Fährt ein Unternehmer regelmäßig zu seinem einzigen Auftraggeber, sind die Aufwendungen lediglich in Höhe der Entfernungspauschale als Betriebsausgaben abziehbar.
Betriebsstätte bei einem im Wege eines Dienstvertrags tätigen Unternehmer, der nicht über eine eigene Betriebsstätte verfügt, ist der Ort, an dem die beruflichen oder gewerblichen Leistungen erbracht werden.
BFH 22.10.14, X R 13/13
Sachverhalt
Im Streitfall ging es um einen gewerblich tätigen Einzelunternehmer, der im Streitjahr 2008 lediglich einen einzigen Auftraggeber hatte, für den er die Finanzbuchhaltung, die Lohn- und Gehaltsabrechnungen sowie das EDV-System betreute. Er suchte dessen Betrieb an vier bis fünf Tagen wöchentlich auf. Weitere betriebliche Tätigkeiten führte er in Räumen durch, die im Obergeschoss des von ihm und seiner Lebensgefährtin bewohnten Einfamilienhauses belegen waren.
In seiner Gewinnermittlung zog der Steuerpflichtige die Kosten für die Fahrten zwischen dem Einfamilienhaus und dem Betrieb des Auftraggebers in voller Höhe ab. Der Pkw gehörte zum Betriebsvermögen.
Das FA setzte hingegen nur die Entfernungspauschale an und erhöhte den Gewinn entsprechend. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gab das FG der eingelegten Klage mit der Begründung statt, die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Nr. 6 EStG sei nicht anwendbar, weil der Steuerpflichtige im Betrieb des Auftraggebers keine Betriebsstätte unterhalten habe.
Der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies den Streitfall zur weiteren Sachaufklärung an das FG zurück.
Er entschied, dass der Steuerpflichtige bei seinem Auftraggeber eine Betriebsstätte i.S.d. § 4 Abs. 5 Nr. 6 Satz 1 EStG unterhalten habe, denn als Betriebsstätte bei einem im Wege eines Dienstvertrags tätigen Unternehmer, der nicht über eine eigene Betriebsstätte verfügt, ist der Ort anzusehen, an dem er die geschuldete Leistung zu erbringen hat.
Dies ist in der Regel der Betrieb des Auftraggebers. Insoweit weicht der Betriebsstättenbegriff des § 4 Abs. 5 Nr. 6 EStG nach Meinung des BFH vom Betriebsstättenbegriff des § 12 AO ab.
Dabei ist das vom VI. Senat des BFH für Zwecke der Besteuerung von Arbeitnehmern entwickelte Differenzierungskriterium, ob deren Arbeitgeber bei dem Kunden, in dessen Räumen der Arbeitnehmer tätig sei, eine eigene Betriebsstätte unterhalte oder nicht, auf die Gewinneinkünfte nicht übertragbar.
Denn dort fehlt es an dem für die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit typischen Dreiecksverhältnis zwischen dem Arbeitnehmer, seinem Arbeitgeber und dem Kunden des Arbeitgebers.
Vielmehr ist allein das Rechtsverhältnis zwischen dem Gewerbetreibenden und seinem Kunden maßgebend. Zudem fehlt es an einem Direktionsrecht eines Arbeitgebers, das bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit für die Differenzierung maßgebend ist. Der Gewerbetreibende ist vielmehr regelmäßig selbst Herr seiner Entscheidungen.
Praxishinweis
Bei Prüfung der Frage, ob sich im selbstgenutzten Wohnhaus eine Betriebsstätte befindet, ist zu beachten, dass insbesondere ein häusliches Arbeitszimmer stets derart in den privaten Bereich eingebunden ist, dass seine Existenz die Anwendung der Abzugsbeschränkung nicht ausschließt.
Sind die Räume wegen ihrer engen Einbindung in den privaten Lebensbereich hingegen nicht als Betriebsstätte anzusehen, überlagert die Nutzung des Gebäudes als Wohnung die dort auch verwirklichten betrieblichen Zwecke. In einem solchen Fall sucht der Steuerpflichtige seine auswärtige Betriebsstätte daher nicht von einer in der Wohnung befindlichen Betriebsstätte, sondern von der Wohnung aus auf.