Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 AO muss der Betroffene ohne Verschulden daran gehindert sein, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Zwei aktuelle FG-Urteile beschäftigen sich mit den Voraussetzungen.
Einspruch: FG München 10.11.08, 7 K 2556/06,
Kinder: FG Hamburg 8.1.09, 5 K 64/09,
BFH 23.10.01, VIII B 51/01, BFH/NV 02, 162
Antrag muss den Einspruch beinhalten
War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm nach § 110 AO auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Gleichzeitig ist die versäumte Handlung, etwa der Einspruch, nachzuholen. Die zweite Voraussetzung war im vom FG München entschiedenen Fall nicht erfüllt. Eine GmbH hatte die Kopie des Steuerbescheids dem Berater zur Prüfung zugesandt, die war jedoch in der Kanzlei nicht angekommen. Nach Ablauf der Einspruchsfrist stellte der Berater einen Wiedereinsetzungsantrag, es fehlte aber an der erforderlichen Nachholung des Einspruchs.
Ob mit einem Wiedereinsetzungsantrag zugleich der Einspruch eingelegt wird, ist Auslegungssache, sofern sich dies aus dem Schriftsatz nicht eindeutig und zweifelsfrei erkennen lässt. Bei Rechtsanwälten und Steuerberatern ist davon auszugehen, dass sie die zutreffenden Begriffe gebrauchen. Enthält ihr Schreiben nur einen Antrag auf Wiedereinsetzung, kann dem kein Wille entnommen werden, gleichzeitig mit dem Antrag den Einspruch nachzuholen.
Zudem ist eine Fristversäumnis nur dann als entschuldigt anzusehen, wenn die Frist auch bei angemessener und vernünftigerweise zu erwartender Sorgfalt versäumt worden wäre. Die GmbH hatte jedoch ihre Sorgfaltspflicht nicht ausreichend erfüllt, denn es handelte sich um einen Steuerbescheid mit Nachzahlungen in erheblicher Größenordnung. In diesem Fall fragt ein sorgfältig handelnder Steuerpflichtiger zumindest telefonisch innerhalb der Einspruchsfrist beim Steuerberater nach. Verbleibende Zweifel gehen zulasten des Antragstellers. Daher sollte dem Wiedereinsetzungsantrag der Hinweis auf den Einspruch beigefügt und für ausreichende Nachweise gesorgt werden, dass die Fristversäumnis unverschuldet war.
Kein Verschulden bei Fehlern von Verwandten
Sind Familienangehörige nicht mit fristwahrenden Handlungen, sondern lediglich mit der Entgegennahme eingehender Post oder der Briefkastenleerung beauftragt, handeln sie nur als Hilfspersonen. Nach einem aktuellen Urteil des FG Hamburg sind sie damit keine Vertreter, sodass sich der Steuerpflichtige deren Verschulden nicht zurechnen lassen muss. Im zugrunde liegenden Fall leerten die Kinder gewöhnlich den Briefkasten und hatten den Steuerbescheid versehentlich ins Altpapier geworfen. Dort wurde er erst verspätet gefunden. Damit liegt nach Meinung des FG ein Grund für die Wiedereinsetzung nach § 110 AO vor, sofern der Antrag innerhalb eines Monats gestellt wird und die Hinderungsgründe glaubhaft gemacht werden.
Grundsätzlich gehört zwar zur Sorgfalt, eingehende Post daraufhin durchzusehen, ob es sich um einen Bescheid einer Behörde handelt. Dabei steht das Verschulden der Kinder aber nicht dem der Eltern gleich. Der Steuerpflichtige muss sich deren Verschulden nur dann zurechnen lassen, wenn für die konkrete Aufgabe ungeeignete Hilfspersonen hinzugezogen worden sind. Bei Kindern im Alter zwischen 13 und 17 Jahren kann das aber nicht angenommen werden. Dann ist die versehentliche Ablage im Altpapier kein Verschulden, das § 110 AO ausschließt.