Bei der steuerlichen Behandlung von Influencern schien bisher eigentlich schon alles geregelt und geklärt. Doch aktuell tauchen neue steuerliche Fragen auf, speziell, wann der kommerzialisierbare Teil des Namensrechts des Influencers entsteht und ob es beim Wegzug ins Ausland im Rahmen der Aufgabe des Betriebs zu einer Besteuerung der stillen Reserven des Namensrechts kommen kann. Hier die wichtigsten Infos zu diesem brisanten Thema.
Grundsätze zum kommerzialisierbaren Teil des Namensrechts
Ausgangspunkt für die steuerlichen Chancen und Risiken bezogen auf das Namensrecht eines Influencers ist ein Urteil des BFH vom 12.6.2019 (X R 20/17). Die Richter des BFH vertraten hier Folgendes:
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Der kommerzialisierbare Teil des Namensrechts eines Influencers ist steuerlich als immaterielles Wirtschaftsgut einzustufen.
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Der kommerzialisierbare Teil des Namensrechts des Influencers ist einlagefähig.
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Wird der kommerzialisierbare Teil des Namensrechts in das Einzelunternehmen des Influencers eingelegt, kann dieses Wirtschaftsgut gewinnmindernd abgeschrieben werden.
Von diesen Urteilsgrundsätzen, die steuerlich sowohl Vor- als auch Nachteile beinhalten, sind übrigens nicht nur Influencer betroffen, sondern alle Prominenten und vor allem Profisportler, die in sozialen Netzwerken aktiv sind und aufgrund ihrer Popularität Einnahmen erzielen.
Voraussetzung für die Einlage des Namensrechts
In der Praxis bietet das Urteil des BFH vom 12.6.2019 steuerlich die Möglichkeit, in ein gegründetes Einzelunternehmen des Influencers das Wirtschaftsgut „Namensrecht“ einzulegen und abzuschreiben. Das dürfte aufgrund eines rechtskräftigen Urteils des FG Baden-Württemberg jetzt jedoch schwierig werden.
Auffassung des FG Baden-Württemberg (13.10.23, 5 K 2508/22)
In dem Urteilsfall war eine Influencerin in den Jahren 2014 bis 2017 auf Instagram aktiv und konnte in dieser Zeit 254.550 Follower gewinnen. Im Jahr 2018 meldete sie einen Gewerbebetrieb an, schloss Lizenzverträge ab und erzielte 2018 erstmals Einkünfte aus ihrer Tätigkeit als Influencerin.
Der Steuerberater ermittelte für den kommerzialisierbaren Teil des Namensrechts einen Wert von rund 1,5 Mio. EUR, beantragte die Einlage des Namensrechts in das 2018 gegründete Einzelunternehmen und machte eine Abschreibung steuerlich geltend.
Das Finanzgericht Baden-Württemberg lehnte die Einlage ab und stellte klar, dass im Privatvermögen noch kein Wirtschaftsgut entstanden sei. Das Wirtschaftsgut „Namensrecht“ könne frühestens mit dem Abschluss entsprechender (Lizenz)Verträge entstehen. Und da das Wirtschaftsgut Namensrecht somit frühestens im Jahr 2018 mit Aufnahme der gewerblichen Tätigkeit als Influencerin entstanden sei, greife das Aktivierungsverbot für originär geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter nach § 5 Abs. 2 EStG.
Praxistipp
Nach dem Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg scheint es also unmöglich zu sein, ein immaterielles Wirtschaftsgut Namensrecht aufgrund der gewonnenen Follower in ein Einzelunternehmen einzulegen. Denn erst und sobald Lizenzverträge oder vergleichbare Verträge abgeschlossen werden, aus denen erstmals Einnahmen erzielt werden, wird die gewerbliche Tätigkeit aufgenommen. In vergleichbaren Fällen empfiehlt sich hier erneut der Klageweg, um ein aussagekräftiges Urteil in einem Verfahren beim BFH zu erhalten.
Einlage des Namensrechts bei Zuzug nach Deutschland
In der Praxis tauchen nun immer häufiger Fälle auf, bei denen im Ausland ansässige Influencer ihren Wohnsitz nach Deutschland verlegen und bei der zuständigen Gemeinde in Deutschland und beim zuständigen Finanzamt in Deutschland einen Gewerbebetrieb anmelden. Im zweiten Schritt beantragen sie die Einlage des kommerzialisierbaren Teils des Namensrechts und daraus korrespondierend Abschreibungsbeträge.
