Zum Jahreswechsel sollten gezielte Jahresendstrategien allgemeiner Art und speziell zu den einzelnen Einkunftsarten im betrieblichen und privaten Bereich erfolgen. Die Umsetzung sollte ohne Hetze bis spätestens Silvester 2012 vollzogen werden, um gut gerüstet ins neue Jahr starten zu können.
1. Verlagerung von Einnahmen und Ausgaben:
Da sich die Tarife für die Einkommen- und Abgeltungsteuer 2013 nicht verändern, lohnt das Verlagern oder Vorziehen von Einnahmen und Ausgaben auf 2012 oder 2013 meist nur, sofern Unterschiede in der Höhe des individuellen Gesamteinkommens mit entsprechend unterschiedlicher Steuerprogression in beiden Jahren erwartet werden. Daran ändert auch der geplante kleine Abbau der kalten Progression in 2013 um die 1,6 %ige Tarifsenkung nichts. Auswirkungen ergeben sich eher aus einer geplanten Hochzeit oder dann, wenn Ehegatten aufgrund einer Trennung in 2012 letztmalig Splitting erhalten. Dabei sind Zins- und Liquiditätswirkungen zu berücksichtigen, wenn etwa hohe Investitionen nur aus steuerlichen Gründen vorgezogen werden sollen.
2. Neue Verwaltungsanweisungen:
Bei der Umsetzung von Strategien sollten nicht nur Gesetzesänderungen, sondern auch die schon für dieses Jahr geltenden neuen Verwaltungsanweisungen über die Einkommensteuer-Richtlinien 2012 berücksichtigt werden – so-wohl im betrieblichen als auch privaten Bereich. Hinzu kommen die geplanten Erleichterungen beim Reisekostenrecht und der Besteue-rung von Organschaften, obwohl diese noch nicht für 2012 gelten sollen.
3. Veranlagungswahlrechte:
Letztmalig besteht das Veranlagungswahlrecht bei Ehegatten aus sieben Veranlagungsarten. Ab 2013 reduziert sich das Veranlagungswahlrecht auf vier Möglichkeiten. Die Wahl ist ab Erklärungseingang beim FA bindend. Künftig entfällt die getrennte Veranlagung, Ehegatten können sich stattdessen im Rahmen einer Einzelveranlagung für die individuelle Besteuerung der Partner entscheiden. Bei der neuen Einzelveranlagung ist gegenüber der bekannten getrennten Veranlagung keine steueroptimierende freie Zuordnung verschiedener Kosten mehr möglich. Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und haushaltsnahe Dienstleistungen werden dann demjenigen zugerechnet, der sie wirtschaftlich getragen hat.
4. Verlustrücktrag:
Ein ab dem Jahr 2013 entstehender Verlustrücktrag nach § 10d EStG soll auf 1 Mio. EUR pro Person verdoppelt werden. Sofern die Realisierung größerer Verluste, etwa durch den Verkauf von Betriebsvermögen oder einer wesentlichen GmbH-Beteiligung geplant ist, sollte der aufs neue Jahr verschoben werden. Dann lässt er sich stärker mit den Einkünften 2012 verrechnen. Bei vorhandenen Verlustvorträgen 2011 oder erwarteten negativen Einkünften im laufenden Jahr verpuffen Sonderausgaben, haushaltsnahe Dienstleistungen oder außergewöhnliche Belastungen. Daher ist eine Kostenverschiebung auf 2013 ratsam.
5. Versicherungen:
Ab 2013 sind auch Versicherungsunternehmen oder andere Einrichtungen außerhalb des EU- und EWR-Raums begünstigt. Insoweit sollten Kranken- und Pflegeversicherungsprämien auf Policen aus Drittländern auf 2013 verschoben werden.
6. Steuerung des Zahlungstermins:
Durch die Steuerung des Zahlungstermins bei Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen kann eine Einkommensverlagerung erfolgen. Das gilt beispielsweise für die Kirchensteuer, Spenden, dauernde Lasten oder Unterhaltsleistungen. Dabei ist die Zehntageregel in § 11 EStG bei regelmäßigen Leistungen anzuwenden. Die Verlagerung von Ausgaben vor oder nach dem Jahreswechsel lohnt auch in Hinsicht auf die zumutbare Eigenbelastung. Eine möglichst optimale steuerliche Wirkung gelingt durch eine Zusammenballung der Zahlungen entweder vor oder nach Neujahr.
