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Das FG Köln hat entschieden, dass die Erreichbarkeit der Arbeitsstätte ohne Verkehrsmittel zu einer beruflichen Veranlassung eines Umzugs führen kann.

Sachverhalt

Die Steuerpflichtige ist Diplom-Kauffrau und Diplom-Handelslehrerin und war im Streitjahr als beamtete Lehrerin (Studienrätin) im städtischen Berufskolleg beschäftigt. Zu Beginn des Streitjahres wohnte sie mit ihrem Ehemann und den beiden gemeinsamen Kleinkindern in einem anderen Stadtteil zur Miete.
Den Weg zum Berufskolleg legte sie mit der Straßenbahn zurück.
FG Köln 24.2.16, 3 K 3502/13

Der Fußweg von der Wohnung bis zur U-Bahn-Haltestelle betrug rund 500 Meter, die Fahrzeit acht Minuten und der Fußweg von der Ankunftsstelle bis zur Schule 400 Meter.
Im Oktober des Streitjahres zog die Steuerpflichtige mit ihrem Ehemann und den Kindern in einen anderen Stadtteil um, wo die Eheleute eine Eigentumswohnung erworben hatten. Von dort konnte sie das Berufskolleg in weniger als fünf Minuten zu Fuß erreichen.
In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte die Steuerpflichtige für den Umzug der Höhe nach unstreitige Aufwendungen von 3.940 EUR als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geltend.
Das FA ließ die Kosten außer Ansatz und stellte sich auf den Standpunkt, dass Umzugskosten nur dann als Werbungskosten abziehbar seien, wenn sich die Fahrzeit von der Wohnung zur Arbeitsstätte durch den Umzug um mindestens eine Stunde verkürzt habe.

Entscheidung

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren bekam die Steuerpflichtige vor dem FG recht. Bei Umzugskosten, die an sich die private Lebensführung betreffen, entsteht ein Zusammenhang mit der Erwerbssphäre durch die Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG, wenn derjenige, der die Wohnung selbst nutzt, von dort aus den Weg zu seiner Arbeitsstätte antritt.
Ein Umzug ist dann der Erwerbssphäre des Steuerpflichtigen und nicht der Sphäre der Einkommensverwendung zuzurechnen, wenn er zu einer wesentlichen Verkürzung der Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und damit zu einer entsprechend wesentlichen Verbesserung dieser Arbeitsbedingungen führt.

Begründung

Nach der Rechtsprechung des BFH muss die Zeitersparnis durch den Umzug mindestens eine Stunde täglich betragen. In diesem Fall treten alle mit einem Umzug sonst einhergehenden privaten Begleitumstände regelmäßig in den Hintergrund und können vernachlässigt werden.
Im Streitfall war diese Zeitersparnis offensichtlich nicht erreicht. Dennoch konstatierte das FG die Rechtsmäßigkeit des geltend gemachten Werbungskostenabzugs.
Denn in Ausnahmefällen kann auch „die Erreichbarkeit der Arbeitsstätte ohne Verkehrsmittel“ zu einer wesentlichen sonstigen Verbesserung der Arbeitsbedingungen führen, dass selbst eine weniger als eine Stunde betragende Zeitersparnis für die Annahme einer beruflichen Veranlassung der Umzugskosten ausreicht.
Diese Voraussetzungen sah das FG im Streitfall als erfüllt an, da die Steuer­pflichtige aufgrund des Umzugs in die Lage versetzt worden war, ihre Arbeitsstätte im Berufskolleg in weniger als fünf Minuten zu Fuß zu erreichen.
Darüber hinaus sind in die Beurteilung, ob der Umzug trotz Zeitersparnis von weniger als einer Stunde zu einer wesentlichen Verbesserung der Arbeitsbedingungen geführt hat, noch weitere Gesichtspunkte einzubeziehen.
Wer in einer Großstadt keine Verkehrsmittel benutzen muss und den Weg zur Arbeit zu Fuß gehen kann, für den entfallen der Zeitdruck und der Stress, die von der Notwendigkeit des pünktlichen Erscheinens ausgehen, insbesondere wenn der Arbeitnehmer – wie im Streitfall – keine gleitende Arbeitszeit hat.
Außerdem machte die Verkürzung speziell des Fußwegs den Transport des schweren Gepäcks (Laptop, Bücher) erheblich bequemer und die Steuerpflichtige konnte durch den Umzug im regulären Stundenplan sowie im Vertretungsplan flexibler eingeplant werden.

Praxishinweis

Dass der Umzug der Steuerpflichtigen mit dem Erwerb und dem Bezug einer Eigentumswohnung im Zusammenhang stand, hinderte die berufliche Veranlassung der Umzugskosten nicht. Denn eine dadurch entstandene private Ursachenkette wird durch die vorrangige berufliche Veranlassung überlagert.
Das FG hat im Übrigen die Revision nicht zugelassen. Das Urteil ist rechtskräftig.