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Freiwillige Zahlungen von Notaren an Notarassessoren für deren Vertretungstätigkeit sind keine Trinkgelder i.S. des § 3 Nr. 51 EStG, sondern steuerpflichtiger Arbeitslohn.

Sachverhalt

Streitig war die steuerliche Behandlung von Zuwendungen, die eine Notarassessorin von verschiedenen Notaren für ihre Vertretungstätigkeit erhielt. Die vertretenen Notare hatten dafür gemäß der Abgabensatzung der Ländernotarkasse ein Entgelt an diese zu entrichten.
BFH 10.3.15, VI R 6/14

Unabhängig von diesem Entgelt wandten die vertretenen Notare der Steuerpflichtigen für deren Vertretungstätigkeit Geldbeträge in Höhe von insgesamt 1.000 EUR zu, ­ohne dass die Steuerpflichtige einen Anspruch hierauf hatte.
Im Rahmen der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärte die Steuerpflichtige diese Zahlungen als nach § 3 Nr. 51 EStG steuerfreies Trinkgeld. Das FA sah dies jedoch anders und berücksichtigte den Betrag als steuerpflichtigen Arbeitslohn.

Entscheidung

Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg, ebenso das Revisionsverfahren vor dem BFH.

Begründung

Zum Arbeitslohn (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) gehören alle Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Dies gilt auch für die Zuwendung eines Dritten, wenn diese ein Entgelt „für“ eine Leistung bildet, die der Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses für seinen Arbeitgeber erbringt, erbracht hat oder erbringen soll.
Voraussetzung ist, dass sich die Zuwendung für den Arbeitnehmer als Frucht seiner Arbeit für den Arbeitgeber darstellt und im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis steht.
Aufgrund dieser Voraussetzungen waren die von den vertretenen Notaren an die Steuerpflichtige geleisteten Zahlungen Arbeitslohn und kein Trinkgeld gemäß § 3 Nr. 51 EStG.
„Trinkgeld“: i.S. des „§ 3 Nr. 51 EStG ist nur eine dem dienstleistenden Arbeitnehmer vom Kunden oder Gast gewährte zusätzliche Vergütung, die eine gewisse persönliche Beziehung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Dritten voraussetzt. Trinkgeld ist eine freiwillige und typischerweise persönliche Zuwendung an den Bedachten als eine Art honorierende Anerkennung seiner dem Leistenden gegenüber erwiesenen Mühewaltung in Form eines kleineren Geldgeschenks.
Faktisch steht der Trinkgeldempfänger in einer doppelten Leistungsbeziehung und erhält korrespondierend dazu auch doppeltes Entgelt, nämlich das Arbeitsentgelt seitens seines Arbeitgebers und das Trinkgeld seitens des Kunden.
Diese Voraussetzungen erfüllten jedoch die von den vertretenen Notaren an die Steuerpflichtige geleisteten, freiwilligen Zahlungen nicht. Dies schließt schon die rechtliche Ausgestaltung des Notarberufs aus, denn zu den Notaren besteht insbesondere kein Kunden- oder kundenähnliches Verhältnis, wie es der Typus-Begriff des Trinkgelds voraussetzt.