An die Nachweispflichten für die Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung sind besonders hohe Anforderungen zu stellen.
Bestimmte Umstände müssen den Unternehmer zu besonderer Sorgfalt hinsichtlich der Identität des angeblichen Vertragspartners und des Abholers veranlassen.
Das sind laut BFH etwa auffällige Unterschiede zwischen der Unterschrift des Abholers unter der Empfangsbestätigung und derjenigen auf dem Personalausweis.
BFH 14.11.12, XI R 17/12,
BFH 12.5.11, V R 46/10, BStBl II 11, 957; 15.2.12, XI R 42/10, BFH/NV 12, 1188
Sachverhalt und Entscheidung
Ein Autohaus lieferte Anfang 2003 einen Porsche 911 Carrera 4S Coupe umsatzsteuerfrei an eine in Italien ansässige Kundin. Das Fahrzeug wurde durch Vermittlung eines weiteren Unternehmens von dem Bevollmächtigten B beim Autohaus abgeholt.
Der Bevollmächtigte bezahlte den Kaufpreis bar. Im Autohaus ließ man sich eine Kopie des Personalausweises des B vorlegen. Die Empfangsbestätigung auf der Rechnung beinhaltete den handschriftlichen Vermerk „Fahrzeug wird gem. Kaufvertrag vom 21.1.2003 nach Italien ausgeführt“ und ist mit dem Namen des Bevollmächtigten unterschrieben.
Diese Unterschrift weicht von der Unterschrift auf der Personalausweiskopie ab.
Das Finanzamt behandelte im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung den bis zu diesem Zeitpunkt als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung angesehenen Umsatz als steuerpflichtig und erließ einen geänderten Umsatzsteuerbescheid.
Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz Erfolg, der BFH dagegen hob das Urteil auf und wies die Sache an das FG zurück.
Praxishinweis
Behandelt der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei, obwohl die Voraussetzungen nicht vorliegen, ist sie zwar gemäß § 6a Abs. 4 UStG dennoch steuerfrei, wenn dies auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und das bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennbar war.
Nicht dazu gehören aber auffällige Umstände, die den Liefernden zu besonderer Akribie hinsichtlich der Identität von Käufer und Abholer hätten veranlassen müssen. Dann ist die Vertrauensschutzregelung nicht anwendbar, weil der Unternehmer eine umsatzsteuerliche Missbrauchsgefahr mit allen ihm zur Verfügung stehenden, zumutbaren Maßnahmen vermeiden muss.
Er hat sicherzustellen, dass der von ihm getätigte Umsatz nicht zur Teilnahme an einer Steuerhinterziehung führt.
Vor diesem Hintergrund mangelt es beim Vergleich mit der Unterschrift auf dem Personalausweis des Abnehmers an der erforderlichen kaufmännischen Sorgfalt. Zwar kann sich eine Signatur im Laufe der Jahre verändern und sie kann auf einem Ausweis mit wenig Platz ein anderes Bild als auf sonstigen Unterlagen haben.
Dies rechtfertigt es jedoch nicht, auffällige Unterschiede in eine Prüfung und Würdigung gar nicht erst mit einzubeziehen.