Nach zwölf Jahren hat sich das Bundesfinanzministerium dazu entschlossen, die Grundsätze für die Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen für Unterhaltsleistungen nach § 33a Abs. 1 EStG in einem neuen BMF-Schreiben zu erläutern. Dies war angesichts der zahlreichen Urteile, die seit dem letzten BMF-Schreiben aus dem Jahr 2010 gefällt wurden, zwingend erforderlich. Nachfolgend ein Überblick über die wichtigsten Aussagen des aktuellen BMF-Schreibens.
Grundsätze zu Unterhaltsleistungen nach § 33a Abs. 1 EStG
Entstehen einem Steuerzahler oder einem Ehegatten Aufwendungen für den Unterhalt und die Berufsausbildung einer gesetzlich unterhaltsverpflichteten Person, kommt ein Abzug außergewöhnlicher Belastungen nach § 33a Abs. 1 EStG in Betracht. Abziehbar sind im Jahr 2022 bis zu 10.347 EUR (= höherer Grundfreibetrag 2022 im Rahmen des Steuerentlastungsgesetzes 2022). Werden die Beiträge zur Basiskranken- und Pflegeversicherung für die unterstützte Person übernommen, können diese Beiträge zusätzlich zum Höchstbetrag als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden.
Ein Abzug außergewöhnlicher Belastungen für Unterhaltsaufwendungen ist nicht möglich, wenn die unterstützte Person Ersparnisse von mehr als 15.500 EUR oder eigene Einkünfte und Bezüge von mehr als 624 EUR hat. Die übersteigenden Einkünfte mindern den abziehbaren Höchstbetrag.
Praxistipp
Die nachfolgenden Besonderheiten zum Abzug außergewöhnlicher Belastungen im Rahmen des § 33a EStG finden sich in dem aktuellen BMF-Schreiben zu dieser Thematik vom 6.4.22 (IV C 8 – S 2285/19/10003 :001).
Gesetzlich unterhaltsverpflichtete Personen
Die Anerkennung außergewöhnlicher Belastungen im Rahmen von Unterhaltsleistungen setzt voraus, dass hinsichtlich der unterstützten Personen eine gesetzliche Unterhaltspflicht nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch oder nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz besteht. Danach sind folgende Personen gegenüber dem Steuerpflichtigen unterhaltsberechtigt:
* Verwandte in gerader Linie (z. B. Kinder, Enkel, Eltern, Großeltern)
* Ehegatten und Lebenspartner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft
* Geschiedene Ehegatten und Lebenspartner einer aufgehobenen Lebenspartnerschaft
* Mutter bzw. Vater eines nichtehelichen Kindes gegenüber dem anderen Elternteil
Besonderheiten zur Haushaltszugehörigkeit
Gehört eine unterhaltsberechtigte Person zum Haushalt des Steuerpflichtigen, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, dass ihm dafür Unterhaltsaufwendungen in Höhe des maßgeblichen Höchstbetrags erwachsen (R 33a.1 Abs. 1 Satz 5 EStR). Das bedeutet im Klartext: Leben der Unterstützer und die unterhaltsberechtigte Person in einem gemeinsamen Haushalt, erwartet das Finanzamt keine Nachweise über die tatsächlichen Unterhaltsleistungen (BMF 6.4.22, Rz. 1).
Ist ein Kind wegen einer Ausbildung oder wegen eines Studiums auswärtig untergebracht, gilt hinsichtlich der außergewöhnlichen Belastung dennoch eine Haushaltszugehörigkeit des Kindes zu den Eltern. Diese Vermutung gilt, solange keine besonderen Umstände vorliegen, die auf eine dauerhafte Trennung der unterhaltsberechtigten Person vom gemeinsamen Haushalt hindeuten.
Gleichgestellte Personen
Doch auch für Unterhaltszahlungen an Personen, die den gesetzlich unterhaltsberechtigten Personen gleichzustellen sind, kommt der Abzug außergewöhnlicher Belastungen nach § 33a Abs. 1 EStG in Betracht. Das sind Personen, bei denen die inländische öffentliche Hand ihre Leistungen (z. B. Arbeitslosengeld, Hilfe zum Lebensunterhalt oder Grundsicherung im Alter) wegen Unterhaltsleistungen eines Steuerpflichtigen ganz oder teilweise nicht gewährt hat (BMF 6.4.22, Rz. 3).
