Immer mehr Steuerzahler werden zu Hause von Angehörigen, Freunden oder Nachbarn gepflegt oder zumindest im Alltag unterstützt. Dafür gibt es für die pflegende Person bestenfalls einen steuerlichen Pflege-Pauschbetrag. Eine aktuelle interne Verfügung gibt einen interessanten Einblick, welche Voraussetzungen für die Beantragung des Pflege-Pauschbetrags notwendig und welche steuerlichen Besonderheiten zu beachten sind.
Grundsätze zum Pflege-Pauschbetrag
Erwachsen einem Steuerzahler durch die Pflege bzw. Betreuung einer Person außergewöhnliche Belastungen, kann er dafür entweder die tatsächlichen Kosten nach § 33 Abs. 1 EStG geltend machen oder bei Erfüllung einiger Voraussetzungen ohne Nachweis von Kosten einen Pflege-Pauschbetrag nach § 33b Abs. 6 EStG beantragen.
Voraussetzung für die Inanspruchnahme eines Pflege-Pauschbetrags ist, dass
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die pflegende Person für die Pflege keine Einnahmen erhält,
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die Pflege im Haushalt der Pflegeperson oder im Haushalt der pflegebedürftigen Person stattfindet und sich dieser Haushalt in einem EU/EWR-Staat befindet und
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die Steuer-Identifikationsnummer der pflegebedürftigen Person bei Beantragung des Pflege-Pauschbetrags in der Steuererklärung angegeben wird.
Höhe des Pflege-Pauschbetrags
Seit dem Veranlagungszeitraum 2021 gibt es je nach Pflegegrad folgende gestaffelte Pflege-Pauschbeträge:
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Für den Pflegegrad 2 beträgt der Pflege-Pauschbetrag 600 EUR,
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für den Pflegegrad 3 beträgt der Pflege-Pauschbetrag 1.100 EUR und
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für die Pflegegrade 4, 5 oder Hilflosigkeit beträgt der Pflege-Pauschbetrag 1.800 EUR.
Der Pflege-Pauschbetrag wird nicht gezwölftelt, selbst wenn die Pflege in einem Jahr nur wenige Tage erfolgte. Erhöht sich der Pflegegrad während des Jahres oder fällt er weg, gilt für die Gewährung des Pflege-Pauschbetrags stets der höchste Grad für das gesamte Kalenderjahr.
Zwangsläufigkeit der Aufwendungen
Außergewöhnliche Belastungen sind steuerlich nur absetzbar, wenn die Aufwendungen zwangsläufig anfallen. Wichtig zu wissen: Bei Beantragung eines Pflege-Pauschbetrags sind weniger strenge Anforderungen an die Zwangsläufigkeit zu stellen als bei Beantragung außergewöhnlicher Belastungen nach § 33 Abs. 1 Satz 1 EStG (BFH 29.8.96, III R 4/95).
Nach der BFH-Rechtsprechung ist bei Angehörigen im Sinne von § 15 AO zudem grundsätzlich eine Zwangsläufigkeit nach § 33b Abs. 6 EStG zu unterstellen. Die Zwangsläufigkeit kann aber auch bejaht werden, wenn zwischen der Pflegeperson und der pflegebedürftigen Person eine enge persönliche Beziehung besteht (Schmidt/Loschelder, EStG § 33b, Rn. 34-37 sowie Frotscher/Geurts, EStG § 33b, Rn. 54).
Den Pflege-Pauschbetrag können also neben Ehegatten und Kindern auch Lebensgefährten, Freunde, Bekannte und Nachbarn geltend machen, die eine pflegebedürftige Person im Alltag pflegen bzw. betreuen.
Nachweise zur „persönlichen“ Pflege empfehlenswert
Wichtig für die Gewährung des Pflege-Pauschbetrags ist, dass eine persönliche Pflege stattgefunden hat. Das bedeutet: Es muss eine persönliche Pflege durch den Steuerzahler stattgefunden haben, der den Pflege-Pauschbetrag in seiner Steuererklärung geltend macht. Es muss aber nicht die gesamte Pflege durch ihn erfolgen. Unschädlich ist es deshalb, wenn sich ein ambulanter Pflegedienst um die Pflege kümmert und die Pflegeperson sich die Zeit nimmt, in denen der ambulante Pflegedienst nicht vor Ort bei der Pflegeperson ist (R 33b Abs. 4 EStR).
