Nachdem der Bundesrat am 22.3.2024 dem Wachstumschancengesetz zugestimmt hat, wurde es am 27.3.2024 im Bundesgesetzblatt verkündet und trat nun in Kraft, soweit im Gesetz kein abweichender Zeitpunkt des Inkrafttretens geregelt ist.
Verabschiedung des Wachstumschancengesetzes
Was ist neu?
1. Durch die Anpassung von § 1a KStG soll das mit dem Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KöMoG, BGBl I 21, 2050) eingeführte Optionsmodell attraktiver werden. Zunächst wird der Anwendungsbereich des Optionsmodells nach § 1a KStG zusätzlich auf eingetragene GbRs ausgeweitet (bisher „Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften“), sodass künftig auch diese optieren können (§ 1a Abs. 1 Sätze 1 bis 4 KStG).
2. Außerdem wird die zeitliche Regelung zur Antragstellung dergestalt angepasst, dass auch in Fällen einer Neugründung sowie eines Formwechsels eine Optionsausübung möglich ist (§ 1a Abs. 1 Satz 7 Nr. 1 und 2 KStG). Das heißt, neu gegründete Personengesellschaften können nunmehr bis zu einem Monat nach Abschluss des Gesellschaftsvertrags bereits mit Wirkung für das laufende Wirtschaftsjahr einen Antrag stellen. Bisher konnten diese frühestens für ihr zweites Wirtschaftsjahr optieren, da ohne Ausnahme die Stellung des Antrags bis spätestens einen Monat vor Beginn des Wirtschaftsjahres gefordert wurde, für das die Option greifen sollte.
3. Außerdem wird die Möglichkeit geschaffen, einen Formwechsel einer Körperschaft in eine Personengesellschaft direkt mit einer Option zur Körperschaftbesteuerung nach § 1a KStG zu verbinden, wenn der Antrag bis zum Ablauf eines Monats nach Anmeldung des Formwechsels beim zuständigen Register gestellt wird.
4. Bei der für eine Buchwertfortführung erforderlichen Miteinbringung von funktional wesentlichem Sonderbetriebsvermögen (vgl. §§ 1 und 25 UmwStG i. V. m. § 20 Abs. 1 und 2 UmwStG sowie Rz. 20.07 ff. UmwStE) kann künftig auf die Einbringung der Beteiligung an der Komplementärin verzichtet werden (§ 1a Abs. 2 Satz 2, Hs. 2 KStG). Damit schließt allein die Zurückbehaltung der Beteiligung an der Komplementärin die steuerneutrale Ausübung der Option nicht aus.
5. Zudem wird eine weitere Verbesserungsmaßnahme in Bezug auf die Ausschüttungsfiktion vorgenommen. Danach ist der Zufluss erst bei tatsächlich vorgenommener Entnahme anzunehmen, d. h., künftig liegt nicht schon dann ein kapitalertragsteuerpflichtiger Zufluss vor, wenn die Auszahlung der Beträge verlangt werden kann, sondern nur dann, wenn diese tatsächlich entnommen werden. Dies gilt auch bei beherrschenden Gesellschaftern, § 1a Abs. 3 Satz 5 KStG. Hierzu führt der Gesetzgeber in der Begründung aus, dies habe zur Folge, dass ein Zufluss sogar später anzunehmen sei als bei einer „echten“ Körperschaft, bei der ein Zufluss beim beherrschenden Gesellschafter schon beim Ausschüttungsbeschluss und nicht erst bei Entnahme angenommen wird.
Die Änderungen an § 1a KStG treten am Tag nach Verkündung in Kraft und sind über die allgemeine Anwendungsregelung des § 34 Abs. 1 KStG erstmals (rückwirkend) für den VZ 2024 anwendbar.
Welche besonderen Aspekte sind nach wie vor zu beachten?
Auch nach Inkrafttreten des Wachstumschancengesetzes gibt es diverse „Baustellen“ rund um § 1a KStG:
Ergänzungsbilanzen
Die gesetzlichen Vorgaben zur Behandlung von Ergänzungsbilanzen bei der Option zur Körperschaftsteuer richten sich vollumfänglich nach den Vorschriften zum Formwechsel. Diesen Regelungen entsprechend hat der Gesellschafter nach § 20 Abs. 3 S. 1 UmwStG seinen Anteil an der optierenden Gesellschaft mit dem Wert anzusetzen, mit dem das eingebrachte Vermögen bei der optierenden Gesellschaft im Rahmen der Eröffnungsbilanz angesetzt wird. Da dieser Ansatz unter Berücksichtigung der Werte aus der Ergänzungsbilanz erfolgt, ist die Ergänzungsbilanz folglich auch für den Ansatz beim Gesellschafter relevant. Dies kann zu Vorteilen bei den Mitgesellschaftern führen. Es ergibt sich zudem eine mögliche zweifache Berücksichtigung der Aufwendungen des Gesellschafters über das Einlagekonto und den Ansatz in der Gesellschaftsbilanz. Die höhere Aktivierung von Wirtschaftsgütern führt in der Steuerbilanz zu niedrigeren Gewinnen als in der Handelsbilanz. Von diesen niedrigeren Gewinnen profitieren anteilig auch die Mitgesellschafter, da die Gewinnermittlung nicht mehr zweistufig erfolgt, sondern sich lediglich ein zu verteilendes Jahresergebnis ergibt.
