In der Praxis tauchen immer wieder Fragen auf, ob und wann eine Lohnsteuer-Anmeldung zuungunsten oder zugunsten eines Arbeitgebers geändert werden darf. Die Steuerspielregeln gehen auf die BFH-Rechtsprechung zurück. Im Folgenden geben wir Ihnen einen Überblick über die Grundsätze zur Änderung von Lohnsteuer-Anmeldungen.
Änderungsbedarf bei Lohnsteuer-Anmeldungen 2020 kann sich für Arbeitgeber insbesondere ergeben, wenn 2021 Zahlungen nach dem Infektionsschutzgesetz für 2020 als steuerfreie Entschädigung nach § 3 Nr. 25 EStG gewährt werden oder die Entschädigung abgelehnt wird.
Änderung einer Lohnsteuer-Anmeldung zuungunsten
Eine Änderung der Lohnsteuer-Anmeldung zuungunsten des Arbeitgebers ist selbst nach Übermittlung oder Ausschreibung der Lohnsteuerbescheinigung möglich, wenn die Lohnsteuer-Anmeldung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 2 Satz 1 AO steht (BFH, 30.10.08, VI R 10/05).
Nachforderungen für zu wenig einbehaltene Lohnsteuer können demnach nicht nur im Haftungsverfahren nach § 42d EStG, sondern auch durch Änderung der Lohnsteuer-Anmeldung zuungunsten des Arbeitgebers geltend gemacht werden.
Praxistipp
Beantragt der Arbeitgeber jedoch keine Änderung der Lohnsteuer-Anmeldung zuungunsten, sondern zeigt den nicht vorgenommenen Lohnsteuerabzug über eine § 41c Abs. 4 EStG-Anzeige beim Finanzamt an, erfolgt eine Nachforderung beim Arbeitnehmer mittels Nachforderungsbescheid durch das Betriebsstättenfinanzamt oder im Rahmen einer Einkommensteuerveranlagung durch das Wohnsitz-Finanzamt.
Änderung einer Lohnsteuer-Anmeldung zugunsten
Hat der Arbeitgeber versehentlich 2020 zu viel Lohnsteuer einbehalten, ist eine Änderung der Lohnsteuer-Anmeldungen 2020 zugunsten dagegen trotz Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 AO nicht mehr möglich, wenn die Ausstellung/Übermittlung der Lohnsteuerbescheinigung bereits erfolgt ist (§ 41c Abs. 3 EStG; BFH 17.6.09, VI R 46/07).
Eine zutreffende Besteuerung ist in diesem Fall nur noch über die Einkommensteuerveranlagung beim Arbeitnehmer möglich.
Ausnahme zu § 41c Abs. 3 Satz 4 EStG beachten
Eine Änderung der Lohnsteuer-Anmeldungen zugunsten darf bei einem bestehenden Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 AO trotz Ausstellung/Übermittlung der Lohnsteuerbescheinigung erfolgen, wenn der Arbeitnehmer vermeintlichen Arbeitslohn zulasten des Arbeitgebers unterschlagen oder veruntreut hat und es deshalb zu einer Minderung der einzubehaltenden und zu übernehmenden Lohnsteuer kommt.
Weitere Ausnahme: Nicht zugeflossener Arbeitslohn
Führt ein Arbeitgeber versehentlich Lohnsteuer ab, die sich auf Arbeitslohn bezieht, der dem Arbeitnehmer tatsächlich nicht zugeflossen ist, handelt es sich bei der abgeführten Lohnsteuer um einen geldwerten Vorteil (BFH 17.6.09, VI R 46/07).
Beispiel
Eine Arbeitnehmerin sollte im August 2020 eine Sonderzahlung i. H. v. 20.000 EUR erhalten. Für diese Sonderzahlung wurden 2020 2.600 EUR Lohnsteuer und 143 EUR Solidaritätszuschlag fällig. Aufgrund der Coronakrise und der damit verbundenen Liquiditätsengpässe kam es nicht zur Auszahlung. Die Lohnsteuer und der Soli wurden jedoch versehentlich ans Finanzamt abgeführt.
Folge: Obwohl der Arbeitnehmerin die Sonderzahlung nicht ausgezahlt wurde, ist ihr durch die Abführung der Steuerabzugsbeträge ein geldwerter Vorteil nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zugeflossen. Die versehentliche Abführung der Steuerabzugsbeträge i. H. v. 2.743 EUR (Lohnsteuer 2.600 EUR und Soli 143 EUR) sind im Veranlagungszeitraum 2020 als Arbeitslohn zu erfassen. Die zu Unrecht ans Finanzamt abgeführten Steuern sind im Gegenzug auf die Einkommensteuer und den Solidaritätszuschlag der Arbeitnehmerin anzurechnen.