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Zerlegungsmaßstab ist bei Betriebsstätten in mehreren Gemeinden grundsätzlich das Verhältnis der Arbeitslohnsumme aller Betriebsstätten zu den gezahlten Arbeitslöhnen der Betriebsstätte in der Gemeinde. Insoweit sollen die der Gemeinde entstehenden Lasten ausgeglichen werden. Dies geht jedoch fehl, sobald in einer Betriebsstätte keine Mitarbeiter dauerhaft tätig sind, der Gemeinde aber dennoch Lasten entstehen wie bei Windkraft- und Solaranlagen. § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG sieht daher für Gewerbebetriebe, die ausschließlich Windkraft- und Solaranlagen betreiben, seit 31.7.2014 folgende Aufteilungsmaßstäbe vor: Das Verhältnis der Löhne geht nur zu 10 % in die Zerlegung ein. Die übrigen 90 % bemessen sich nach dem Verhältnis der installierten Leistung der Anlagen. Bis zu der gesetzlichen Regelung schied ein anderer Zerlegungsmaßstab wegen möglicher negativer Auswirkungen auf das Landschaftsbild, Grundstückswerte und den Tourismus aus.

Der BFH nimmt nunmehr in drei Urteilen zu der Frage Stellung, wie die Gewerbesteuer auf mehrere Gemeinden in Fällen einer sog. mehrgemeindlichen Betriebsstätte zu verteilen ist.

Sachverhalte

Damit sind Fälle betroffen, in denen mehrere Betriebsstätten in den Gebieten unterschiedlicher Gemeinden liegen und eine einheitliche Betriebsstätte bilden. Denkbar ist auch, dass eine einzige Betriebsstätte sich auf die Gebiete mehrerer Gemeinden erstreckt. In diesen Konstellationen sieht das Gesetz eine sog. zweistufige Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags vor. Die Kriterien für die erste Zerlegungsstufe sind dem Gesetzeswortlaut eindeutig zu entnehmen. Für den zweiten Zerlegungsschritt existieren dagegen keine konkreten Maßgaben hinsichtlich der zu berücksichtigenden Zerlegungsfaktoren.

Entscheidungen

Diese Unklarheit beseitigt der BFH mit den aktuellen Urteilen und erläutert, ob die Auswahl der Faktoren der Eigenart der mehrgemeindlichen Betriebsstätte und den Interessen der beteiligten Gemeinden in typisierter Form Rechnung tragen müssen.

Hat ein Gewerbebetrieb mehrere Betriebsstätten in verschiedenen Gemeinden und befindet sich darunter auch eine mehrgemeindliche Betriebsstätte, ist eine zweistufige Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags vorzunehmen. Das Besprechungsurteil hat die Auslegung des Zerlegungsmaßstabs des § 30 GewStG zum Gegenstand. Danach erfolgt die Zerlegung nach „der Lage der örtlichen Verhältnisse unter Berücksichtigung der durch das Vorhandensein der Betriebsstätte erwachsenden Gemeindelasten“. Nach Auffassung des BFH sind diese aber nicht grundsätzlich einzelfallbezogen, sondern typisiert zu ermitteln.

Erläuterungen

Eine mehrgemeindliche Betriebsstätte liegt vor, wenn mehrere feste Anlagen oder Geschäftseinrichtungen oder Teile von ihnen, die zur Ausübung des Gewerbes unterhalten werden, in den Gebieten mehrerer Gemeinden liegen und eine einzige – und damit eine mehrgemeindliche – Betriebsstätte bilden. Hierfür muss ein räumlicher und betrieblicher Zusammenhang zwischen den festen Anlagen bestehen, der zur Annahme einer einheitlichen Betriebsstätte führt. Durch die o. g. Urteile hat der BFH für eine mehrgemeindliche Betriebsstätte entschieden, dass die Abgabemenge ein Zerlegungskriterium sein kann, durch das die sachlichen Lasten der Gemeinden aus der mehrgemeindlichen Betriebsstätte angemessen berücksichtigt werden. Nach der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise ist es nicht verfehlt, eine höhere Belastung der Gemeinde anzunehmen, wenn die Abgabemenge von Gas auf dem Gemeindegebiet höher ausfällt. Im Streitfall ging es um Betriebsstätten, die aus einem Erdgasleitungsnetz mit den angeschlossenen Verdichter- und Abgabestationen sowie der Steuerungswarte bestehen.

Kommunen sollten die Zerlegungsmaßstäbe, die von der Finanzverwaltung angewendet werden, infrage stellen, wenn die genannten Maßstäbe nicht beachtet werden.

Im Rahmen des JStG 2024 soll ein abweichender Aufteilungsmaßstab für Betreiber von Windkraft- und Solaranlagen analog auch für Betreiber von Energiespeicheranlagen eingefügt werden (§ 29 Abs. 1 Nr. 3 GewStG-E).

fundstellen

  • BFH 14.12.23, IV R 2/21, iww.de/astw, Abruf-Nr. 241188

  • BFH 15.4.24.12.24, IV R 22/21, Abruf-Nr. 243128

  • BFH 15.4.24, IV R 21/22, Abruf-Nr. 243795