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Immer häufiger mieten Arbeitgeber Räumlichkeiten an, an denen Arbeitnehmer tätig werden können. Die Vorteile liegen auf der Hand: Arbeitgeber erreichen damit Bewerber, die weit vom Betriebssitz entfernt wohnen und so im näher gelegenen Co-Working-Space tätig werden können. Arbeitet ein Arbeitnehmer in einem solchen Co-Working-Space, stellen sich steuerlich verschiedenste Fragen. Nachfolgend haben wir einige steuerliche Überlegungen rund um die Arbeit im Co-Working-Space zusammengetragen.

Definition Co-Working-Space

Mit Co-Working-Space sind angemietete Räumlichkeiten gemeint, in denen Arbeitnehmer sporadisch tätig werden können. Der Arbeitgeber kann die Räumlichkeiten direkt anmieten oder er mietet zeitliche Kontingente an Räumlichkeiten an, die er bei Bedarf abrufen kann.

Co-Working-Space als erste Tätigkeitsstätte?

Die wohl wichtigste steuerliche Frage bei der Arbeit im Co-Working-Space, ist wohl die Frage, ob ein Arbeitnehmer dort eine erste Tätigkeitsstätte hat oder ob er sich steuerlich im Rahmen einer beruflichen Auswärtstätigkeit befindet. Antwort: Es kommt darauf an.

Erste Tätigkeitsstätte: Für das Vorliegen einer ersten Tätigkeitsstätte spricht, dass der Arbeitgeber arbeitsrechtlich festlegt, dass der außerhalb des Betriebssitzes zur Verfügung gestellte Co-Working-Space als erste Tätigkeitsstätte des Mitarbeiters zu qualifizieren ist (§ 9 Abs. 4 Satz 1 EStG). Eine dauerhafte Zuordnung ergibt sich auch, wenn der Arbeitnehmer entweder unbefristet für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von mehr als 48 Monaten im Co-Working-Space tätig werden soll (§ 9 Abs. 4 Satz 3 EStG).

Liegen die Voraussetzungen für eine erste Tätigkeitsstätte im Co-Working-Space vor, gilt steuerlich Folgendes:

1. Für die Fahrten zwischen Wohnung und dem Co-Working-Space darf nur die Entfernungspauschale als Werbungskosten geltend gemacht werden.

2. Für Fahrten zwischen Wohnung und dem eigentlichen Betriebssitz (wenn neben dem Co-Working-Space vorhanden) gelten die Dienstreisegrundsätze.

3. Eine Verpflegungspauschale kann während der Tätigkeit im Co-Working-Space nicht als Werbungskosten abgezogen werden und eine steuerfreie Zahlung der Verpflegungspauschale durch den Arbeitgeber scheidet aus.

Praxistipp

In der Regel dürfte der Co-Working-Space als erste Tätigkeitsstätte jedoch mangels arbeitsrechtlicher Zuordnung durch den Arbeitgeber ausscheiden. Denn fehlt die generelle arbeitsrechtliche Zuordnung, liegt am Co-Working-Space nur dann eine erste Tätigkeitsstätte vor, wenn diese Räumlichkeiten typischerweise arbeitstäglich oder je Woche an zwei vollen Arbeitstagen oder mindestens zu einem Drittel der vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit genutzt werden müssen (§ 9 Abs. 4 Satz 4 EStG).

Berufliche Auswärtstätigkeit

Wird ein Arbeitnehmer in dem Co-Working-Space nur sporadisch tätig, ist aber im Übrigen bei Kunden oder im Homeoffice beschäftigt und die genannten Voraussetzungen für das Vorliegen einer ersten Tätigkeitsstätte liegen nicht vor, profitiert er steuerlich von den Dienstreisegrundsätzen.

Ist am Ort des Co-Working-Spaces eine erste Tätigkeitsstätte zu verneinen und eine berufliche Auswärtstätigkeit zu bejahen, gilt steuerlich Folgendes:

  • Für Fahrten zwischen Wohnung und dem Co-Working-Space können die tatsächlichen Fahrkosten oder bei Fahrten mit dem privaten Pkw die Dienstreisepauschale von 0,30 EUR je gefahrenen Kilometer als Werbungskosten geltend gemacht werden.

  • Es kann für die Zeit des Tätigwerdens im Co-Working-Space eine Verpflegungspauschale von 14 EUR pro Tag als Werbungskosten abgezogen werden, wenn die Abwesenheit von der Wohnung acht Stunden überschreitet.

  • Wird der Arbeitnehmer an mehr als drei Tagen in der Woche im Co-Working-Space tätig, kann die Verpflegungspauschale nur für die ersten drei Monate beansprucht werden.