7. Nachweis von Krankheitskosten:
Zu Krankheitskosten sind die durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 geänderten Nachweisregeln zur Notwendigkeit von medizinischen Maßnahmen und Hilfsmitteln zu beachten. Das betrifft vor allem besondere Behandlungsmethoden und Kuren.
8. Außergewöhnliche Belastungen:
Hinsichtlich außergewöhnlicher Belastungen ist die aktuelle, umfangreiche aktuelle BFH-Rechtsprechung zu beachten. Die Urteile betreffen insbesondere Prozesskosten mit Nicht-Anwendungserlass, Praxisgebühren, künstliche Befruchtung, Obliegenheitspflichten und Einkommensermittlung bei Unterhaltsleistungen im In- und Ausland, Unterbringung im Alters- und Pflegeheim, Schulen für Hochbegabte sowie den Hausumbau aufgrund von Behinderung, Krankheit oder eine Gebäudesanierung wegen Schadstoffbelastung.
9. Abgabefrist der Steuererklärung:
Für die Steuererklärung 2011 läuft am 31.12.2012 und in Hessen am 28.2.2013 die Abgabefrist aus, wenn sie von einem Steuerberater oder Lohnsteuerhilfeverein gefertigt werden soll.
10. Unbeschränkte Steuerpflicht:
Soll 2012 die unbeschränkte Steuerpflicht nach § 1 Abs. 3 EStG beantragt werden, sollte die Bescheinigung der ausländischen Steuerbehörde über die Höhe der nicht der deutschen Steuer unterliegenden Einkünfte besorgt werden. Der Nachweis entfällt nicht mit dem bloßen Hinweis darauf, keine derartigen Einkünfte erzielt zu haben.
11. Einkommensteuerverjährung:
Die Einkommensteuer verjährt bei Bescheiden für 2007 mit Ablauf des Jahres 2012, wenn die Steuererklärungen in 2008 abgegeben wurden. Daher sollten diese Unterlagen noch einmal genau geprüft werden. Bei Steuerbescheiden unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ist ein rechtzeitiger Änderungsantrag ratsam.
12. Einkommensteuer-Vorauszahlungen:
Fällt das zu erwartende zu versteuernde Einkommen geringer aus als im Vorjahr, sollte ein Antrag auf rückwirkende Anpassung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen 2012 oder im Vorgriff für 2013 gestellt werden. Ein Antrag ist auch bei höheren Vorauszahlungen sinnvoll, um anschließend Steuerzinsen auf Nachzahlungsbeträge zu vermeiden. Anleger können bereits im Rahmen der Vorauszahlungen berücksichtigen lassen, dass ihr Grenzsteuersatz unter dem Abgeltungsteuertarif liegt und sie die Günstiger-Prüfung für die privaten Kapitaleinnahmen in Anspruch nehmen wollen. Diese Option ist sinnvoll, wenn das zu versteuernde Einkommen unter 15.800 EUR pro Person liegt. Bei Beträgen leicht darüber gilt dies dann, wenn Altersentlastungsbetrag oder die Tarifermäßigung für Erbschaftsteuer in Anspruch genommen werden sollen.
13. Angehörigenverträge:
Verträge unter Angehörigen in den Bereichen Arbeitsverhältnis, Privatkredit und Miete sollten turnusmäßig auf ihre Fremdüblichkeit hin geprüft werden. Geplante Anpassungen für 2013 sollten noch vor dem Jahreswechsel schriftlich vereinbart werden. Besonders zu beachten sind der BMF-Erlass zu Darlehensverträgen, der auf andere Bereiche übertragbar ist sowie die ab 2012 geänderten Prozentsätze bei der verbilligten Wohnungsvermietung mit Wegfall der Überschussprognose.
