Seit 2012 kommt es für die steuerliche Berücksichtigung eines volljährigen Kindes zwar nicht mehr auf die Höhe der eigenen Einkünfte und Bezüge an, ein Urteil des BFH ist jedoch für die Frage der abziehbaren Werbungskosten bei einem nebenberuflichen Studium von Bedeutung.
Nach früherer Rechtsprechung stellte auch eine arbeitgeberfremde Bildungseinrichtung grundsätzlich eine regelmäßige Arbeitsstätte mit der Folge der Anwendung der Entfernungspauschale dar.
Nach dem noch nicht amtlich im BStBl veröffentlichten Urteil aus Februar 2012 ist eine Hochschule jetzt nicht mehr als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen, auch wenn sie häufig über einen längeren Zeitraum hinweg für ein Vollzeitstudium aufgesucht wird.
Fahrtkosten von Studenten zur Universität sind deshalb in tatsächlicher Höhe mit den Pauschalen in H 9.5 LStH von 0,30 EUR je Fahrtkilometer als Werbungskosten zu berücksichtigen und nicht lediglich in Höhe der Entfernungspauschale. Das Urteil enthält in seiner Begründung zahlreiche Verweise auf frühere Entscheidungen.
BFH 22.11.12, III R 64/11,
BFH 9.2.12, VI R 44/10; 22.10.09, III R 101/07, BFH/NV 10, 200; 22.9.11, III R 38/08, BStBl II 12, 338
Zur Prüfung bis 2011, ob der Grenzbetrag der eigenen Einkünfte und Bezüge des volljährigen Kindes überschritten ist, werden Fahrtkosten aus Anlass eines nebenberuflich ausgeübten Studiums nicht mit der Entfernungspauschale, sondern in tatsächlicher Höhe von den Lohneinnahmen abgezogen.
Da die aufgesuchte arbeitgeberfremde Bildungseinrichtung laut BFH keine regelmäßige Arbeitsstätte darstellt, gelingt es durch verbesserten Kostenabzug leichter, die schädliche Grenze von 8.004 EUR zu unterschreiten.
Der Begriff der Einkünfte ist je nach Einkunftsart als Gewinn oder als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten anzusehen, wobei alle über die Lebensführung hinausgehenden ausbildungsbedingten Mehraufwendungen – unter Anwendung der betreffenden Vorschriften dem Grunde und der Höhe nach – abzuziehen sind.
Mobilitätskosten sind also grundsätzlich in tatsächlicher Höhe zu berücksichtigen und die Einschränkung durch die Pendlerpauschale gilt nur für die Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte. Eine arbeitgeberfremde Bildungseinrichtung ist unabhängig vom zeitlichen Umfang nach der BFH-Rechtsprechung keine regelmäßige Arbeitsstätte.
Fahrten für das Studium sind vorweggenommene Werbungskosten und keine Aufwendungen der Berufsausbildung nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Dem steht nicht entgegen, dass ein Kind vor dem berufsbegleitenden Studium bereits eine Ausbildung durchlaufen und damit eine erste Berufsausbildung absolviert hat.
Hinweis:
Im Rahmen des beschlossenen Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts wird in § 9 Abs. 4 EStG ab 2014 vorgeschrieben, dass als erste Tätigkeitsstätte und somit regelmäßige Arbeitsstätte auch eine Bildungseinrichtung gilt, die außerhalb eines Dienstverhältnisses zum Zweck eines Vollzeitstudiums oder einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme aufgesucht wird. Nicht geregelt ist, ob dies künftig auch für ein nebenberufliches Studium gilt.