Besonderheiten

Hat ein Arbeitnehmer am Co-Working-Space keine erste Tätigkeitsstätte, kann der Arbeitgeber die Aufwendungen für Fahrten und in Höhe der Verpflegungspauschale alternativ steuerfrei an den Arbeitnehmer zahlen. Greift die Regelung, dass es die Verpflegungspauschale nur für drei Monate gibt, kann eine erneute Drei-Monatsfrist in Gang gesetzt werden, wenn der Beschäftigte den Co-Working-Space für mindestens vier Wochen nicht besucht hat (§ 9 Abs. 4a Satz 7 EStG).

Gewerbesteuer

Eine weitere Frage ist, ob der Co-Working-Space eine Betriebsstätte i. S. d. Gewerbesteuerrechts darstellen kann. Damit könnte die Gemeinde, in dessen Bezirk sich der Co-Working-Space befindet, gewerbesteuerlich hebeberechtigt sein. Dies macht eine Gewerbesteuer-Zerlegung notwendig.

Stehende Gewerbebetriebe unterliegen in der Gemeinde der Gewerbesteuer, in deren Gemeinde eine Betriebsstätte unterhalten wird (§ 4 Abs. 1 Satz 1 GewStG). Ob eine Betriebsstätte vorliegt, richtet sich nach den Kriterien des § 12 Satz 1 AO. Danach setzt eine Betriebsstätte voraus, dass eine Geschäftseinrichtung,

  • örtlich verwurzelt und zeitgleich verfestigt ist,

  • der Unternehmenstätigkeit dient und

  • über die eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht besteht.

Mehr dazu im BFH-Urteil vom 5.11.2014 (IV R 30/11) und im Anwendungserlass zu § 12 AO.

Beachten Sie | Da es eine Vielzahl verschiedener Formen des Co-Working-Space gibt, kann nicht pauschal beantwortet werden, ob ein Co-Working-Space eine Betriebsstätte im gewerbesteuerlichen Sinn darstellt oder nicht. Die jeweiligen tatsächlichen Gegebenheiten sind mit den gesetzlichen Definitionen zur Betriebsstätte nach § 12 AO zu vergleichen.

Typische Formen des Co-Working-Space bezogen auf Betriebsstätteneigenschaft

Wird der Co-Working-Space vom Arbeitgeber nur kurzfristig für bestimmte Besprechungen angemietet, liegt keine Betriebsstätte nach § 12 AO vor, weil die Unternehmenstätigkeit in diesen Räumlichkeiten nicht auf Dauer angelegt ist.

Eine Betriebsstätte läge nur bei einer Dauer von mindestens sechs Monaten vor (siehe u. a. BFH 28.6.06, I R 92/05 und FG Baden-Württemberg, 19.12.08, 3 K 589/19).

Wird dagegen ein Co-Working-Space zeitlich unbegrenzt angemietet und man mietet hier nur eine Option auf einen der vorhandenen Schreibtische an, ist es fraglich, ob hierdurch eine Betriebsstätte entstehen kann.

Strittig ist hier das Vorliegen einer nicht nur vorübergehenden Verfügungsmacht. Davon ist auszugehen, wenn der Mieter eines Co-Working-Space eine bestimmte Rechtsposition innehat, die ihm nicht ohne Weiteres entzogen werden kann oder die ohne seine Mitwirkung nicht ohne Weiteres verändert werden kann (u. a. BFH 3.2.93, I R 80-81/91).

Stehen den Mietern Rollcontainer zur Verfügung, in denen sie ihre Arbeitsutensilien verstauen und bis zum nächsten Besuch im Co-Working-Space verschließen können, dürfte nach neuester BFH-Rechtsprechung wohl eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht vorliegen, selbst wenn die Räumlichkeiten durch zahlreiche Firmen genutzt werden (BFH 7.6.23, I R 47/20).

Betriebsstätte nach Doppelbesteuerungsabkommen

Die dritte Frage, die sich bei einem angemieteten Co-Working-Space aufdrängt, ist die Frage, ob die Räumlichkeiten eine Betriebsstätte i. S. d. Doppelbesteuerungsabkommens darstellen können. Diese Frage stellt sich vor allem, wenn eine im Ausland ansässige Gesellschaft für Arbeitnehmer in Deutschland ein Co-Working-Space anmietet. Durch die Anmietung könnte eine beschränkte Steuerpflicht in Deutschland ausgelöst werden (sog. Inboundfall).

Die Frage stellt sich natürlich auch bei der Konstellation, wenn ein im Inland ansässiges Unternehmen im Ausland einen Co-Working-Space anmietet (Outboundfall).

Hier greifen bis auf wenige Ausnahmen die vorgestellten Grundsätze zur gewerbesteuerlichen Betriebsstätte. Die Definition einer Betriebsstätte nach einem Doppelbesteuerungsabkommen finden sich in Artikel 5 des Muster-Doppelbesteuerungsabkommens.