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Die Art und Weise, in der der Steuerpflichtige seine Aufzeichnungen geführt hat, ist eine Tatsache i. S. d. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO. Dies gilt im Fall der EÜR nicht nur für Aufzeichnungen über den Wareneingang gemäß § 143 AO, sondern ebenso für sonstige Aufzeichnungen und die übrige Belegsammlung.

Sachverhalt

Der Steuerpflichtige war als Einzelhändler tätig und ermittelte seinen Gewinn im Wege der EÜR (§ 4 Abs. 3 EStG). Das FA veranlagte ihn zunächst erklärungsgemäß und ohne Vorbehalt der Nachprüfung. Eine spätere Außenprüfung beanstandete die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen als formell mangelhaft und führte zu einer Hinzuschätzung. Eine Verkürzung der Einnahmen stellte die Außenprüfung nicht fest.

Das FA änderte daraufhin die bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide der Streitjahre. Dies sei auch verfahrensrechtlich zulässig, da im Rahmen der Außenprüfung nachträglich steuererhöhende Tatsachen bekannt geworden seien (§ 173 Abs. 1 Nr. 1 AO).

Entscheidung

Dem folgte der BFH im Grundsatz. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO lässt eine Änderung bestandskräftiger Steuerbescheide nicht nur dann zu, wenn sicher feststeht, dass der Steuerpflichtige Betriebseinnahmen nicht aufgezeichnet hat. Auch die Art und Weise, wie der Steuerpflichtige seine Aufzeichnungen geführt hat, ist eine Tatsache i. S. d. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO. Dies gilt für Aufzeichnungen über den Wareneingang (§ 143 AO) ebenso wie für sonstige Aufzeichnungen oder die übrige Belegsammlung eines Steuerpflichtigen, der seinen Gewinn durch EÜR ermittelt, auch wenn § 4 Abs. 3 EStG keine Verpflichtung zur förmlichen Aufzeichnung der Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben vorsieht.

Beachten Sie | Darüber, ob im Streitfall eine Änderung der bestandskräftigen Steuerbescheide gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO zulässig war, konnte der BFH im Streitfall – mangels hinreichender Feststellungen des FG zur Rechtserheblichkeit – nicht abschließend entscheiden. Die Tatsache, ob und wie der Steuerpflichtige seine Bareinnahmen aufgezeichnet hat, ist rechtserheblich, wenn das FA bei deren vollständiger Kenntnis bereits im Zeitpunkt der Veranlagung zur Schätzung befugt gewesen wäre und deswegen eine höhere Steuer festgesetzt hätte. Da eine Schätzungsbefugnis des FA in bestimmten Fällen auch bei (lediglich) formellen Mängeln der Aufzeichnungen über Bareinnahmen besteht, muss das FG im zweiten Rechtsgang prüfen, ob die Unterlagen des Steuerpflichtigen Mängel aufwiesen, die zur Hinzuschätzung von Betriebseinnahmen führen.

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