Praxistipp
Wohnen die Pflegeperson und die pflegebedürftige Person weit voneinander entfernt, werden die Sachbearbeiter in den Finanzämtern oftmals misstrauisch und fordern Nachweise über die persönliche Betreuung. Hier empfiehlt es sich, Aufzeichnungen über die Pflege bzw. Betreuung zu führen und Nachweise zu Fahrtkosten (Tankbeleg oder Zugticket) aufzubewahren. Es ist übrigens nicht erforderlich, dass die Pflege das gesamte Kalenderjahr über erfolgt.
Besonderheit beim Kriterium „häusliche“ Pflege
Grundsätzlich gewährt das Finanzamt den Pflege-Pauschbetrag nur, wenn die Pflege im Haushalt der pflegebedürftigen Person oder im Haushalt der Pflegeperson stattfindet. Keinen Pauschbetrag gibt es also, wenn die Pflegeperson im Pflegeheim lebt.
Zu dieser Auffassung gibt es jedoch eine Ausnahme: Denn lebt eine pflegebedürftige Person im Pflegeheim und ist diese nachweislich an den Wochenenden zu Hause bei der Pflegeperson, kann für diesen Fall tatsächlich ein Pflege-Pauschbetrag beantragt werden. Die Sachbearbeiter in den Finanzämtern kontern hier regelmäßig und gewähren den Pflege-Pauschbetrag nur, wenn die Pflege durch die Pflegeperson außerhalb des Pflegeheims einen Mindestumfang von 10 % erreicht (dazu FG München (14.2.95, 16 K 2261/94).
Praxistipp
Doch in der aktuellen internen Verfügung der Finanzverwaltung zum Pflege-Pauschbetrag wird klargestellt, dass diese Urteilsgrundsätze über den entschiedenen Einzelfall nicht anwendbar sind. Denn dem Gesetzeswortlaut lässt sich kein Mindestumfang zur Pflege außerhalb des Pflegeheims entnehmen.
Keine Einnahmen der Pflegeperson
Eine Pflegeperson bekommt den Pflege-Pauschbetrag nur dann, wenn er für seine Pflegeleistungen bzw. Betreuungsleistungen keine Einnahmen erhalten hat. Hierzu sind folgende Besonderheiten zu beachten:
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Wird den Eltern eines behinderten Kindes Pflegegeld überwiesen, handelt es sich hierbei nicht um Einnahmen der Eltern (§ 33b Abs. 6 Satz 2 EStG).
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Weitergeleitetes Pflegegeld stellt in allen anderen Fällen Einnahmen der Pflegeperson dar, wenn diese es zur freien Verfügung oder als Ersatz für entstandenen Aufwand erhält.
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Wird das Pflegegeld dagegen an die Pflegeperson als Auslagenersatz für unmittelbaren Pflegeaufwand weitergeleitet (z. B. zum Kauf von Pflegeprodukten), liegen keine Einnahmen der Pflegeperson vor.
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Keine Einnahmen liegen vor, wenn die Pflegeperson das Pflegegeld zur treuhänderischen Verwaltung nach § 37 SGB XI überwiesen bekommt (BFH 21.3.02, III R 42/00). Hier ist jedoch die konkrete Verwendung des Pflegegelds nachzuweisen (H 33b „Pflege-Pauschbetrag“, 4. Anstrich EStH).
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Unschädlich für den Pflege-Pauschbetrag ist es, wenn die Pflegeversicherung für die Pflegeperson Beiträge zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung übernimmt (R 33b Abs. 7 EStR).
Beachten Sie | Einen interessanten Hinweis enthält eine interne Verfügung der Finanzverwaltung zum Pflege-Pauschbetrag für Ehegatten. Kümmert sich ein Ehegatte um den pflegebedürftigen Ehegatten und die Pflegekasse überweist das Pflegegeld auf ein gemeinsames Konto, ist davon auszugehen, dass keine Einnahmen des pflegenden Ehegatten vorliegen.
Aufteilung des Pflege-Pauschbetrags bei Pflege durch mehrere Personen
Pflegen mehrere Personen eine pflegebedürftige Person, ist der Pflege-Pauschbetrag nach der Anzahl der Pflegepersonen aufzuteilen (§ 33b Abs. 6 Satz 9 EStG). Die Aufteilung erfolgt gleichmäßig nach Köpfen und nicht nach dem Umfang der jeweiligen Pflegeleistung. Die Aufteilung erfolgt leider auch, wenn der Pflege-Pauschbetrag nicht von allen Pflegepersonen steuerlich geltend gemacht wird (R 33b Abs. 5 EStR).
Ausnahme: In die Aufteilung des Pflege-Pauschbetrags sind jedoch Pflegepersonen nicht einzubeziehen, die in Deutschland nicht unbeschränkt steuerpflichtig sind oder Pflegepersonen, die Einnahmen durch die Pflege erhalten haben.
