Zahlt ein Vater für seiner Tochter Miete für eine Wohnung am Studienort und stundet er ihr diese Mietzahlungen mit der Abrede, die Tochter habe die Aufwendungen später zurückzuzahlen, führen die Zahlungen des Vaters nach einer aktuellen Entscheidung des Niedersächsischen FG nicht zu Werbungskosten bei der Tochter.
FG Niedersachsen 25.2.16, 1 K 169/15
Sachverhalt
Die Tochter absolvierte zunächst eine Ausbildung als Tierarzthelferin. Daran schloss sich ein Medizinstudium an.
In ihrer Steuererklärung für 2012 machte sie wegen des Studiums umfangreiche vorweggenommene Werbungskosten geltend, darunter eine Maklerprovision in Höhe von 1.100 EUR für die Anmietung einer Wohnung in Frankfurt sowie Mietzahlungen für die angemietete Wohnung und eine Garage in Höhe von insgesamt 3.580 EUR.
Die Steuerpflichtige war nicht Vertragspartner der Mietverträge. Diese bestanden zwischen der Vermieterin und dem Vater der Steuerpflichtigen. Die Rechnung des Immobilienmaklers wurde an den Vater gerichtet.
Die Vermieterin bescheinigte, dass sie mangels Einkünften der Tochter nur den Vater als Vertragspartner akzeptiert habe. Zwischen Vater und Tochter bestand die Vereinbarung, dass der Vater zunächst die Miete übernimmt, die Tochter jedoch zur Rückzahlung verpflichtet ist und die Rückzahlung bis zum Abschluss des Studiums und dem Erzielen von Einkünften gestundet wird.
Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung ließ das FA die Kosten für die Maklerprovision und die Mietzahlungen für die Wohnung in Frankfurt nicht zum Werbungskostenabzug zu.
Entscheidung
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren führte die eingelegte Klage zu einem Teilerfolg. Nach Meinung des FG sind die in Rede stehenden Kosten dem Grunde nach als Werbungskosten abziehbar, da sie durch das auswärtige Studium veranlasst waren und insoweit zu vorweggenommenen Werbungskosten führen konnten. Allerdings war im Streitfall nur ein Abzug der Maklerprovision als Werbungskosten möglich.
Hierzu entschied das FG, dass es sich bei den vom Vater getragenen Maklerkosten um eigenen Aufwand der Steuerpflichtigen handelt, der vom Vater aufgrund eines abgekürzten Vertragswegs geleistet wurde.
Dass der Vater die Maklerkosten als Vertragspartner des vermittelten Mietvertrags als eigene Schuld leistete, steht dem nicht entgegen. Denn der Abschluss des Maklervertrags diente dazu, die Wohnung anmieten zu können. Er und die darauf beruhende Zahlung der Maklerprovision sind im Interesse der Steuerpflichtigen und ihres Studiums erfolgt.
Die Zahlungen für die Anmietung von Wohnung und Garage waren dagegen nicht als Werbungskosten abziehbar. Denn aufgrund der zwischen Vater und Tochter getroffenen Vereinbarung fehlte es an einer Minderung der persönlichen Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen.
Nach der Vereinbarung hat der Vater der Steuerpflichtigen die Mietzahlungen nicht zugewendet, denn die Steuerpflichtige sollte diese letztlich selbst tragen und mit ihnen belastet sein. Gem. § 11 EStG sind Ausgaben jedoch für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind. Mietzahlungen der Steuerpflichtigen an ihren Vater erfolgten jedoch im Streitjahr nicht. Daher war ihre persönliche Leistungsfähigkeit auch nicht gemindert.
Die Vereinbarung war auch nicht als Darlehensverhältnis, sondern als ein Mietverhältnis mit Stundungsabrede zu werten. Die Hauptpflichten eines Mietvertrags bestehen gem. § 535 BGB in der Überlassung einer Mietsache zum Gebrauch gegen Zahlung eines Mietzinses.
Genau dies hatten die Steuerpflichtige und ihr Vater in der Vereinbarung geregelt, denn die Steuerpflichtige durfte die vom Vater angemietete Wohnung bewohnen und musste dafür einen Mietzins zahlen.
Praxishinweis
Das FG hat deutlich gemacht, dass sich auch dann, wenn man die Vereinbarung zwischen der Steuerpflichtigen und ihrem Vater nicht anerkennen würde, kein anderes Ergebnis ergeben würde. Zwar hätte der Vater die Zahlungen dann aufgrund eines abgekürzten Vertragsweges geleistet.
Dennoch würde dies keinen Werbungskostenabzug bei der Steuerpflichtigen bewirken, da die Grundsätze des abgekürzten Vertragsweges nach der Rechtsprechung des BFH bei Dauerschuldverhältnissen nicht anwendbar sind. Dies gilt insbesondere dann, wenn der von dem Dritten abgeschlossene Vertrag auf eine Nutzungsüberlassung gerichtet ist.
In diesen Fällen leistet der Dritte stets für eigene Rechnung und wendet dem Steuerpflichtigen nur ein ungesichertes Nutzungsrecht zu (BFH 15.11.05, IX R 25/03, BStBl II 06, 623).
Das FG hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache zugelassen.
Die Frage, ob im Fall abgekürzter Vertragswege die Abziehbarkeit von Mietzahlungen und Zahlungen der Maklerprovision, die bei Abschluss des Mietvertrags angefallen sind, unterschiedlich beurteilt werden können, ist höchstrichterlich noch nicht entschieden.