Wurden Krankenversicherungsbeiträge für Jahre bis 2009 erstattet, so sind diese – auch nach dem Systemwechsel ab dem Veranlagungszeitraum 2010 – mit den im Erstattungsjahr geleisteten Krankenversicherungsbeiträgen zu verrechnen.
Es besteht eine Gleichartigkeit zwischen den rückerstatteten Beiträgen zur Krankenversicherung für die Jahre bis 2009 und den ab dem Jahr 2010 geleisteten Beiträgen.
FG Rheinland-Pfalz 16.10.15, 3 K 1087/14, Rev. eingelegt, Az. des BFH: X R 35/15
Sachverhalt
Streitig war die Kürzung der als Sonderausgaben abziehbaren Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung um Erstattungen von zu Unrecht gezahlten Krankenversicherungsbeiträgen. Konkret ging es um erstattete Beiträge für die Jahre 2005 bis 2010, die das FA im Jahr 2011 mit den abzugsfähigen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen verrechnet hatte.
Das FA berücksichtigte den anteiligen Erstattungsüberhang sowie die im Jahr 2010 erstatteten Beiträge für die Jahre 2008 und 2009 im Jahr 2010.
Entscheidung
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren wies auch das FG die eingelegte Klage ab. Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge sind nur dann abziehbar, wenn es sich um „Aufwendungen“ im Sinne des „§ 10 Abs. 1 EStG handelt.
Aus der Verwendung des Begriffs „Aufwendungen“ und dem Sinn und Zweck des „§ 10 EStG folgt, dass nur solche Ausgaben als Sonderausgaben berücksichtigt werden dürfen, durch die der Steuerpflichtige auch tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet wird.
Aufwendungen des Steuerpflichtigen im Veranlagungszeitraum werden somit mangels wirtschaftlicher Belastung nicht als Sonderausgaben berücksichtigt, soweit sich bereits im Zeitpunkt der Zahlung absehen lässt, dass die Aufwendungen zurückzuerstatten sind. Unerheblich ist dabei, ob die Erstattung in den Veranlagungszeitraum der Aufwendungen oder in einen späteren Zeitraum fällt.
Praxishinweis
Bei den in der Regel jährlich wiederkehrenden Sonderausgaben wie Kirchensteuern und Versicherungsbeiträgen steht häufig die endgültige Belastung im Zahlungsjahr noch nicht fest, weil dem Steuerpflichtigen nach Ablauf des Veranlagungszeitraums ein Teil der Versicherungsbeiträge rückerstattet wird oder sich die Kirchensteuer mindert.
In diesen Fällen sind die erstatteten Beträge mit den im Jahr der Erstattung gezahlten gleichartigen Sonderausgaben zu verrechnen, sodass nur der Saldo zum Abzug als Sonderausgaben verbleibt.
Sind im Jahr der Erstattung keine gleichartigen Sonderausgaben angefallen oder übersteigen die erstatteten die gezahlten gleichartigen Sonderausgaben, fehlt es insoweit an einer endgültigen wirtschaftlichen Belastung des Steuerpflichtigen mit den zuvor von ihm gezahlten Sonderausgaben. Der Sonderausgabenabzug ist dann im Zahlungsjahr über § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO wegen Eintritts eines rückwirkenden Ereignisses zu korrigieren.
Allein der Umstand, dass den Steuerpflichtigen durch diese Umgestaltung der gesetzlichen Regelung zum Abzug von Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversicherung mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2010 ein steuerlicher Nachteil entsteht, weil die Verrechnung der Erstattungsbeträge mit den Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträgen im Streitjahr 2011 und 2010 zu einer Kürzung des Sonderausgabenabzugs und damit zu einer höheren steuerlichen Belastung führt, während eine Änderung der bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide für 2005 bis 2009 wegen der Ausschöpfung der damals geltenden Höchstbeträge der abzugsfähigen Vorsorgeaufwendungen ohne steuerliche Auswirkung bleiben würde, kann die Gleichartigkeit der Aufwendungen nicht beseitigen.