In Steuer-Tipps für ALLE

Inhalt

1 Allgemeines

2 Gesetzliche Erbfolge

3 Testamentarische Erbfolge

4 Testamentsform

5 Widerruf eines Testaments

6 Erbengemeinschaft

7 Testamentarische Anordnungen

7.1 Inhalte eines Testaments

7.2 Teilungsanordnung

7.3 Vermächtnis

8 Ausschlagung

8.1 Zivilrechtliche Konsequenzen

8.2 Erbschaftsteuerliche Konsequenzen

9 Pflichtteil

9.1 Allgemeines

9.2 Erbschaftsteuerliche Auswirkungen des Pflichtteils

1 Allgemeines

Mit dem Tod einer Person geht deren Vermögen als Ganzes auf eine oder auch mehrere Personen über (man spricht hier von Gesamtrechtsnachfolge). So schreibt es der § 1922 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vor. Hierbei kann Erbe nur derjenige werden, der zur Zeit des Erbfalls lebt.

Beispiel

Der verwitwete Thomas hat zwei Kinder, Claus und Sonja. Das dritte Kind Tanja ist schon verstorben. Thomas stirbt. Im Nachlass befindet sich seine Eigentumswohnung und ein Sparbuch, ferner besteht noch ein Darlehen, das Thomas zum Kauf der Eigentumswohnung aufgenommen hatte. Ein Testament wurde von Thomas nicht errichtet.

Lösung

Da kein Testament vorhanden ist, greift die gesetzliche Erbfolge. Es erben die Kinder Claus und Sonja. Auf diese gehen die Eigentumswohnung, das Sparbuch, aber auch das Darlehen über. Dagegen kann Tanja nichts erben, da sie schon verstorben ist.

Der Erbfall tritt mit dem Tod des Erblassers ein.

2 Gesetzliche Erbfolge

Zur gesetzlichen Erbfolge kommt es immer dann, wenn der Erblasser kein Testament errichtet hat. Aber auch dann, wenn ein Testament errichtet wurde, kann die gesetzliche Erbfolge eintreten, zum Beispiel wenn das Testament nicht formgerecht errichtet wurde (siehe Punkt 4).

Das Gesetz sieht bestimmte Ordnungen vor, in welche die Verwandten als Erben eingereiht werden. Besonders relevant sind hier die ersten drei Ordnungen.

Gesetzliche Erben erster Ordnung

In die erste Ordnung gehören die Abkömmlinge des Erblassers (Kinder, Enkel, Urenkel). Dabei erben Kinder zu gleichen Teilen.

Beispiel

Der Witwer Walter hat die Kinder Lothar, Michaela und Klaus. Das Kind Brigitte ist schon verstorben und hinterlässt ihre Tochter Luzie. Walter verstirbt. Der Nachlass hat einen Verkehrswert von 960.000 €.

Lösung

Gesetzliche Erben von Walter sind die Kinder Lothar, Michaela und Klaus und auch Enkelin Luzie. Die Erbquoten betragen ein Viertel, das heißt, jeder Erbe erhält einen Erbanteil von 240.000 €.

Gesetzliche Erben zweiter Ordnung

Gesetzliche Erben der zweiten Ordnung sind die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge. Leben zur Zeit des Erbfalls die Eltern, so erben sie allein und zu gleichen Teilen. Lebt zur Zeit des Erbfalls der Vater oder die Mutter nicht mehr, so erben an der Stelle des verstorbenen Elternteils dessen Abkömmlinge. Dies erfolgt nach der ersten Ordnung. Sind Abkömmlinge nicht vorhanden, so erbt der überlebende Elternteil allein.

Gesetzliche Erben dritter Ordnung

Gesetzliche Erben der dritten Ordnung sind die Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge.

Hinweis

Ein Verwandter ist nicht zur Erbfolge berufen, solange ein Verwandter einer vorhergehenden Ordnung vorhanden ist.

Beispiel

Der Witwer Peter hat die Kinder Marlene und Carola. Die Eltern von Peter leben noch.

