Soweit das Kindergeld der Förderung der Familie dient, ist es nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber dem Steuerpflichtigen die Obliegenheit auferlegt, Kindergeld innerhalb von sechs Monaten nach Entstehung des Anspruchs zu beantragen.
Hintergrund
Das Kindergeld wird nach § 66 Abs. 3 EStG a. F. rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats gezahlt, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist. § 66 Abs. 3 EStG i. d. F. des Gesetzes zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz – StUmgBG – vom 23.6.17, BGBl I 2017, 1682) betrifft nicht das Erhebungs-, sondern das Festsetzungsverfahren und begrenzt die Festsetzung von Kindergeld auf einen Zeitraum von sechs Monaten vor Antragstellung.
Durch das Gesetz gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch (SozialMissbrG) vom 11.7.2019 (BStBl I 19, 814) wurde § 66 Abs. 3 EStG a. F. mit Wirkung ab 18.7.2019 aufgehoben. Die Vorschrift ist deshalb nach § 52 Abs. 49a Satz 7 EStG i. d. F. des SozialMissbrG auf Kindergeldanträge anzuwenden, die nach dem 31.12.2017 und vor dem 18.7.2019 eingehen.
Sachverhalt
Streitig ist die Verfassungsmäßigkeit der Ausschlussfrist gemäß § 66 Abs. 3 EStG a. F.
Entscheidung
Im Streitfall lagen die Voraussetzungen für die Anwendung von § 66 Abs. 3 EStG a. F. vor. Es bestand auch keine Möglichkeit, den bei Geburt des Kindes in Rumänien gestellten Kindergeldantrag so zu behandeln, als wenn er damals bereits bei der beklagten Familienkasse gestellt worden wäre.
Bezieht der Wanderarbeitnehmer oder eine andere berechtigte Person laufend Familienleistungen für das betreffende Kind, genügt es für einen nach § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG zu berücksichtigenden Antrag zwar aus, dass der Wanderarbeitnehmer oder eine andere berechtigte Person gegenüber dem zuständigen Träger des Heimatlandes innerhalb der Sechsmonatsfrist den durch die in Deutschland ausgeübte Tätigkeit entstandenen grenzüberschreitenden Sachverhalt anzeigt und hierdurch die Durchführung des Koordinierungsverfahrens ermöglicht. Dieser Grundsatz könnte auf die Regelung des § 66 Abs. 3 EStG a. F. sinngemäß übertragen werden.
Im Streitfall fehlte es jedoch an einer Antragstellung in Rumänien während der sechs der Antragstellung in Deutschland vorausgehenden Monate.
Das FG entschied, dass § 66 Abs. 3 EStG a. F. nicht verfassungswidrig ist. Soweit das Kindergeld der Förderung der Familie dient, ist es nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber dem Steuerpflichtigen die Obliegenheit auferlegt, Kindergeld innerhalb von sechs Monaten nach Entstehung des Anspruchs zu beantragen.
fundstellen
-
FG Nürnberg 4.5.23, 8 K 467/21, Rev. BFH III R 31/23, FG Nürnberg 4.5.23, 8 K 472/21, Rev. BFH III R 30/23,