Der BFH hatte nun darüber zu befinden, ob und in welchem Umfang auch die auf das öffentliche Straßenland vor dem Grundstück entfallenden Aufwendungen für den Anschluss eines Grundstücks an zentrale Anlagen der Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung durch den zuständigen Zweckverband als steuerbegünstigte Handwerkerleistungen zu berücksichtigen sind.
BFH 20.3.14,VI R 56/12
Räumlich-funktionale Auslegung des Begriffs „im Haushalt“
Aus dem Umstand, dass die Handwerkerleistung „in“ einem inländischen Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden muss, schließt die Finanzverwaltung, dass nur handwerkliche Tätigkeiten, die in der privaten Wohnung bzw. dem Haus nebst Zubehörräumen und Garten geleistet werden, nicht aber solche, die „für“ den Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden, nach § 35a EStG begünstigt sind (BMF 10.1.14, IV C 4 – S 2296-b/07/0003:004, BStBl. I 2014, 75, Tz. 15).
Dieses enge Verständnis der Vorschrift greift nach Auffassung des BFH jedoch zu kurz, da der Begriff „im Haushalt“ räumlich-funktional auszulegen ist. Deshalb werden die Grenzen des Haushalts i.S. des „§ 35a Abs. 2 Satz 1 EStG nicht ausnahmslos unabhängig von den Eigentumsverhältnissen durch die Grundstücksgrenzen abgesteckt.
Unmittelbarer räumlicher Zusammenhang zum Haushalt
Vielmehr kann auch die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem, beispielsweise öffentlichem Grund erbracht werden, begünstigt sein. Es muss sich dabei allerdings um Leistungen handeln, die in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen. Hiervon ist insbesondere auszugehen, wenn der Haushalt des Steuerpflichtigen an das öffentliche Versorgungsnetz angeschlossen wird.
Zwar handelt es sich bei Hausanschlüssen (auch insoweit als die Anschlussleitung innerhalb des Privatgrundstücks des Anschlussnehmers verläuft) um Betriebsanlagen des Wasserversorgungsunternehmens. Gleichwohl ist der Hausanschluss insgesamt und damit auch, soweit er im öffentlichen Straßenraum verläuft, zum Haushalt i.S. des § 35a EStG zu zählen.
Denn über diesen wird der auf dem Grundstück gelegene Haushalt des Steuerpflichtigen über das öffentliche Versorgungsnetz mit den für eine Haushaltsführung notwendigen Leistungen der Daseinsfürsorge versorgt. Ein Hausanschluss stellt sich damit als notwendige Voraussetzung eines Haushalts dar.
Steuerbegünstigte Handwerkerleistungen können im Übrigen auch vorliegen, wenn sie von der öffentlichen Hand erbracht werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine juristische Person des öffentlichen Rechts (beispielsweise ein Zweckverband) mit dem Verlegen der Hausanschlussleitungen gegen Kostenerstattung im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art unternehmerisch tätig geworden ist.
Praxishinweis?|?Entsprechende Handwerkerleistungen sind daher nicht nur anteilig, soweit sie auf Privatgelände entfallen, sondern in vollem Umfang nach § 35a EStG begünstigt. Wie vorstehend erläutert, sieht die Finanzverwaltung dies jedoch bislang anders.
Es bleibt daher abzuwarten, ob sie sich der Meinung des BFH anschließen wird. Bis dahin sollten betroffene Steuerpflichtige in jedem Fall gegen derartige Kosten nicht berücksichtigende Einkommensteuerbescheide unter Hinweis auf die Entscheidung des BFH Einspruch einlegen und die volle Berücksichtigung der Kosten geltend machen.