Lösung

Gesetzliche Alleinerben von Peter sind die Kinder Marlene und Carola. Sie gehören der ersten Ordnung an. Die Eltern von Peter gehören in die zweite Ordnung und werden von ihren Kindern in der Erbfolge verdrängt.

Erbrecht des Ehegatten

Obwohl der Ehegatte kein Verwandter des Erblassers ist, ist er trotzdem gesetzlicher Erbe (siehe § 1931 BGB).

Das gesetzliche Erbrecht des überlebenden Ehegatten sieht wie folgt aus:

Er erbt neben Verwandten der ersten Ordnung ein Viertel, neben Verwandten der zweiten Ordnung oder neben Großeltern die Hälfte der Erbschaft.

Sind weder Verwandte der ersten oder der zweiten Ordnung noch Großeltern vorhanden, so erhält der überlebende Ehegatte die ganze Erbschaft.

Beispiel

Die Ehegatten Marcus und Michaela leben im Güterstand der Gütertrennung. Sie haben die Töchter Kim, Elsa und Hanne. Ein Testament wurde von den Ehegatten nicht errichtet. Marcus verstirbt. Der Nachlasswert beträgt 2.000.000 €.

Lösung

Es tritt die gesetzliche Erbfolge ein. Erben sind die Ehefrau Michaela und die drei Töchter Kim, Elsa und Hanne.

Die Erbanteile sind wie folgt:

Ehefrau Michaela: 1/4 = 500.000 €

Tochter Kim: 1/4 = 500.000 €

Tochter Elsa: 1/4 = 500.000 €

Tochter Hanne: 1/4 = 500.000 €

Haben die Ehegatten in der Zugewinngemeinschaft gelebt, dann erhöht sich der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehegatten um ein Viertel der Erbschaft.

Beispiel

Die Ehegatten Christa und Detlef leben im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Sie haben den Sohn Kristian. Ein Testament wurde von den Ehegatten nicht errichtet. Die Ehefrau Christa verstirbt. Der Nachlasswert beträgt 3 Mio. €.

Lösung

Es tritt die gesetzliche Erbfolge ein. Erben sind der Ehemann Detlef und der Sohn Kristian.

Die Erbanteile sind wie folgt:

Ehemann Detlef: 1/4 = 750.000 €

zuzüglich pauschaler Zugewinnausgleich: 1/4 = 750.000 €

Sohn Kristian: 1/2 = 1,5 Mio. €

Der Erbanteil von Detlef beträgt somit 1,5 Mio. €.

Aus erbschaftsteuerlicher Sicht ist zu beachten, dass der Fiskus – sofern kein wirksames Testament vorliegt – die gesetzliche Erbfolge zugrunde legt.

Hinweis

Die gesetzliche Erbfolge ist häufig nachteilig und wird nicht dem Willen des Erblasser entsprechen. Insbesondere kann es hierdurch zu einer höheren erbschaftsteuerlichen Belastung kommen, als wenn der Erblasser ein Testament errichtet hätte.

3 Testamentarische Erbfolge

Häufig wird der Erblasser nur einer bestimmten Person
sein Vermögen hinterlassen wollen. In diesem Fall kann er ein Testament errichten, in welchem er die Person als Erbe einsetzt.

Beispiel

Der verwitwete Ulrich hat seine Lieblingsnichte Nora zur Alleinerbin eingesetzt. Sein Sohn Johannes wurde damit enterbt.

Weitere Gründe, die unter anderem für die Errichtung eines Testaments sprechen, sind:

  • die Minimierung der Erbschaftsteuer,
  • es gibt ein behindertes Kind,
  • es soll die Entstehung einer Erbengemeinschaft verhindert werden,
  • zum Nachlass gehört ein Betrieb.

Hinweis

Die testamentarische Erbfolge hat Vorrang vor der gesetzlichen Erbfolge.

4 Testamentsform

Hinsichtlich der Testamentsform unterscheidet man insbesondere das eigenhändige Testament und das öffentliche Testament.

Eigenhändiges Testament

Hierbei errichtet der Erblasser ein Testament durch eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung.

Hinweis

Wird dabei die Erklärung beispielsweise mit dem Computer geschrieben, liegt kein wirksames Testament vor. In diesem Fall kommt die gesetzliche Erbfolge zum Zuge.

