehenden Krankenversicherung und der hohen zumutbaren Belastung keine steuerlich relevanten Krankheitskosten vorliegen.
Vielmehr muss er seinen Mandanten im Bereich der außergewöhnlichen Belastungen nach Aufwendungen fragen, die steuerlich zu berücksichtigen sind. Mandanten sind umfassend zu beraten.
Im Rahmen dieser Verpflichtung sind die für die Abgabe vollständiger Steuererklärungen maßgebenden Sachverhalte zu ermitteln. Der Berater darf sich insbesondere nicht darauf verlassen, dass die steuerlich relevanten Angaben und Unterlagen so aufbereitet werden, dass Nachfragen entbehrlich werden. Insoweit handelt der Steuerberater grob fahrlässig.
Steuertipp:
Beruht die unvollständige Steuererklärung auf einem Rechtsirrtum wegen mangelnder Kenntnis steuerrechtlicher Vorschriften, ist dies einer Person in der Regel nicht als grobes Verschulden anzulasten.
Nur konkret vorliegende Anhaltspunkte schließen Änderung aus
Eine Änderung nach § 173 AO wegen neuer Tatsachen mit einer höheren Steuerfestsetzung ist grundsätzlich nur dann ausgeschlossen, wenn für die Finanzbehörde erkennbar ein Anhaltspunkt vorlag, der zu weiteren Ermittlungen Anlass geben musste.
Im vom FG München entschiedenen Fall ermittelte die Betriebsprüfung einen Grundstücksabgang und erfasste den Gewinn nachträglich. In der Anlage zur Steuererklärung war dieser Vorgang lediglich als Erlös ausgewiesen.
Hier liegen dem FA neue Tatsachen vor, die der für die Veranlagung berufenen Dienststelle zuvor nicht bekannt gewesen sind. Zwar war die Bewertungsstelle über diesen Vorgang informiert, doch der Sachbearbeiter für die Veranlagung muss nicht die Akten einer anderen Dienststelle kennen oder sich Daten selbst zusammensuchen.
Ein Ausschlussgrund liegt nur vor, wenn im konkreten Fall eine Ermittlungspflicht nach § 88 AO besteht.
Dabei braucht das FA nicht jede Angabe in der Steuererklärung zu überprüfen, es hat nur bei Unklarheiten und Zweifelsfragen von sich aus zu ermitteln. Ansonsten kann es auch dann davon ausgehen, dass die Formulare vollständig und richtig sind, wenn allgemein denkbar ist, dass sich hinter den Angaben kompliziertere Fälle verbergen können. Es ist Sache des Steuerpflichtigen, bei schwierigen Sachverhalten Verträge oder Unterlagen beizufügen.
Im Streitfall war das zugrunde liegende Grundstücksgeschäft der zuständigen Veranlagungsstelle nicht bekannt. Sie hatte keine Kenntnis von dem Grundstückstauschgeschäft. Aus dem vorgelegten Jahresabschluss konnten keine derartigen Rückschlüsse gezogen werden und die vorgelegten Angaben beinhalteten auch keine objektiven Unklarheiten oder warfen Zweifelsfragen auf, die weitere Ermittlungen erfordert hätten.
Quelle
Belege: BFH 3.12.09, VI R 58/07, 23.2.00, VIII R 80/98, BFH/NV 00, 978; 31.1.05, VIII B 18/02, BFH/NV 05, 1212
Ermittlung: FG München 2.10.09, 6 K 486/08,