Verluste
Im Rahmen des Wachstumschancengesetzes wurden keine Änderungen in Bezug auf die Behandlung von Verlusten im Rahmen der Option zur Körperschaftsbesteuerung vorgenommen, sodass Verlustvorträge untergehen. Hier gilt, wie beispielsweise bei der Sperrfrist i. S. d. § 22 UmwStG, weiterhin die Regelungen des UmwStG in Bezug auf den Formwechsel (Untergang von Verlusten).
Als Gestaltungsmittel zur Nutzung noch vorhandener Verluste kann beim fiktiven Formwechsel der gemeine Wert oder ein Zwischenwert entsprechend § 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG angesetzt werden. Durch den Ansatz eines höheren Werts als den Buchwert entsteht ein Übergangsgewinn, welcher durch die Gesellschafter zu versteuern ist. Der Übergangsgewinn kann im Rahmen der Besteuerung mit vorhandenen Verlustvorträgen i. S. d. § 15a EStG verrechnet werden, sodass diese nicht (vollständig) untergehen und noch vor Ausübung der Option berücksichtigt werden können. Zudem kann ggf. ein Ausgleich zwischen den Gesellschaftern gezahlt werden: Zwar beantragt jeder Gesellschafter separat den jeweiligen Wertansatz im Rahmen des fiktiven Formwechsels, allerdings profitieren jedoch alle Gesellschafter vom Ansatz eines höheren Werts innerhalb der Gesellschaftsbilanz. Aus diesem Grund kann es notwendig sein, dass ein Ausgleich zwischen den Gesellschaftern geschaffen wird. Insbesondere bei Personengesellschaften mit mehreren Gesellschaftern empfiehlt es sich demnach, dass die Durchführung der Option sowie die Wertansätze bei den einzelnen Gesellschaftern im Vorhinein schriftlich festgehalten werden.
Sonderbetriebsvermögen
Die negativen Folgen von Sonderbetriebsvermögen bei nicht gleichzeitiger Einbringung könnten vermieden werden, indem zur Umgehung der Einbringung von Sonderbetriebsvermögen eine Betriebsaufspaltung begründet wird, sobald die Option wirksam wird. Für eine Anwendung von § 20 Abs. 1 S. 1 UmwStG (Umwandlungssteuergesetz) ist zwingend der gesamte Mitunternehmeranteil einzubringen, sofern die Buchwerte fortgeführt werden sollen. Die Regelungen für die Handhabung von Sonderbetriebsvermögen innerhalb der Option gilt auch für nicht erkanntes und in der Sonderbilanz aktiviertes Sonderbetriebsvermögen.
Vermeidung von Sperrfristverstößen
Sollen weitere Gesellschafter in eine Kapitalgesellschaft aufgenommen werden, kann dies grundsätzlich im Wege einer Kapitalerhöhung i. S. d. § 55 GmbHG erfolgen. Sofern die Kapitalerhöhung nicht unter dem gemeinen Wert erfolgt, liegt keine Sperrfristverletzung i. S. d. § 22 Abs. 7 UmwStG vor.
MoPeG (Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts)
Im Vergleich zum Rechtsstand vor dem KStG-E bleibt es unverändert dabei, dass der Optionsantrag nicht rückwirkend gestellt werden kann. Die Regelungen des § 1a KStG verweisen darauf, dass § 9 S. 1 UmwStG auf die Option nicht anzuwenden ist. Folglich ist eine ruckwirkende Antragstellung nicht möglich. Zudem bleibt es bei der zivilrechtlichen Haftung, die trotz Option bestehen bleibt. Weiter drohen Gefahren durch Austritt des vorletzten Gesellschafters: Obwohl ein Gesellschafterwechsel bzw. -austritt keine Auswirkungen auf die Besteuerung der Kapitalgesellschaft hat, führt dies bei der optierenden Gesellschaft zur vollständigen Auflösung des Konstrukts der fiktiven Kapitalgesellschaft. Dies knüpft erneut an den bereits dargestellten bürokratischen Aufwand in Bezug auf die zu beachtenden Regelungen im Zivil- und Steuerrecht der optierenden Gesellschaft. Die Optionsbeendigung durch Gesellschafteraustritt kann vermieden werden, indem ein neuer Gesellschafter eintritt, z. B. eine neu gegründete Unternehmergesellschaft UG (haftungsbeschränkt).
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