Öffentliches Testament

Ein öffentliches Testament erfolgt zur Niederschrift eines Notars.

Auch ein Minderjähriger kann ein Testament errichten, sofern er das 16. Lebensjahr vollendet hat.

5 Widerruf eines Testaments

Der Erblasser kann sein Testament auch widerrufen. Dabei erfolgt auch der Widerruf durch Testament. Ein Testament kann auch dadurch widerrufen werden, dass der Erblasser die Testamentsurkunde vernichtet.

Beispiel

Angela hat ein eigenhändiges Testament errichtet. In diesem hat sie ihre Nichte Tina zur Alleinerbin eingesetzt. Drei Jahre später hat sich Angela mit Tina zerstritten. Aus diesem Grund vernichtet sie das Testament. Ein neues Testament errichtet Angela nicht. Angela hat als einzigen Verwandten ihren Bruder Fritz.

Lösung

Mit der Vernichtung des Testaments wird dieses ungültig und somit auch die Erbeinsetzung von Nichte Tina. Da kein neues Testament errichtet wurde, ist die Folge, dass die gesetzliche Erbfolge eintritt und somit Bruder Fritz Alleinerbe wird.

Hinweis

Auch der Fiskus wird die gesetzliche Erbfolge der Besteuerung zugrunde legen.

6 Erbengemeinschaft

Sind mehrere Erben vorhanden, entsteht eine Erbengemeinschaft. Dabei steht die Verwaltung des Nachlasses den Erben gemeinschaftlich zu. Über einen Nachlassgegenstand können die Erben nur gemeinschaftlich verfügen (z.B. verkaufen).

Für jeden Miterben besteht die Möglichkeit, jederzeit die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft zu verlangen.

Beispiel

Die verwitwete Mutter Rita hat kein Testament errichtet. Rita verstirbt und hinterlässt die Kinder Mia und Luise. Der Steuerwert des Nachlasses beträgt 1.650.000 €.

Lösung

Mangels Testaments werden die Kinder Mia und Luise Alleinerben und bilden eine Erbengemeinschaft – und dies zu gleichen Erbanteilen.

Die Ermittlung der Bereicherung, des steuerpflichtigen Erwerbs sowie der Erbschaftsteuer ergibt sich sowohl für Mia als auch für Luisa wie folgt:

anteiliger Steuerwert Nachlass (1/2 von

1.650.000 €) 825.000 €

abzüglich 1/2 Beerdigungskostenpauschale − 5.150 €

abzüglich persönlicher Freibetrag − 400.000 €

abgerundeter steuerpflichtiger Erwerb 419.800 €

Erbschaftsteuer (15 % von 419.800 €) 62.970 €

Hinweis

War der Erblasser an einer Erbengemeinschaft (ungeteilter Nachlass) beteiligt, sind die auf ihn entfallenden Anteile an den Vermögensgegenständen und den Schulden der Erbengemeinschaft dem Fiskus anzugeben.

7 Testamentarische Anordnungen

7.1 Inhalt eines Testaments

Ein Testament kann unter anderem die folgenden Anordnungen beinhalten:

  • Einsetzung eines oder mehrerer Erben
  • Anordnung eines Vermächtnisses
  • Auflagen
  • Teilungsanordnungen
  • Vor- und Nacherbschaft
  • bestimmte Klauseln (z.B. Pflichtteilsklauseln)

Im Folgenden sollen die Teilungsanordnung und das Vermächtnis näher erläutert werden.

Hinweis

Mehr Informationen zur Vor- und Nacherbschaft finden Sie im Merkblatt „Berliner Testament“. Fragen Sie uns gerne danach.

7.2 Teilungsanordnung

Hat der Erblasser in seinem Testament Teilungsanordnungen festgelegt, dann hat er die einzelnen Erbquoten festgelegt und nimmt anschließend eine Verteilung des Nachlasses vor.