Hier sind folgende Überlegungen anzustellen:
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Erkennt das Finanzamt die Einlage im Rahmen des Zuzugs nach § 4 Abs. 1 Satz 8 Halbsatz 2 EStG an, würde sich der Einlagewert an dem Wegzugswert, maximal am gemeinen Wert orientieren (§ 6 Abs. 1 Nr. 5b EStG).
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Zuziehende Influencer müssten dem Finanzamt Nachweise vorlegen, dass sie bereits im Ausland Einkünfte als Influencer erzielt haben und der kommerzialisierbare Teil des Namensrechts also schon vor dem Zuzug vorhanden war. Nachweise wären Steuerbescheide der ausländischen Behörde.
Auch in diesen Fällen werden die deutschen Finanzämter die strenge FG-Rechtsprechung des Finanzgerichts Baden-Württemberg anwenden und nur dann der Einlage zustimmen, wenn bereits im Ausland aus der Tätigkeit als Influencer nachweislich Einnahmen erzielt wurden. Völlig unklar ist hier, ob es als Nachweis für die Erzielung von Einnahmen mit seinem Bekanntheitsgrad (gemessen an der Anzahl der Follower) ausreicht, wenn Unternehmer dem Influencer zu Werbezwecken Produkte unentgeltlich überlassen. Das dürfte ein weiterer Fall für ein Gericht werden.
Fingierte Betriebsaufgabe bei Wegzug aus Deutschland
Der nächste Streitpunkt bei Influencern ist der Wegzug aus Deutschland. Viele Influencer geben derzeit ihren Wohnsitz in Deutschland auf und verlegen ihren Lebensmittelpunkt nach Dubai. Wurden aus der Tätigkeit noch keine gewerblichen Einkünfte erzielt, ist dieser Wegzug steuerlich nicht relevant.
Hat ein Influencer in Deutschland aber bereits einen Gewerbebetrieb angemeldet und Einnahmen aus seiner Tätigkeit als Influencer erzielt, wird der Wegzug ins Ausland für das Finanzamt interessant. Denn in diesem Fall kommt es zu einer fingierten Betriebsaufgabe nach § 16 Abs. 3 Satz 7 EStG in Verbindung mit § 16 Abs. 3a Halbsatz 1 EStG. Dabei sind die stillen Reserven für das originär geschaffene immaterielle Wirtschaftsgut „Namensrecht“ aufzudecken und zu versteuern.
Strittig dürfe in diesem Fall vor allem die Bewertung des originär geschaffenen immateriellen Wirtschaftsguts „Namensrecht“ werden.
Bewertung des immateriellen Wirtschaftsguts „Namensrecht“
Kommt es zu einer Einlage eines immateriellen Wirtschaftsguts „Namensrecht“ oder spielt das Namensrecht bei der fingierten Betriebsaufgabe eine Rolle, stellt sich die Frage nach der Bewertung. In vielen Finanzämtern setzt man hier auf betriebswirtschaftliche Bewertungsverfahren (z. B. nach IDW S 5).
Ermittelt das Finanzamt im Wegzug einen vermeintlich zu hohen Wert für das immaterielle Wirtschaftsgut Namensrecht, kann die Bewertung auch im Rahmen des vereinfachten Ertragswertverfahrens vorgenommen werden. Nach § 199 Abs. 2 BewG kann das vereinfachte Ertragswertverfahren nach § 200 BewG angewendet werden, wenn dieses nicht zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt.
Es bleibt abzuwarten, wie sich die Finanzverwaltung und später wohl die Gerichte zur Frage der Bewertung des immateriellen Wirtschaftsguts positionieren werden.
Abschreibungsdauer für ein Namensrecht
Völlig ungeklärt ist, welche Nutzungsdauer ein immaterielles Wirtschaftsgut „Namensrecht“ haben wird. In der Praxis dürfen Steuerberater und Mandanten eine Nutzungsdauer von 5 Jahren ansetzen, wenn das Finanzamt grünes Licht für eine Einlage geben sollte. In den Finanzämtern wird eine Nutzungsdauer, vergleichbar mit einem Firmenwert, von 15 Jahren angenommen (§ 7 Abs. 1 Satz 3 EStG). Ein Wert dazwischen wird wohl der Kompromiss sein, wenn der Fall nicht im Einspruchs- bzw. Gerichtsverfahren landen soll.
Fazit | Das Thema „kommerzialisierbares Namensrecht“ dürfte in nächster Zeit deutlich an Brisanz gewinnen, weil Influencer, Prominente und Spitzensportler immer höhere Einnahmen mit ihrer Tätigkeit auf Social-Media-Kanälen erzielen und entweder nach Deutschland ziehen oder ihren Wohnsitz in Deutschland aufgeben.