Veräußert der Steuerpflichtige sein bis dahin vermietetes und fremdfinanziertes zum Privatvermögen gehörendes Grundstück, war der weitere Abzug von Schuldzinsen als Werbungskosten auch nach Veräußerung des Grundstücks lange Zeit umstritten.
Dabei hat sich die Rechtsprechung der letzten Jahre schrittweise in Richtung eines möglichen weiteren Werbungskostenabzugs entwickelt, unter der Grundvoraussetzung, dass der Veräußerungserlös nicht ausreicht, um die Verbindlichkeiten zu tilgen.
BFH 8.4.14, IX R 45/13
Danach verbleibende Restschulden sind auch weiterhin durch die Einkunftsart Vermietung und Verpachtung veranlasst und berechtigen zum Werbungskostenabzug der hierauf entfallenden Schuldzinsen.
Allerdings hatte der BFH dies bisher ausdrücklich nur für den Fall entschieden, dass das Grundstück innerhalb der zehnjährigen Veräußerungsfrist des § 23 EStG veräußert wird (BFH 20.6. 12, IX R 67/10, BStBl II 2013, 275).
Erweiterter Schuldzinsenabzug durch neue Rechtsprechung
Der BFH hat nun seine Rechtsprechung präzisiert und erweitert. Danach setzt sich der ursprüngliche Veranlassungszusammenhang zwischen dem Darlehen und den Einkünften aus der Vermietung – unabhängig von der Veräußerung und mithin auch unabhängig von der Frage ihrer Steuerbarkeit – am Veräußerungspreis fort.
Daher sind nachträgliche Schuldzinsen, die auf ein solches Darlehen entfallen, grundsätzlich auch nach einer Veräußerung der Immobilie außerhalb der Frist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG weiter als Werbungskosten zu berücksichtigen, wenn und soweit die Verbindlichkeiten durch den Veräußerungserlös nicht getilgt werden können.
In der Besteuerungspraxis ist daher wie folgt zu unterscheiden:
Für die Berücksichtigung nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist maßgeblich, was mit dem Veräußerungspreis geschieht. Wird kein neues Objekt und auch keine anderweitige Einkunftsquelle angeschafft, kommt es darauf an, ob der Verkaufserlös ausreicht, um das Darlehen abzulösen. Ist dies der Fall, endet der für den Werbungskostenabzug erforderliche wirtschaftliche Zusammenhang mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung, und zwar unabhängig davon, ob der Steuerpflichtige tatsächlich das Darlehen ablöst, oder ob er den Veräußerungserlös anderweitig (privat) verwendet und das Darlehen bestehen lässt.
Der Steuerpflichtige muss also den aus der Veräußerung der bislang vermieteten Immobilie erzielten Erlös – soweit nicht Tilgungshindernisse entgegenstehen – stets und in vollem Umfang zur Ablösung eines im Zusammenhang mit der Einkünfteerzielung aufgenommenen Darlehens verwenden.
Veräußert der Steuerpflichtige dagegen die vermietete Immobilie, und reicht der Verkaufserlös nicht aus, ein hierfür aufgenommenes Darlehen abzulösen, steht der nicht ablösbare Teil des (fortgeführten) Anschaffungsdarlehens weiterhin im Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
Weitergehende steuerliche Konsequenzen
Da die Rechtsprechung des BFH zur Anerkennung von Schuldzinsen als Werbungskosten nicht allein auf den ursprünglichen, mit der Schuldaufnahme verfolgten Zweck und damit ausschließlich auf die erstmalige Verwendung der Darlehensmittel abstellt, können auch auf ein Refinanzierungs- oder Umschuldungsdarlehen gezahlte Schuldzinsen dem Grunde nach durch die (frühere) Einkünfteerzielung veranlasst sein.
Konkret bedeutet dies, dass auch ein Darlehen, das nicht unmittelbar dazu dient, Anschaffungs- oder Herstellungskosten einer zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzten Immobilie zu finanzieren, sondern aufgenommen wird, um ein bereits früher aufgenommenes und nach Veräußerung der Immobilie fortgeführtes Anschaffungsdarlehen umzuschulden, noch in einem mittelbaren und damit hinreichenden wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung steht.
Hat der Steuerpflichtige seine ursprüngliche steuerbare Tätigkeit als Gesellschafter einer vermögensverwaltenden GbR ausgeübt, ist ihm ein von der Gesellschaft zur Finanzierung der Anschaffungskosten einer zur Vermietung bestimmten Immobilie aufgenommenes und ursprünglich durch diese Einkünfteerzielung veranlasstes Darlehen nach der Beendigung der Gesellschaft grundsätzlich in dem gleichen Umfang zuzurechnen, in dem ihm vormals auch Einkünfte anteilig zuzurechnen waren. In diesem Umfang kann er grundsätzlich auch Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten geltend machen.
Praxishinweis
Die Entscheidung des BFH korrespondiert nicht mit der bislang von der Finanzverwaltung vertretenen Auffassung, die einen nachträglichen Werbungskostenabzug bei einer nach § 23 EStG nicht steuerbaren Grundstücksveräußerung versagt (BMF-Schreiben vom 28.3.2013 – IV C 1 –
S 2211/11/10001:001, BStBl I 13, 508).
Allerdings dürfte damit zu rechnen sein, dass sich die Finanzverwaltung auch der weitergehenden BFH-Rechtsprechung anschließen wird. In jedem Fall sollten Steuerbescheide, mit denen ein nachträglicher Schuldzinsenabzug wegen der fehlenden Besteuerung nach § 23 EStG abgelehnt wird, unter Hinweis auf die nunmehr vorliegende BFH- Rechtsprechung offen gehalten werden.