Aus steuerlicher Sicht gilt Folgendes

Teilungsanordnungen sind schuldrechtlich im Verhältnis der Miterben zueinander wirkende letztwillige Regelungen des Erblassers über die Zuweisung bestimmter Nachlassgegenstände im Rahmen der Erbauseinandersetzung. Sie sind dem Wert nach auf den jeweiligen Erbteil anzurechnen. Hierbei verändern oder verschieben sich nicht die Erbanteile.

Für die Ermittlung des Anteils des einzelnen Erben am Nachlass ist die Teilungsanordnung ohne Bedeutung. Daher ist der Steuerwert des Nachlasses den Erben auch bei Teilungsanordnungen nach Maßgabe der Erbanteile zuzurechnen.

Beispiel

Der Erblasser Erich setzt seine Kinder Anton und Berta zu gleichen Teilen als Erben ein. Der Nachlass besteht aus einem zu gewerblichen Zwecken vermieteten Grundstück mit einem Steuerwert von 800.000 € und aus Geldvermögen im Wert von 400.000 €. Erich bestimmt, dass Anton das Grundstück gegen Wertausgleichszahlung an Berta in Höhe von 200.000 € und Berta das Geldvermögen erhalten soll (Teilungsanordnung).

Lösung

Die Teilungsanordnung ist nicht zu berücksichtigen. Vielmehr sind bei Anton und Berta jeweils die Hälfte des Steuerwerts des Nachlasses, also je 600.000 €, anzusetzen.

Die Ermittlung der Bereicherung, des steuerpflichtigen Erwerbs sowie der Erbschaftsteuer ergibt sich sowohl für Anton als auch für Berta wie folgt:

anteiliger Steuerwert Nachlass (1/2 von
1.200.000 €) 600.000 €

abzüglich 1/2 Beerdigungskostenpauschale – 5.150 €

abzüglich persönlicher Freibetrag – 400.000 €

abgerundeter steuerpflichtiger Erwerb 194.800 €

Erbschaftsteuer (11 % von 194.800 €) 21.428 €

7.3 Vermächtnis

Will der Erblasser einer Person etwas zukommen lassen, ohne diese als Erben einzusetzen, kann er das im Wege des Vermächtnisses tun. Beispielsweise kann der Erblasser ein Grundstück oder einen Pkw einer Person zuwenden.

Beispiel

Der verwitwete Kuno hat ein Testament errichtet, in dem er die Tochter Cornelia zur Alleinerbin eingesetzt hat. Darüber hinaus hat er festgelegt, dass die Wertpapiere (Wert 35.000 €) sein Freund Conrad erhalten soll.

Lösung

Conrad ist kein Erbe geworden, vielmehr hat er ein Vermächtnis erhalten.

Aus erbschaftsteuerlicher Sicht hat die Anordnung eines Vermächtnis folgende Konsequenzen:

Für den Erben ist das Vermächtnis eine Nachlassverbindlichkeit, die er bei seinem Erwerb abziehen kann.

Beim Vermächtnisnehmer liegt ein Erwerb von Todes wegen vor.

Beispiel

Der verwitwete und kinderlose Norbert hat ein Testament errichtet, indem er die Cousine Lisa zur Alleinerbin eingesetzt hat. Darüber hinaus hat er festgelegt, dass ein Mietwohngrundstück (Steuerwert 425.000 €) sein Bruder Christian erhalten soll. Der Steuerwert des Nachlasses beträgt 1.220.000 €.

Lösung

Erbschaftsteuerliche Konsequenzen für Lisa

Lisas Erwerb als Alleinerbin unterliegt als Erbanfall der Erbschaftsbesteuerung. Hierbei mindert das Vermächtnis zugunsten von Christian die steuerliche Bereicherung von Lisa.

Die Ermittlung der Bereicherung, des steuerpflichtigen Erwerbs sowie der Erbschaftsteuer ergibt sich für sie wie folgt:

Vermögensanfall/Bereicherung 1.220.000 €

abzüglich Vermächtnislast − 425.000 €

abzüglich Beerdigungskostenpauschale − 10.300 €

abzüglich persönlicher Freibetrag − 20.000 €

steuerpflichtiger Erwerb 764.700 €

Erbschaftsteuer (30 % von 764.700 €) 229.410 €

Erbschaftsteuerliche Konsequenzen für Christian

Bruder Christian hat das Vermächtnis ebenfalls der Erbschaftsteuer zu unterwerfen.

