In für ARBEITNEHMER

Zwei aktuelle Urteile beschäftigen sich mit den Steuerregeln zum häuslichen Arbeitszimmer. Dabei geht es um die gesetzliche Kürzung ab 2007 und die Einstufung des Büros im eigenen Haus.
Ist die Neuregelung zum Arbeitszimmer verfassungswidrig?
Verfassung: FG Münster 8.5.09, 1 K 2872/08 E, DStR 09, 1024, beim BVerfG unter 2 BvL 13/09,
FG Rheinland-Pfalz 17.2.09, 3 K 1132/07, Revision unter VI R 13/09
FG Niedersachsen 2.6.09, 7 V 76/09
FG Berlin-Brandenburg 6.11.07, 13 V 13146/07, EFG 08, 367
BMF 1.4.09, IV A 3 – S 0338/07/10010, BStBl I 09, 510
BVerfG 7.12.99, 2 BvR 301/98, BStBl II 00, 162
Einordnung: BFH 26.3.09, VI R 15/07, 18.8.05, VI R 39/04, BStBl II 06, 428; 22.11.06, X R 1/05, BStBl II 07, 304


Das FG Münster hält die ab dem Jahr 2007 geltende Regelung zum Abzug von Werbungskosten für ein häusliches Arbeitszimmer wegen des Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz zumindest teilweise für verfassungswidrig und hat die Frage daher dem BVerfG vorgelegt. Damit ist nun erstmals ein Verfahren zu dieser Frage in Karlsruhe anhängig.
Im Streitfall hatte das Finanzamt die vom Kläger – einem Lehrer – geltend gemachten Werbungskosten für sein häusliches Arbeitszimmer unter Hinweis auf die ab 2007 geltende gesetzliche Neuregelung gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 6b S. 2 EStG nicht anerkannt, weil hiernach Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer grundsätzlich nicht mehr abziehbar sind. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.
Da dies bei einem Lehrer nicht der Fall ist, scheidet nach der Neufassung des Gesetzes der Werbungskostenabzug insgesamt aus, und zwar selbst dann, wenn – wie im Streitfall – für die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts sowie die Klausurenkorrektur kein Arbeitsplatz an der Schule zur Verfügung steht.
Das FG hält es für verfassungswidrig, wenn die Aufwendungen nicht abziehbar sind, obwohl für die berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Dieser Fall soll gleich gegen drei Vorgaben verstoßen,
den Gleichheitsgrundsatz,
das Gebot der Folgerichtigkeit und
das objektive Nettoprinzip.
Dem Grunde nach handelt es sich nämlich bei Aufwendungen für das eigene Arbeitszimmer um Erwerbsaufwendungen, wenn den Berufstätigen wie Lehrern oder Dozenten kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Nach Auffassung des FG sind diese Betroffenen durch das Abzugsverbot gegenüber Personen benachteiligt, deren Mittelpunkt ihrer Tätigkeit im Arbeitszimmer liegt. Eine Ungleichbehandlung bestehe auch gegenüber Personen mit einem außerhäuslichen Arbeitszimmer. Eine Rechtfertigung hierfür ergebe sich weder aus dem Ziel der Haushaltskonsolidierung, der Typisierungskompetenz des Gesetzgebers, noch wegen einer besonderen Missbrauchsgefahr oder Verwaltungsvereinfachung, so das FG Münster. Es nimmt dabei Bezug auf die Argumente des BVerfG zur Entfernungspauschale.
Steuertipp:
Das FG Rheinland-Pfalz hatte die Kürzung bei Lehrern gerade noch als zulässig eingestuft, weil es hierfür aufgrund der gemischten Aufwendungen sachliche Gründe gibt, das Arbeitszimmer als zusätzlicher Raum zur Steigerung der Wohnqualität beiträgt und der Raum ohne jegliche Kontrollmöglichkeit für die Finanzbehörden auch für private Zwecke verwendet werden kann. Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt. Ähnlich hatte sich das FG Berlin-Brandenburg geäußert. Die Überprüfung der konkreten Nutzung des Arbeitszimmers sei unmöglich und rechtfertige eine vollständige Versagung des Kostenabzugs. Tendenziell hatte dies auch bereits das BVerfG in einem Beschluss aus dem Jahre 1999 festgestellt. Das FG Niedersachsen hingegen hält die Kürzung bei Lehrern für bedenklich und gewährt den Eintrag von Werbungskosten auf der Lohnsteuerkarte.
Zur Beschränkung der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer auf den Mittelpunkt der Tätigkeit sind – neben diesem Verfahren vor dem BVerfG – noch weitere Musterverfahren vor mehreren FG anhängig. Finanzämter setzen Einkommensteuerbescheide im Hinblick auf die Anwendung der Neuregelung zur Abziehbarkeit der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer seit April 2009 nur noch vorläufig fest.

Typus eines häuslichen Arbeitszimmers

Nutzt ein Arbeitnehmer Räume zu beruflichen Zwecken, die nicht dem Typus des häuslichen Arbeitszimmers zugeordnet werden können, sind die durch die berufliche Nutzung veranlassten Aufwendungen grundsätzlich uneingeschränkt als Werbungskosten abziehbar.
Dabei ist die Qualifizierung nach einem aktuellen Urteil des BFH für jeden Raum gesondert vorzunehmen, wenn sie keine funktionale Einheit bilden. Sofern hierbei Räumlichkeiten – wie z.B. Lager oder Werkstätten – ihrer Ausstattung und Funktion nach nicht einem Büro entsprechen, gelten sie auch dann nicht als häusliches Arbeitszimmer, wenn sie mit dem Wohnraum und der häuslichen Sphäre verbunden sind.
Das häusliche Büro ist mit seiner Lage, Funktion und Ausstattung in die Wohnung eingebunden und dient vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer Arbeiten. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, kann auch kein häusliches Arbeitszimmer vorliegen. Das gilt etwa für Lager, Werkstätten, Arztpraxen oder Ausstellungsräume.
Solche beruflich oder betrieblich genutzten Zimmer sind vom häuslichen Bereich abzugrenzen und die Aufwendungen unbeschränkt abziehbar, sofern die Räume nahezu ausschließlich beruflich genutzt werden.