14. Riester-Vertrag:
Beim Abschluss eines Riester-Vertrags sichert der Abschluss bis Silvester über die verschiedenen Anlageformen Grund- und Kinderzulagen für das gesamte Jahr 2012 und bei Sparern unter 25 den Berufseinsteiger-Bonus von einmalig 200 EUR. Dabei ist die Mindestsparsumme von 4 Prozent des Vorjahreseinkommens zu beachten, wobei die Zulage selbst als Beitrag mitrechnet. Der Sonderausgabenabzug ist nur noch möglich, wenn der Anbieter die Beitragshöhe an die zentrale Stelle übermittelt. Die Zulage für 2010 entfällt, wenn dem Sparinstitut kein Antrag auf Förderung noch in diesem Jahr vorliegt. 2012 wurde ein Mindestbetrag von 60 EUR pro Jahr für mittelbar Zulageberechtigte eingeführt. Um die Rückforderung unberechtigt ausbezahlter Zulagen zu vermeiden, gibt es eine Nachentrichtungs-möglichkeit. Ab 2013 erfolgen diverse Verfahrenserleichterungen bei der Riester-Rente und der Eigenheimrente.
15. Altersvorsorge:
Durch das Alterseinkünftegesetz erfolgen für 2013 wieder die jahrgangsbezogenen planmäßigen Anpassungen bei den Sätzen und Beträgen zur Altersvorsorge. Bezüge aus der ge-setzlichen Rentenversicherung sowie der privaten kapitalgedeckten Altersversorgung werden für neu hinzukommende Rentnerjahrgänge mit 66 % statt 64 % besteuert. Der Versorgungsfreibetrag für Neupensionäre sinkt von 28,8 % auf 27,2 % der Versorgungsbezüge und von maximal 2.160 auf 2.040 EUR. Gleichzeitig sinkt der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag von 648 auf 612 EUR. Vorsorgebeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und der privaten Altersbasisvorsorge Rürup lassen sich mit 76 % statt 74 % als Sonderausgaben absetzen, wobei die abzugsfähige Höchstgrenze um 400 auf 15.200 EUR pro Person steigt. Der Altersentlastungsbetrag sinkt für Personen, die 2012 das 65. Lebensjahr vollenden, von 1.368 auf maximal 1.292 EUR und von 28,8 % auf 28,7 % vom Arbeitslohn und der positiven Summe der Einkünfte. Dabei zählen Kapitaleinnahmen nicht, wenn sie abgeltend besteuert werden.
16. Rürup-Rente:
Schöpfen Selbstständige ihre Höchstbeträge bei den Vorsorgeaufwendungen nicht aus, kommt der Abschluss einer Rürup-Police in Betracht. Von den Beiträgen lassen sich 74 Prozent bis zum Höchstbetrag von 18.240 EUR und 36.480 EUR bei Verheirateten als Sonderausgaben absetzen. Vereinbaren Personen über 62 eine lebenslange Sofortrente gegen Einmalzahlung, wird die bei Erstbezug in 2012 nur mit 64 Prozent auf Dauer als sonstige Einnahme nach § 22 EStG erfasst. Rürup-Policen sind nur bei Zertifizierung und Einwilligung in die Datenübermittlung begünstigt. Ab 2013 steigt der Höchstbetrag in § 10 Abs. 3 EStG für die Basisversorgung im Alter von 20.000 EUR auf 24.000 EUR und es kommt zu einer Verbesserung des Erwerbsminderungsschutzes.
Ab dem 21.12.2012 müssen Versicherungsunternehmen Unisex-Tarife anbieten. Speziell für Frauen sind die Beiträge nach Einführung der neuen Tarife dann geringer.
17. Haushaltsnahe Dienstleistungen:
Sofern die Höchstbeträge bei den Vergünstigungen für haushaltsnahe Dienstleistungen im Jahre 2012 noch nicht erreicht sind, rettet der rechtzeitige Auftrag an Handwerker oder Gärtner die Steuerermäßigung, wenn die Rechnung bis Silvester bezahlt wird. Sofern die bisherigen Aufwendungen bereits über dem Höchstbetrag liegen, sollten die weiteren Leistungen erst anschließend beglichen werden. Das gilt auch, wenn die Einkommensteuerschuld 2012 Null betragen wird.
18. Übungsleiterfreibetrag und Ehrenamtspauschale:
Ab 2013 steigen der Übungsleiterfreibetrag von 2.100 auf 2.400 EUR und die Ehrenamtspauschale von 500 auf 720 EUR, sodass Zahlungen bis zu dieser erhöhten Schwelle ab dem Jahreswechsel steuer- und sozialversicherungsfrei bleiben. Das verringert den Aufwand für ehrenamtlich Tätige, da um 300 EUR sowie 220 EUR höhere Einnahmen weder der Steuer – noch der Sozialversicherungspflicht unterliegen.