Die Ermittlung der Bereicherung, des steuerpflichtigen Erwerbs sowie der Erbschaftsteuer ergibt sich für ihn wie folgt:

Vermächtnis/Bereicherung 425.000 €

abzüglich persönlicher Freibetrag − 20.000 €

steuerpflichtiger Erwerb 405.000 €

Erbschaftsteuer (25 % von 405.000 €) 101.250 €

Auch ein formunwirksames Vermächtnis kann vom Fiskus anerkannt werden, dies aber nur, wenn feststeht, dass – vom Formmangel abgesehen – eine Anordnung des Erblassers von Todes wegen vorliegt, und der Beschwerte der begünstigten Person das dieser zugedachte Vermögen überträgt, um dadurch den Willen des Erblassers zu vollziehen.

8 Ausschlagung

8.1 Zivilrechtliche Konsequenzen

Will der Erbe die Erbschaft nicht annehmen, hat er die Möglichkeit, diese auszuschlagen. Hierzu hat er eine Ausschlagungsfrist von sechs Wochen zu beachten. Befindet er sich im Ausland, verlängert sich die Frist auf sechs Monate. Dabei beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erbe von dem Anfall der Erbschaft Kenntnis erlangt hat.

Hat der Erbe die Erbschaft angenommen oder ist die Ausschlagungsfrist verstrichen, ist die Ausschlagung nicht mehr möglich. Eine Teilausschlagung ist nicht möglich. Der Erbe kann die Erbschaft nur ganz ausschlagen oder sie im Ganzen annehmen.

Verstirbt ein Erbe innerhalb der Ausschlagungsfrist, so kann dessen Erbe die Erbschaft ausschlagen. Grund für die Ausschlagung einer Erbschaft kann zum Beispiel die Überschuldung des Nachlasses sein.

Die Ausschlagung führt zu folgenden Konsequenzen:

  1. Wird die Erbschaft ausgeschlagen, so gilt der Anfall an den Ausschlagenden als nicht erfolgt.
  2. Die Erbschaft fällt nun demjenigen an, welcher berufen sein würde, wenn der Ausschlagende zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte. Hierbei gilt der Anfall als mit dem Erbfall erfolgt.

Hinweis

Die Ausschlagung muss durch Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht vorgenommen werden.

Beispiel

Der ledige und kinderlose Karl hat kein Testament hinterlassen. Gesetzlicher Erbe ist sein Bruder Bertram. Als weitere Verwandte gibt es nur noch die Cousine Carina. Bertram möchte die Erbschaft nicht und schlägt sie daher aus. Karl verstirbt.

Lösung

Mit dem Tod von Karl fällt die Erbschaft – aufgrund der gesetzlichen Erbfolge – dem Bruder Bertram an. Da dieser aber ausschlägt, wird die Cousine Carina – ebenfalls aufgrund der gesetzlichen Erbfolge – Alleinerbin.

8.2 Erbschaftsteuerliche Konsequenzen

Schlägt der Erbe die ihm angefallene Erbschaft aus, dann entfällt bei ihm die Erbschaftsteuerpflicht rückwirkend.

Ist zwischenzeitlich ein Erbschaftsteuerbescheid ergangen, so ist dieser wieder aufzuheben. Dadurch wird es zur Rückerstattung der Erbschaftsteuer kommen. Der Erbschaftsteuer unterliegt nun der Erwerber, dem die Erbschaft aufgrund der Ausschlagung anfällt.

Beispiel

Die Großmutter Maria hat kein Testament hinterlassen. Maria verstirbt. Gesetzlicher Erbe ist ihr Enkel Rolf, dessen Eltern schon vorverstorben sind. Als weitere Verwandte der Großmutter gibt es nur noch die Nichte (im Verhältnis zur Großmutter) Lena. Rolf möchte die Erbschaft nicht und schlägt sie innerhalb der Sechswochenfrist aus.

Der Steuerwert des Nachlasses beträgt 590.000 €. Steuerlich begünstigtes Vermögen ist nicht vorhanden.