Gleichgestellte Personen, die eine sozialrechtliche Bedarfsgemeinschaft bilden und deshalb auf staatliche Hilfen verzichten müssen, sind insbesondere Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft.
Folgende Besonderheiten sind bei gleichgestellten Personen zu beachten:
* Hat der ausländische Lebenspartner keinen Antrag auf Sozialhilfe gestellt, weil er befürchtet hat, keine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten oder ausgewiesen zu werden, können außergewöhnliche Belastungen nach § 33a Abs. 1 EStG abgezogen werden.
* Hat eine nahestehende Person staatliche Leistungen zur Bestreitung des Unterhalts bezogen, mindern diese Bezüge den abziehbaren Höchstbetrag.
Merke | Kann die gleichgestellte Person nicht nachweisen, dass es einen Kürzungs- oder Ablehnungsbescheid zu staatlichen Hilfen gibt, muss die unterstützte Person gegenüber dem Finanzamt schriftlich Folgendes versichern:
* Es wurden keine zum Unterhalt bestimmten Mittel aus inländischen öffentlichen Kassen bezogen und es wurde auch kein entsprechender Antrag gestellt.
* Im Veranlagungszeitraum bestand eine eheähnliche Gemeinschaft.
Bedürftigkeit des Unterhaltsempfängers
Um außergewöhnliche Belastungen abziehen zu dürfen, bedarf es einer Bedürftigkeit des Unterhaltsempfängers. Das bedeutet: Liegen die Einkünfte und Bezüge über 624 EUR, mindert sich der abziehbare Höchstbetrag um die übersteigenden Einkünfte und Bezüge. Ein Abzug scheidet zudem aus, wenn die unterhaltsberechtigte Person ein Vermögen von mehr als 15.500 EUR hat. Zur Ermittlung der Einkünfte und Bezüge hier einige interessante Infos (BMF 6.4.22, Rz. 29 bis 36):
* Verlustabzüge nach § 10d EStG, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen dürfen von den ermittelten Einkünften und Bezügen des Unterhaltsempfängers nicht abgezogen werden.
* Bei Vorliegen von Bezügen werden ausnahmsweise pauschal 180 EUR abgezogen.
* Kapitalerträge, die nicht der Abgeltungsteuer unterliegen, sind nach Abzug des Sparer-Pauschbetrags den eigenen Einkünften hinzuzurechnen.
* Kapitalerträge, die der Abgeltungsteuer unterliegen, zählen zu den Bezügen. Der Abzug eines Sparer-Pauschbetrags ist hier nicht zulässig.
Merke | Die eigenen Einkünfte und Bezüge der unterhaltenen Person sind nur zu erfassen, soweit sie auf den Unterhaltszeitraum entfallen.
Beispiel: Eltern unterstützen ihren 30-jährigen Sohn von August bis Dezember. Von Januar bis Juli hat der Sohn 8.000 EUR verdient, danach nichts mehr.
Folge: Die Eltern können außergewöhnliche Belastungen nach § 33a Abs. 1 EStG in Höhe von 4.312 EUR geltend machen (10.347 EUR × 5/12). Eine Anrechnung eigener Einkünfte und Bezüge des Sohnes ist nicht veranlasst, weil diese außerhalb des Unterstützungszeitraums angefallen sind.
Weitere Informationen rund um das Thema Unterhaltszahlungen
Das Schreiben des Bundesfinanzministeriums enthält noch zahlreiche weitere Informationen, etwa zur Opfergrenze inklusive Beispielen.
Eine wichtige Info dazu: Bei einer bestehenden sozialrechtlichen Bedarfsgemeinschaft mit der unterhaltenen Person (z. B. nicht verheiratete Eltern) ist die Opfergrenze nicht anzuwenden (BMF 6.4.22, Rz. 24).
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BMF 6.4.22, IV C 8 – S 2285/19/10003 :001