In für UNTERNEHMER

Durch eine Rücklage für Ersatzbeschaffung kann nach R 6.6 EStR eine Gewinnrealisierung vermieden werden, wenn ein Wirtschaftsgut aufgrund höherer Gewalt oder in Folge eines behördlichen Eingriffs gegen Entschädigung aus dem Betriebsvermögen ausscheidet und ein funktionsgleiches Ersatzwirtschaftsgut angeschafft wird.
Diese Regelung beruht auf der Überlegung, dass die Entschädigung ungeschmälert zur Ersatzbeschaffung verwendet werden soll, ohne dass ein Teil direkt versteuert werden muss. Zwei Urteile beschäftigen sich mit den Voraussetzungen für die Bildung einer derartigen Rücklage.
Zeitraum: FG Niedersachsen 16.12.08, 15 K 40/07, Revision unter IV R 4/09,
BFH 22.1.04, IV R 65/02, BStBl II 04, 421
Verdienstausfall: FG Mecklenburg-Vorpommern 13.11.08, 2 K 228/06,
BFH 28.10.98, X R 96/96, BStBl II 99, 217

Überlange Fristen gefährden die Rücklage

Eine Rücklage ist grundsätzlich am Schluss des ersten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres gewinnerhöhend aufzulösen, wenn bis dahin kein Ersatzwirtschaftsgut angeschafft, hergestellt oder bestellt worden ist. Die Frist verdoppelt sich bei Rücklagen, die aufgrund des Ausscheidens eines Gebäudes oder Grundstücks gebildet worden sind.
In Einzelfällen können auch längere Fristen gewährt werden. Dazu muss der Steuerpflichtige jedoch glaubhaft machen, dass die Investition noch ernstlich geplant und zu erwarten ist, aber aus besonderen Gründen noch nicht durchgeführt werden konnte.
Nach einem Urteil des FG Niedersachsen ist die gewinnerhöhende Auflösung nach sechs Jahren rechtmäßig, wenn ein abgebranntes Gebäude erst knapp zehn Jahre nach seiner Zerstörung wieder neu errichtet wird.
Werden keine Gründe vorgetragen, warum sich die Ersatzbeschaffung solange hinaus gezögert hat, besteht Anlass zu der Annahme, dass es sich nicht mehr um ein Ersatzwirtschaftsgut handelt.
Dabei ist es steuerlich unerheblich, dass die Versicherungsbedingungen eine lange Reinvestitionszeit zulassen. Denn wer so lange ohne das neu errichtete Gebäude wirtschaften konnte, benötigt nicht zwingend eine Ersatzbeschaffung. Vielmehr liegt der Schluss nahe, dass eine Entscheidung über die Wiedererrichtung erst einmal aufgegeben und erst viel später – mit dem Antrag auf Baugenehmigung – wieder neu gefasst wurde.
Steuertipp: Da das Verfahren mittlerweile beim BFH anhängig ist, sollten ähnlich gelagerte Fälle offengehalten werden. Entsprechende Einspruchsverfahren ruhen zwangsweise nach § 363 Abs. 2 S. 2 AO.

Keine Rücklage für Verdienstausfall

Eine Rücklage für die Ersatzbeschaffung eines entzogenen Wirtschaftsgutes kann nur insoweit gebildet werden, als die Entschädigung für den Wegfall als solches gezahlt worden ist. Erfolgt die Zahlung hingegen für Schäden, die eine mittelbare Folge des Ausscheidens aus dem Betriebsvermögen sind, ist eine Bildung nach Auffassung des FG Mecklenburg-Vorpommern unzulässig. Das gilt zum Beispiel bei Abfindungen für Geschäftswertminderungen oder Erwerbsausfälle, wenn ein Teil des Betriebsgeländes zum Straßenbau genutzt werden soll.
Ebenso wie bei der Rücklagenbildung nach § 6b EStG darf eine Rücklage für Ersatzbeschaffung nur für die in den veräußerten Wirtschaftsgütern selbst ruhenden stillen Reserven gebildet werden. Da eine Entschädigung für Erwerbsverluste aber zum Ausgleich sonstiger Nachteile gezahlt wird, ist eine Rücklagenbildung nicht möglich. Hierfür kann auch kein passiver Rechnungsabgrenzungsposten gebildet werden, wenn keine Verpflichtung zu einer nach dem Bilanzstichtag zumindest zeitanteilig noch zu erbringenden Gegenleistung besteht.