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Die Vertragsarztzulassung ist regelmäßig ein unselbstständiger Bestandteil des Praxiswerts, kann aber durch einen gesonderten Veräußerungsvorgang zu einem selbstständigen immateriellen Wirtschaftsgut konkretisiert werden.

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Abschreibung eines erworbenen Praxiswerts
Voraussetzung für Abschreibung beim Erwerb von Vertragsarztpraxen

Sachverhalt

Streitig war, ob eine Fachärztin für Orthopädie einen abschreibungsfähigen Praxiswert oder eine nicht abschreibungsfähige kassenärztliche Zulassung erworben hat. Sie fasste im Frühjahr 2007 den Entschluss, ihre bisherige Anstellung als Fachärztin für Orthopädie in einem Krankenhaus aufzugeben und erwarb eine zum Verkauf stehende Praxis.

Hierzu schlossen die Steuerpflichtige und der bisherige Praxisinhaber einen Praxisübernahmevertrag ab. Die Patienten wurden über den anstehenden Praxisverkauf mündlich informiert. Die Steuerpflichtige sollte die Praxis laut Vertrag mit Wirkung zum 1.1.2008 übernehmen und im eigenen Namen auf eigene Rechnung fortführen.

Zu diesem Zweck war auch die Übernahme des Praxisinventars vereinbart. Insbesondere sollte die Patientenkartei mit sämtlichen Krankenunterlagen in das Eigentum der Steuerpflichtigen übergehen, wenn eine Einverständniserklärung des Patienten vorlag.

Außerdem trat sie in verschiedene praxisbezogene Verträge des Veräußerers ein (z.B. Softwareüberlassungs- und Pflegevertrag, Praxisinventarversicherung, Gesellschaftsvertrag der Knochendichtemessung GbR etc.).
Der Kaufpreis betrug 270.000 EUR. Nach einem Bewertungsgutachten sollte dieser sich aus 70.000 EUR für das Inventar und 200.000 EUR für den ideellen Praxiswert zusammensetzen.

Die Steuerpflichtige schrieb den erworbenen Praxiswert auf drei Jahre ab. Das FA war jedoch der Auffassung, dass es sich lediglich um den Kauf einer nicht abschreibungsfähigen kassenärztlichen Zulassung handele und versagte den steuermindernden Abzug der AfA.

Entscheidung

Die Klage hatte Erfolg. Das FG entschied, dass die AfA gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 EStG für einen erworbenen Praxiswert zu berücksichtigen ist. Denn der Praxisübernahmevertrag hatte den entgeltlichen Erwerb eines Praxiswerts zum Gegenstand. Dagegen wurde keine nichtabnutzungsfähige ­kassenärztliche Zulassung unabhängig von den übrigen Bestandteilen des Praxiswerts veräußert.

Bei einem Praxiswert handelt es sich – wie bei ­einem Geschäfts- oder Firmenwert im Sinne von § 7 Abs. 1 S. 3 EStG – um ein selbstständiges abnutzungsfähiges Wirtschaftsgut.
Selbstständige Wirtschaftsgüter bedürfen einer Abgrenzung gegenüber deren unselbstständigen Bestandteilen, den wertbildenden Faktoren, wie z.B. geschäftswertsbildenden Rechtsreflexen oder Nutzungsvorteilen eines Wirtschaftsgutes.

Der Praxiswert besteht aus dem erworbenen Chancenpaket und setzt sich aus verschiedenen wertbildenden Einzelbestandteilen zusammen (z.B. Patientenstamm, Standort, Umsatz, ­Facharztgruppe etc.).

Die Vertragsarztzulassung ist regelmäßig ein unselbstständiger Bestandteil des Praxiswerts

Die Vertragsarztzulassung kann aber durch einen gesonderten Veräußerungsvorgang zu einem selbstständigen immateriellen Wirtschaftsgut konkretisiert werden. Nach dem Wortlaut des Praxisübernahmevertrags war im Streitfall kein isolierter Erwerb der Kassenarztzulassung beabsichtigt, da dieser auf den Verkauf der Praxis im Ganzen abstellt. Entscheidend ist aber, ob nach dem wirtschaftlichen Gehalt des Vertrags tatsächlich nur der Erwerb der Kassenarztzulassung gewollt war.

Eine solche Absicht lässt sich annehmen, wenn die Steuerpflichtige an den Veräußerer eine Zahlung im Zusammenhang mit der Erlangung der Vertragsarztzulassung geleistet hat, ohne jedoch dessen übrige Praxis zu übernehmen, weil sie den Vertragsarztsitz an einen anderen Ort verlegen wollte.

Ein solcher Ausnahmefall kommt allerdings nicht in Betracht, wenn sich die Zahlung der Steuerpflichtigen am Verkehrswert der veräußerten Praxis orientierte. Dann wird die Kassenarztzulassung nicht Gegenstand eines eigenständigen Veräußerungsvorgangs. Bei einem solchen Sachverhalt ist die Kassenzulassung untrennbar mit dem Praxiswert verbunden.

Im Streitfall wurde die Kassenarztzulassung nicht unabhängig von den übrigen Bestandteilen des Praxiswerts verkauft. Mit dem Praxisübernahmevertrag wurde die Praxis im Ganzen veräußert, da sich die Zahlung der Steuerpflichtigen am Verkehrswert der veräußerten Praxis orientierte. Die Kassenarztzulassung ist daher nicht vom Praxiswert trennbar.

Die Steuerpflichtige hatte sich auch nicht darauf beschränkt, lediglich die Kassenarztzulassung zu erwerben, um den Kassenarztsitz zu verlegen. Vielmehr hatte sie daneben auch andere wesentliche im Praxiswert enthaltene Einzelbestandteile erworben und fortgeführt. Dies betrifft vor ­allem den Patientenstamm. In den neuen Praxisräumen konnten ca. 180 Kassenpatienten aus der alten Praxis weiterbehandelt werden.

Steuertipp:

Da der isolierte Erwerb eines Kassenarztsitzes einen Ausnahmefall darstellt, trägt das FA hierfür die Feststellungslast.

FG Düsseldorf 27.5.14, 11 K 2364/13 F