Auch nach der ab 2013 geltenden Fassung des § 33 Abs. 2 S. 4 EStG können „Prozesskosten für eine Scheidung“: steuerlich geltend gemacht werden. Das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz entschied dies nun als erstes Gericht.
Sachverhalt
Im Streitfall ging es um den Veranlagungszeitraum 2013, in dem der Steuerpflichtige u.a. Kosten für die Ehescheidung sowie Kosten eines Unterhaltsverfahrens als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG geltend machte.
Das FA ließ die Kosten unter Hinweis auf die ab 2013 geltende Gesetzesänderung, wonach Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits grundsätzlich vom Abzug ausgeschlossen sind, unberücksichtigt.
FG Rheinland-Pfalz 16.10.14, 4 K 1976/14; das FG hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen
Im Einspruchsverfahren machte der Steuerpflichtige geltend, Scheidungskosten seien trotz der Gesetzesänderung auch weiterhin als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig. Das Ziel des Gesetzgebers sei lediglich die Wiederherstellung derjenigen (restriktiven) Rechtslage gewesen, die bis zur Änderung der BFH-Rechtsprechung gegolten habe.
Im Gegensatz zu einem Zivilprozess könne ein Scheidungsverfahren nicht vermieden werden, um eine zerrüttete Ehe zu beenden. Könne sich ein Bürger dem Scheidungsverfahren aus rechtlichen Gründen nicht entziehen, indem die Ehe nur durch richterliche Entscheidung geschieden werden könne, so müsse der hierdurch verursachte Aufwand als zwangsläufig anerkannt werden. Die Anerkennung stehe auch nicht ohne Weiteres zur Disposition des Gesetzgebers.
Entscheidung
Das FG folgte dem Steuerpflichtigen dahingehend, dass die unmittelbaren Kosten der Ehescheidung auch im Veranlagungszeitraum 2013 weiterhin als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 abzugsfähig sind.
Nach der Neuregelung in § 33 Abs. 2 EStG ab VZ 2013 sind Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) vom Abzug ausgeschlossen. Es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.
Hinweis
Anders als die unmittelbaren Scheidungsaufwendungen, die im direkten Zusammenhang mit der Auflösung der Ehe durch gerichtliche Entscheidung entstehen (Anwalts- und Gerichtskosten) und zu diesem Zwecke zwangsläufig geleistet werden müssen, stellen die (prozessualen) Kosten für sogenannte Scheidungsfolgesachen (Unterhalt, Ehewohnung und Haushalt, Güterrecht, Sorgerecht, Umgangsrecht) dagegen keine Aufwendungen i.S.d. § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG für die Führung eines Rechtsstreits dar, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.
Nach der Neuregelung ab 2013 sind daher die Scheidungsfolgekosten nicht mehr als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig. Die Zwangsläufigkeit solcher Kosten ist zu verneinen, da entweder der Steuerpflichtige selbst deren Anfall dadurch vermeiden kann, dass er die Einbeziehung von Folgesachen in den Scheidungsverbund nicht beantragt, oder durch die Regelung in § 150 Abs. 4 FamG die Möglichkeit einer der Billigkeit – auch dem Verhalten des Ehegatten – entsprechenden gerichtlichen Kostenverteilung gegeben ist.
Steuertipp
Betroffene Steuerpflichtige sollten daher gegen entsprechend ablehnende Einkommensteuerbescheide unter Hinweis auf die Entscheidung des FG Rheinland-Pfalz Einspruch einlegen. Da davon auszugehen ist, dass die Finanzverwaltung den Revisionsweg beschreiten wird, um die Rechtsfrage durch den BFH abschließend klären zu lassen, würde das Einspruchsverfahren durch die Anhängigkeit eines Revisionsverfahrens automatisch ruhen (§ 363 Abs. 2 AO).