Lösung

Erbanfall an Enkel Rolf

Enkel Rolf ist zunächst gesetzlicher Alleinerbe und muss die Erbschaft der Erbschaftsteuer unterwerfen. Da die Eltern von Rolf verstorben sind, erhält er einen persönlichen Freibetrag von 400.000 € (und nicht nur den Enkelfreibetrag von 200.000 €).

Die Ermittlung der Bereicherung, des steuerpflichtigen Erwerbs sowie der Erbschaftsteuer ergibt sich wie folgt:

Vermögensanfall/Bereicherung (Steuerwert) 590.000 €

abzüglich Beerdigungskostenpauschale − 10.300 €

abzüglich persönlicher Freibetrag − 400.000 €

steuerpflichtiger Erwerb 179.700 €

Erbschaftsteuer (11 % von 179.700 €) 19.767 €

Aufgrund der Ausschlagung ändert sich die Steuerfestsetzung, das heißt, diese ist für Rolf, sofern sie schon festgesetzt wurde, wieder aufzuheben.

Erbanfall an Nichte Lena

Aufgrund der Ausschlagung wird nun die Nichte Lena Alleinerbin und hat die Erbschaft zu versteuern.

Die Ermittlung der Bereicherung, des steuerpflichtigen Erwerbs sowie der Erbschaftsteuer ergibt sich wie folgt:

Vermögensanfall/Bereicherung (Steuerwert) 590.000 €

abzüglich Beerdigungskostenpauschale − 10.300 €

abzüglich persönlicher Freibetrag − 20.000 €

steuerpflichtiger Erwerb 559.700 €

Erbschaftsteuer (25 % von 559.700 €) 139.925 €

Aus erbschaftsteuerlicher Sicht kann eine Ausschlagung auch als Mittel zur Minimierung der Erbschaftsteuer genutzt werden. Hierdurch kann eine günstigere Steuerklasse erreicht werden.

Nach der Ausschlagung greifen weitere Freibeträge, oder es greift sogar ein niedrigerer Steuersatz.

Hinweis

Das Recht auf Ausschlagung gilt auch für den Vermächtnisnehmer.

9 Pflichtteil

9.1 Allgemeines

Ein Erblasser kann einen Verwandten, den Ehegatten oder den Lebenspartner auch enterben. Dies kann er machen, indem er dies im Testament vermerkt. Er kann aber auch nur bestimmte Personen als Erben bestimmen, wodurch eine der oben genannten Personen enterbt ist.

Beispiel

Die verwitwete Erblasserin Mandy hat die Kinder Lennox und Elsa. Da Lennox sich nicht nach den Vorstellungen von Mandy entwickelt, will sie, dass er nicht Erbe wird. Aus diesem Grund errichtet sie ein Testament, in dem sie bestimmt, dass ihre Alleinerbin Elsa sein soll.

Lösung

Mit der Erbeinsetzung von Elsa hat Mandy ihren Sohn Lennox enterbt.

Für einen bestimmten Personenkreis ist jedoch vorgesehen, dass dieser in Form des Pflichtteils zumindest teilweise einen Anteil am Nachlass erhält.

Zu diesem Personenkreis gehören die Abkömmlinge (Kinder, Enkelkinder), der Ehegatte bzw. eingetragene Lebenspartner und die Eltern.

Hinweis

Der Pflichtteilsanspruch gilt allerdings nicht für Geschwister.

Der Pflichtteil besteht in der Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Hierbei hängt die Höhe des Pflichtteils zum einen von der Höhe des gesetzlichen Erbteils ab und zum anderen von der Höhe des Nachlasswerts.

Der Pflichtteil entsteht mit dem Erbfall, und er ist vererblich und übertragbar.

9.2 Erbschaftsteuerliche Auswirkungen des Pflichtteils

Der Pflichtteil hat Auswirkungen auf die pflichtteilsverpflichtete Person (in der Regel der Erbe) und den Pflichtteilsberechtigten.

Pflichtteilsberechtigte Person

Der Pflichtteilsanspruch stellt einen Erwerb von Todes wegen dar und unterliegt somit der Erbschaftsteuer.