Pflegepersonen, die selbst einen Pflegegrad haben
In der Praxis kann es natürlich vorkommen, dass die Pflegeperson selbst auch einen Pflegegrad hat. Zwar findet sich im Gesetzeswortlaut zu § 33b Abs. 6 EStG keine Aussage. Die Finanzverwaltung unterstellt aber, dass die Gewährung eines Pflege-Pauschbetrags voraussetzt, dass die Pflegeperson eine „Pflegefähigkeit“ besitzt.
Bereits ab Pflegegrad 2 wird der Pflegeperson diese Pflegefähigkeit abgesprochen, weil nach § 15 Abs. 3 SGB XI der Pflegegrad nur bei „erheblichen Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten“ gewährt wird.
Beispiel |
Der 70-jährige Sohn pflegt seinen 93-jährigen Vater regelmäßig in dessen Wohnung. Der Sohn hat selbst einen Pflegegrad 2, der Vater hat Pflegegrad 4. Die Betreuungsleistungen, die der Sohn erbringt, sind Arbeiten im Haushalt, Hilfe beim Ausziehen der Kleidung, kleinere Besorgungen, Einkäufe und die komplette Übernahme des Schriftverkehrs für den Vater. Folge: Beantragt der Sohn für die Pflege bzw. Betreuung seines Vaters einen Pflege-Pauschbetrag in Höhe von 1.800 EUR, wird das Finanzamt diesen Antrag ablehnen, weil es den Sohn aufgrund dessen Pflegegrad 2 nicht für „pflegefähig“ hält. |
In vergleichbaren Fällen sollten Pflegepersonen gegen die Nichtgewährung des Pflege-Pauschbetrags Einspruch gegen nachteilige Steuerbescheide einlegen und ausführlich darlegen, wie die geleisteten Pflege- und Betreuungsleistungen ausgesehen haben. Im Zweifel sollte der Klageweg bestritten werden. Denn wie gesagt, kann dem Gesetzeswortlaut zu § 33b Abs. 6 EStG keine Aussage zur Pflegefähigkeit entnommen werden. Die Gewährung oder Nichtgewährung eines Pflegepauschbetrags bei einer Pflegeperson mit eigenem Pflegegrad hängt m. E. von den Umständen des Einzelfalls ab.
Häufige Fehlerquellen beim Pflege-Pauschbetrag
Häufig werden in der Einkommensteuererklärung fehlerhafte oder missverständliche Angaben bei Beantragung des Pflege-Pauschbetrags in der Anlage „Außergewöhnliche Belastungen“ gemacht oder Steuerzahler meinen, dass sie gar keinen Anspruch auf diese Steuervergünstigungen haben. Hier einige der häufigsten Fehlerquellen.
Fehlerquelle 1: Auch Ehegatten profitieren
Kümmert sich ein Ehegatte um seinen pflegebedürftigen Ehegatten, steht ihm dafür auch ein Pflege-Pauschbetrag zu. Das wird in der Praxis häufig vergessen.
Fehlerquelle 2: Nicht nur Pflegeleistungen zählen
Pflege bedeutet nicht nur die körperliche Pflege wie waschen, umlagern oder die Verabreichung von Medikamenten, sondern auch die Erledigung einfacher Aufgaben für die pflegebedürftige Person. Dazu gehört das Einkaufen, die Begleitung zum Arzt und Erledigung des Schriftverkehrs. Oftmals verzichten Pflegepersonen auf die Geltendmachung eines Pflege-Pauschbetrags, weil sie kaum körperliche Pflegeleistungen erbringen, sondern nur im Alltag helfen.
Fehlerquelle 3: Pflege beider Eltern bedeutet 2x Pflege-Pauschbetrag
Werden beide Elternteile mit Pflegegrad 2 oder höher zu Hause gepflegt, gibt es den Pflege-Pauschbetrag nicht nur einmal, sondern tatsächlich für jede pflegebedürftige Person einzeln je nach deren Pflegegrad. Das wird häufig übersehen.
Fehlerquelle 4: Eltern eines behinderten Kindes
Oftmals verzichten Eltern auf die Beantragung eines Pflege-Pauschbetrags für ein pflegebedürftiges Kind, weil ihnen steuerlich bereits der Behinderten-Pauschbetrag des Kindes übertragen wurde. Der Pflege-Pauschbetrag nach § 33b Abs. 6 EStG kann jedoch neben dem nach § 33b Abs. 5 EStG vom Kind auf die Eltern übertragenen Pauschbetrag für behinderte Menschen in Anspruch genommen werden (R 33b Abs. 6 EStR).