Der BFH hat in einer Reihe von Urteilen seine bisherige Rechtsprechung in den Fällen korrigiert, in denen der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein Fahrzeug unentgeltlich oder verbilligt zur privaten Nutzung zur Verfügung stellt.
Allein dieser Umstand führt bereits zu einem steuerpflichtigen Vorteil, auch wenn der Arbeitnehmer den Firmenwagen tatsächlich überhaupt nicht privat nutzt. Wenn kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt wird, ist der Vorteil nach der 1 %-Listenpreis-Regelung zu bewerten.
Lohnsteuer: BFH 18.4.13, VI R 23/12,
BFH 21.3.13, VI R 31/10; VI R 46/11,
BFH 21.3.13, VI R 42/12,
Gewinneinkünfte: BFH 4.12.12, VIII R 42/09, BStBl II 13, 365
Bislang wurde in diesen Fällen zwar die tatsächliche private Nutzung des Fahrzeugs vermutet, der Arbeitnehmer konnte die Annahme jedoch mittels eines Gegenbeweises widerlegen. Die Möglichkeit, private Fahrten nachzuweisen, besteht künftig nur noch nach der Fahrtenbuch- und nicht mehr bei der 1 %- Methode.
Erläuterung
Die Möglichkeit, den Anscheinsbeweis zu entkräften, ist nun entfallen. Denn bereits die vom Arbeitgeber gewährte Möglichkeit, den Dienstwagen auch privat nutzen zu dürfen, führt beim Beschäftigten zu einem lohnsteuerlichen Vorteil.
Ob der Arbeitnehmer von der Gelegenheit der privaten Nutzung Gebrauch gemacht hat, ist dafür unerheblich.
Nach der korrigierten Auffassung des BFH fließt dem Arbeitnehmer der Vorteil bereits mit der Überlassung des Fahrzeugs zu. Der Vorzug liegt in Gestalt der konkreten Möglichkeit, das Fahrzeug auch zu Privatfahrten nutzen zu dürfen. Vor diesem Hintergrund wird der geldwerte Vorteil aus der Überlassung des Dienstwagens zur privaten Nutzung bemessen. Auf die Feststellungen der Freizeittouren kommt es für den Ansatz von Arbeitslohn nicht mehr an.
BFH bestätigt Auffassung der Vorinstanz
Der Vorteil ist nach der 1 %-Regel zu bewerten. § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG setzt keine tatsächliche Nutzung voraus, sondern verweist nur auf die Listenpreis-Regelung in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG. Mit dem Betrag, der nach der 1 %-Regel als Einnahme anzusetzen ist, sollen sämtliche geldwerten Vorteile, die sich aus der Möglichkeit zur privaten Nutzung des Dienstwagens ergeben, pauschal abgegolten werden.
Dieser Ansatz erfolgt unabhängig von der Nutzungsart und dem -umfang. Diese Typisierung ist verfassungsgemäß. Denn sofern kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt worden ist, kommt keine andere Entscheidung oder Berechnungsalternative in Betracht.
Weitere BFH-Urteile aus März dieses Jahres
In zwei weiteren Urteilen weist der BFH 21.3.2013, VI R 46/11 und VI R 42/12 darauf hin, dass die Listenpreisregelung nur dann zur Anwendung kommt, wenn feststeht, dass der Arbeitgeber dem Beschäftigten tatsächlich einen Dienstwagen für private Fahrten arbeitsvertraglich oder doch zumindest auf Grundlage einer konkludent getroffenen Nutzungsvereinbarung überlassen hat.
Steht nicht fest, dass der Arbeitgeber den Firmenwagen zur privaten Nutzung überlassen hat, kann auch der Beweis des ersten Anscheins diese fehlende Feststellung nicht ersetzen.
Fehlende Überwachung des Nutzungsverbots
Wird wie in einem Urteilsfall mit der Geschäftsleitung vereinbart, dass ein Firmenfahrzeug nur für die überwiegende Außendienst-Tätigkeit zur Verfügung gestellt wird und sich die Nutzung nicht auf den privaten Bereich erstreckt, vermutet der BFH hieraus keine private Nutzungsbefugnis, jedenfalls nicht ohne Klärung des tatsächlich gewollten Vertragsinhalts.
Alles andere wäre eine nicht tragfähige Überinterpretation des Vertragsinhalts. Allein aus einer fehlenden Überwachung dieses Nutzungsverbots können keine weiteren Schlüsse gezogen werden.
Zwar müsste der Arbeitnehmer mangels einer Kontrollinstanz bei einer Zuwiderhandlung keine arbeitsrechtlichen oder gar strafrechtlichen Konsequenzen befürchten. Gleichwohl rechtfertigt dies keinen entsprechenden Generalverdacht.
Angestellter Geschäftsführer
Die Annahme eines geldwerten Vorteils gilt auch bei angestellten Geschäftsführern einer GmbH oder eines Familienunternehmens. In solchen Fällen lässt sich nämlich kein allgemeiner Erfahrungssatz mit dem Inhalt feststellen, dass ein Privatnutzungsverbot nur zum Schein ausgesprochen wird oder etwa der Allein-Geschäftsführer ein Privatnutzungsverbot generell missachtet. Nutzt der GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer den betrieblichen Pkw allerdings unbefugt privat, liegt kein Arbeitslohn, sondern eine vGA vor.
Praxishinweis
Diese nachteilige Einschränkung bezieht der BFH auf Fälle, in denen der Arbeitgeber der Belegschaft, kostenlos oder ermäßigt, einen Pkw zur privaten Nutzung zur Verfügung stellt.
Der Gegenbeweis ist somit zunächst nur im Lohnsteuerrecht entfallen. Im Gegenzug hierzu sollte jedoch im Bereich der Gewinneinkünfte ein Beweis des Gegenteils vom Unternehmer oder Freiberufler weiterhin entkräftet werden können und möglich sein. Das ist etwa denkbar, wenn dem Selbstständigen für seine privaten Fahrten andere Fahrzeuge zur Verfügung stehen, die dem Betriebs-Pkw in Status, Gebrauchswert und Ausstattung in etwa vergleichbar sind. Dies hatte der BFH noch im Dezember 2012 so entschieden (VIII R 42/09).
Die Zuschlagsregelung des § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte kommt nur zur Anwendung, wenn der Arbeitnehmer den Dienstwagen tatsächlich für die Pendelstrecke einsetzt, auch wenn dies ebenfalls nach dem Listenpreis berechnet wird. Anderenfalls kann lediglich das ordnungsgemäß geführte Fahrtenbuch oder ein arbeitsvertraglich vereinbartes Privatnutzungsverbot die Besteuerung des geldwerten Vorteils für die Option auf Freizeitfahrten künftig verhindern.