Hier gilt es aber zu beachten, dass es zu einer Besteuerung erst mit der Geltendmachung des Pflichtteils seitens des Pflichtteilsberechtigten kommt. Dem bloßen Entstehen des Pflichtteilsanspruchs mit dem Erbfall kommt erbschaftsteuerrechtlich noch keine Bedeutung zu.

Hinweis

Die „Geltendmachung“ des Pflichtteilsanspruchs besteht in dem ernstlichen Verlangen auf Erfüllung des Anspruchs gegenüber dem Erben. Der Berechtigte muss seinen Entschluss, die Erfüllung des Anspruchs zu verlangen, in geeigneter Weise bekunden.

Pflichtteilsverpflichtete Person

Für die pflichtteilsverpflichtete Person stellt der Pflichtteilsanspruch eine abziehbare Nachlassverbindlichkeit dar.

Hierbei kann der Verpflichtete die Verbindlichkeit erst abziehen, wenn der Erbe den Pflichtteilsanspruch geltend macht.

Beispiel

Der verwitwete Erblasser Hans hat die Kinder Michael und Margot. Da Margot sich nicht nach den Vorstellungen von Erblasser Hans entwickelt, will er, dass Margot keine Erbin wird. Aus diesem Grunde errichtet Hans ein Testament, in dem er bestimmt, dass Sohn Michael Alleinerbe sein soll. Hans verstirbt. Margot macht ihren Pflichtteilsanspruch nicht geltend. Der Steuerwert des Nachlasses beträgt 3.470.000 €.

Lösung

Mit der Erbeinsetzung von Michael hat Hans seine Tochter Margot enterbt. Macht die Tochter den Pflichtteil nicht geltend, sieht die Besteuerung wie folgt aus:

Besteuerung von Sohn Michael

Michael ist Alleinerbe und hat die Erbschaft dementsprechend der Erbschaftsteuer zu unterwerfen.

Die Ermittlung der Bereicherung, des steuerpflichtigen Erwerbs sowie der Erbschaftsteuer ergibt sich wie folgt:

Steuerwert Nachlass 3.470.000 €

abzüglich Beerdigungskostenpauschale − 10.300 €

abzüglich persönlicher Freibetrag − 400.000 €

abgerundeter steuerpflichtiger Erwerb 3.059.700 €

Erbschaftsteuer (19 % von 3.059.700 €) 581.343 €

Besteuerung von Tochter Margot

Da Margot ihren Pflichtteilsanspruch nicht geltend macht, kommt es bei ihr zu keiner Besteuerung.

Abwandlung des obigen Beispiels

Zwei Monate nach dem Erbfall macht Margot ihren Pflichtteilsanspruch geltend. Dieser beläuft sich auf 950.000 €.

Besteuerung von Sohn Michael

Michael ist Alleinerbe und hat die Erbschaft dementsprechend der Erbschaftsteuer zu unterwerfen. Die Pflichtteilsverbindlichkeit kann er als Nachlassverbindlichkeit abziehen.

Die Ermittlung der Bereicherung, des steuerpflichtigen Erwerbs sowie der Erbschaftsteuer ergibt sich wie folgt:

Steuerwert Nachlass 3.470.000 €

abzüglich Pflichtteilsverbindlichkeit − 950.000 €

abzüglich Beerdigungskostenpauschale − 10.300 €

abzüglich persönlicher Freibetrag − 400.000 €

abgerundeter steuerpflichtiger Erwerb 2.109.700 €

Erbschaftsteuer (19 % von 2.109.700 €) 400.843 €

Besteuerung von Tochter Margot

Mit der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs hat Margot diesen der Erbschaftsteuer zu unterwerfen.

Die Ermittlung der Bereicherung, des steuerpflichtigen Erwerbs sowie der Erbschaftsteuer ergibt sich wie folgt:

Pflichtteilsanspruch 950.000 €

abzüglich persönlicher Freibetrag − 400.000 €

abgerundeter steuerpflichtiger Erwerb 550.000 €

Erbschaftsteuer (15 % von 550.000 €) 82.500 €

Wir stehen Ihnen gerne für weitere Fragen zur Verfügung.

Rechtsstand: Oktober 2024

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