Im Rahmen der Gewinnermittlung durch Einnahme-Überschuss-Rechnung sind Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind. Als Ausnahme von diesem Grundsatz sieht § 11 EStG für gewisse Fälle eine periodengerechte Berücksichtigung von Ausgaben vor. Danach gelten regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, abgeflossen sind, als in diesem Kalenderjahr angefallen.
Bei Umsatzsteuer-Vorauszahlungen handelt es sich unstreitig um regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, da sie periodisch nach bestimmten Zeitabschnitten und in bestimmten Zeitabständen anfallen, wobei die Schwankungen der Höhe nach unerheblich sind. Als „kurze Zeit“ im Sinne dieser Regelung gilt ein Zeitraum von bis zu 10 Tagen.
FG Düsseldorf 28.4.15, 11 K 397/15
Sachverhalt
Streitig war, ob die am 10.01. des Folgejahrs fällig werdende Umsatzsteuervorauszahlung für den Voranmeldungszeitraum November (im Rahmen einer Dauerfristverlängerung) gem. § 11 Abs. 2 S. 2 EStG in dem Vorjahr als bezogen gilt, wenn der Steuerpflichtige die Umsatzsteuervorauszahlung angemeldet hat und der Finanzverwaltung eine Einzugsermächtigung bezüglich aller fälligen Steuern erteilt hat, auch wenn der Einzug des Betrags unstreitig außerhalb des Zehntageszeitraums erfolgt.
Entscheidung
Das FG entschied, dass die Sonderregelung des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG in einem solchen Fall auch dann Anwendung findet, wenn die tatsächliche Belastung auf dem Konto des Steuerpflichtigen erst außerhalb des 10-Tageszeitraums erfolgt. Denn der Begriff der Leistung ist wirtschaftlich zu verstehen.
Werbungskosten sind deshalb i.S.d. § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG in dem Veranlagungszeitraum geleistet und damit abziehbar, in dem der Steuerpflichtige die wirtschaftliche Verfügungsmacht über den Gegenstand der geschuldeten Erfüllungsleistung verloren hat. Auf den Verlust der rechtlichen Verfügungsmacht kommt es dagegen nicht an.
Für den Zeitpunkt der „Leistung“ i.S. des „§ 11 Abs. 2 Satz 1 EStG ist die „Leistungshandlung“ entscheidend. Sie ist abgeschlossen, wenn der Steuerpflichtige von sich aus alles Erforderliche getan hat, um den Leistungserfolg herbeizuführen.
Dies war im Streitfall durch die Erteilung der Lastschrifteinzugsermächtigung, die Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung für November und die Zurverfügungstellung einer ausreichenden Deckung auf seinem Bankkonto erfolgt, denn insoweit hatte der Steuerpflichtige alles Erforderliche getan, damit der Leistungserfolg zum Fälligkeitszeitpunkt eintreten konnte. Er hatte dadurch die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die geschuldete Umsatzsteuervorauszahlung am Fälligkeitstag (10.1. des Folgejahrs) verloren, mit der Folge, dass der Geldbetrag auch zu diesem Zeitpunkt abgeflossen war.
Praxishinweis
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass der Eintritt des Leistungserfolgs (Zahlung) auch maßgeblich von der Einziehung des Geldbetrags durch die Finanzverwaltung (Gläubigerin) abhängt. Denn es handelt sich insoweit nur um eine Mitwirkungshandlung der Finanzverwaltung, die mitursächlich für den Leistungserfolg (Erfüllung der Steuerschuld) ist. Der Erfüllungszeitpunkt korrespondiert jedoch nicht zwingend mit dem Abflusszeitpunkt.