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Stipendien für Wissenschaftler, die an einer Hochschule beschäftigt sind, sind steuerfrei, wenn sie der Erfüllung einer Forschungsaufgabe oder zur Bestreitung des Lebensunterhalts dienen.
Voraussetzung ist ­allerdings, dass die Stipendien, die zuvor aus einem Beschäftigungsverhältnis bezogenen Einnahmen nicht übersteigen, nach den von dem ­Geber erlassenen Richtlinien vergeben werden und der Empfänger im Zusammenhang mit dem Stipendium nicht zu einer bestimmten wissenschaftlichen oder künstlerischen Gegenleistung oder zu einer bestimmten Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet ist.
Diese Problematik war jetzt Gegenstand einer aktuellen BFH-Entscheidung.
BFH 24.2.15, VIII R 43/12

Sachverhalt

Streitig war, ob die Einnahmen der Steuerpflichtigen aus einem Forschungsstipendium eines Kollegs einkommensteuerfrei sind. Das Kolleg wird von einer gemeinnützigen Stiftung des bürgerlichen Rechts getragen. Die Steuerpflichtige war als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Juristischen Fakultät einer Universität tätig und habilitierte sich dort.
Auf ihre Bewerbung hin gewährte ihr die Stiftung ein Forschungsstipendium des Kollegs im Rahmen eines bestimmten Projekts in den Jahren 2009 und 2010. Die auf der Grundlage dieses Stipendiums geleisteten Zahlungen beliefen sich auf 2.700 EUR pro Monat, im Streitjahr 2009 auf insgesamt 8.100 EUR. Zusätzlich erhielt sie in 2009 eine Pauschale für Dienstreisen in Höhe von 400 EUR.
Das Kolleg stellte der Steuerpflichtigen für 2009 eine Bescheinigung über den Erhalt dieser Leistungen sowie des Sachbezugs durch die kostenlose Unterbringung in Höhe von 659,88 EUR aus. Von der Universität erhielt sie für die Dauer des Stipendiums Sonderurlaub ohne Fortzahlung der Bezüge.
Das FA erfasste die Einnahmen der Steuerpflichtigen aus dem Stipendium als steuerpflichtige sonstige Einkünfte (§ 22 EStG). Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das FG entschied, dass die Voraussetzungen des § 3 Nr. 44 EStG nicht erfüllt seien. Denn die im Rahmen des Stipendiums gewährten – das vorher bezogene Gehalt nicht übersteigenden – Leistungen seien über das hinausgegangen, was zur Erfüllung der Forschungsaufgabe oder zum Bestreiten des Lebensunterhalts der Steuerpflichtigen erforderlich gewesen sei.

Entscheidung

Zu Unrecht hat das FG der Regelung in § 3 Nr. 44 Satz 3 Buchst. a EStG entnommen, dass ein steuerbefreites Stipendium im Sinne der Vorschrift schon dann nicht mehr gegeben ist, wenn es nahezu der Höhe der vor Aufnahme der geförderten Tätigkeit bezogenen Einnahmen aus wissenschaftlicher Tätigkeit entspricht.
Im Revisionsverfahren bekam die Steuerpflichtige jedoch recht, indem der BFH entschied, dass die streitigen Leistungen unter die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 44 EStG fallen.
Maßgebend waren folgende Gesichtspunkte:
Das Stipendium darf über den Betrag der vorher bezogenen Einnahmen „nicht wesentlich“ hinausgehen.
Das Stipendium darf lediglich den „erforderlichen Lebensbedarf“ des Stipendiaten abdecken.
Das Stipendium muss im Wesentlichen auf den Ausgleich für den zeitweiligen Ausgleich der vor der Bewilligung des Stipendiums bezogenen Einnahmen ausgerichtet sein.