Auch bei der sogenannten „Günstigerprüfung“ nach „§ 32d EStG findet § 20 EStG Anwendung.
Ein Abzug der tatsächlich entstandenen Werbungskosten kommt daher nicht in Betracht.
BFH 28.1.15, VIII R 13/13, BFH 2.12.14, VIII R 34/13
Sachverhalt
Im Streitjahr 2009 ging es um die Versteuerung von Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von rund 30 TEUR. In diesem Zusammenhang fielen Werbungskosten in Höhe von rund 7 TEUR an.
Da der Steuersatz der Steuerpflichtigen deutlich unter dem Abgeltungsteuersatz von 25 Prozent lag, wurde die sogenannte Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG und – gegen den Wortlaut des § 20 Abs. 9 EStG – auch der volle Werbungskostenabzug beantragt.
Entscheidung
Der BFH hat die Klage abgewiesen.?
Zwar kommt bei der Günstigerprüfung nicht der für die Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen grundsätzlich anzuwendende Abgeltungsteuersatz von 25 Prozent zur Anwendung, sondern der (niedrigere) progressive Regelsteuersatz.
Die Ermittlung der Kapitaleinkünfte ist jedoch auch bei der Günstigerprüfung nach § 20 EStG vorzunehmen, sodass auch im Falle der Günstigerprüfung das Verbot des Abzugs der tatsächlich entstandenen Werbungskosten (§ 20 Abs. 9 Satz 1 2. Halbsatz EStG) Anwendung findet. Abziehbar ist damit lediglich der Sparer-Pauschbetrag von 801 EUR.
Nach Auffassung des BFH halten sowohl § 32d Abs. 6 EStG als auch das Werbungskostenabzugsverbot gemäß § 20 Abs. 9 EStG verfassungsrechtlichen Anforderungen stand.
Die Günstigerprüfung ist vornehmlich als Billigkeitsmaßnahme zu verstehen, mit der Steuerpflichtige, deren Steuersatz noch niedriger liegt als 25 Prozent, eine weitere Begünstigung erfahren. Diese soll aber nicht dazu führen, dass die derart Begünstigten vollumfänglich aus dem System der Abgeltungsteuer ausscheiden.
In extremen atypischen Einzelfällen kann daher allenfalls eine Billigkeitsmaßnahme gemäß § 163 AO in Betracht kommen. In jedem Fall gibt es jedoch keinen Anspruch auf „Meistbegünstigung“ selbst gewählter Gestaltungen.
Hinweis
In einer weiteren Entscheidung hat der BFH ebenfalls den Abzug tatsächlicher Werbungskosten im Rahmen der Günstigerprüfung aus den o.g. Gründen versagt und darüber hinaus entschieden, dass das Werbungskostenabzugsverbot auch dann Anwendung findet, wenn Ausgaben, die nach dem 31.12.2008 getätigt wurden, mit Kapitalerträgen zusammenhängen, die bereits vor dem 1.1.2009 zugeflossen sind.
Zwar ist § 20 Abs. 9 EStG erstmals auf nach dem 31.12.2008 zufließende Kapitalerträge anwendbar (_§ 52a Abs. 10 Satz 10 EStG_). Aus dieser Formulierung kann aber nicht geschlossen werden, dass Aufwendungen unabhängig von der Regelung des § 20 Abs. 9 EStG stets dem vollen Werbungskostenabzug unterliegen, sofern aus der Kapitalanlage – jedenfalls nach 2009 – keine Erträge fließen.
Denn zu derartigen Fallkonstellationen trifft die Regelung keine Aussage. Hier gilt vielmehr die gesetzliche Grundregelung des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG. Danach stellt bei den Einkünften aus Kapitalvermögen der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten die Einkünfte dar.
Für Kapitaleinkünfte wird der Abzug der tatsächlich entstandenen Werbungskosten jedoch mit der Regelung in § 2 Abs. 2 Satz 2 EStG ausgeschlossen, die gemäß _§ 52a Abs. 2 EStG_ erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 2009 anzuwenden ist.