19. Unterhaltsleistungen:
Leistungen an Unterhaltsberechtigte sollten erst 2013 erfolgen, sofern die bedürftige Person im laufenden Jahr zu viel für die Steuervergünstigung selbst verdient hatte und dies nach Silvester voraussichtlich wieder sinken wird. Kapitalerträge rechnen jetzt nicht zu den Einkünften, sondern zu den eigenen Bezügen. Zu beachten sind die neue BFH-Rechtsprechung und BMF-Schreiben zur Prüfung der Bedürftigkeit bei Angehörigen und beim Ehegatten im Ausland.
20. Spenden:
Über eine Spende etwa in der Vorweihnachtszeit lassen sich gezielt die Sonderausgaben erhöhen, auch bei Zuwendungen ins EU- und EWR-Ausland. In Katastrophenfällen gelten bei Überweisungen auf Sonderkonten deutlich vereinfachte Nachweisregeln. Bei größeren Zuwendungen sollte durchgerechnet werden, ob sich der Antrag auf Günstiger-Prüfung für die abgeltend besteuerten Kapitaleinkünfte wegen des erhöhten Spendenabzugsvolumens auch dann lohnt, wenn die Progression über 25 Prozent liegt.
21. Elterngeld:
Werdende Eltern sollten frühzeitig dem später zu Hause bleibenden Partner die günstige Steuerklasse III zuweisen, um die Bemessungsgrundlage für das spätere Elterngeld zu erhöhen. Das gilt insbesondere aufgrund der ab 2013 geänderten Berechnung des Voreinkommens. Hier ist die Steuerklasse maßgebend, die im Jahr vor der Geburt zeitlich überwiegt hatte.
22. Berücksichtigung volljähriger Kinder:
Kinder über 18 sind nur noch bis zum Abschluss der ersten Berufsausbildung begünstigt. Insoweit ist zu beachten, dass ein beschäftigtes volljähriges Kind einer schädlichen Erwerbstätigkeit nachgehen kann und damit die Förderung bei den Eltern entfällt. Unschädlich sind eine Wochenarbeitszeit unter 20 Stunden oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis.
Entfallen die Voraussetzungen für die Berücksichtigung volljähriger Kinder im Laufe des Jahres, wird als Gültigkeitsende für den Kinder-freibetrag dennoch ab 2013 der 31.12. gespeichert, da das Kind nach § 51a Abs. 2a EStG für Zuschlagsteuern ganzjährig berücksichtigt wird.
23. Alleinerziehende:
Erfüllen mehrere Personen die Voraussetzungen für den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende, kann ihn wegen desselben Kindes nur einer abziehen. Ist das Kind annähernd gleichwertig in die beiden Haushalten aufgenommen, können Vater und Mutter untereinander bestimmen, wem er zustehen soll. Diese Wahl lohnt sich, indem sich der Entlastungsbetrag aufgrund der Progression bei der Person mit dem höheren Einkommen auswirken sollte. Treffen sie keine Bestimmung untereinander, steht der Entlastungsbetrag laut BFH dem zu, an den Kindergeld gezahlt wird.
24. Bundesfreiwilligendienst:
Volljährige Kinder, die den neuen Bundesfreiwilligendienst oder freiwilligen Wehrdienst leisten, werden berücksichtigt, während dies bei der vorherigen Wehrpflicht und beim Zivildienst nicht der Fall war. Dabei kommt es bei einigen Zuwendungen zur Steuerpflicht.
25. Kinderfreibetrag:
Der Übertrag von Freibeträgen wurde in einigen Fällen geändert. Das gilt für den Kinderfreibetrag von geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Eltern, den Freibetrag für Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf bei Widerspruch eines Elternteils, der Übertragung der Freibeträge auf einen Stief- oder Großelternteil sowie die Übernahmen des Behinderten-Pauschbetrags vom Kind. Zudem sind neue Regeln der elektronischen Lohnsteuerabzugsbeträge ELStAM anzuwenden.
26. Kinderbetreuungskosten:
Ist der Höchstbetrag für Kinderbe-treuungskosten noch nicht ausgeschöpft, rettet die Zahlung bis Ende 2012 den Steuerabzug. Dies lässt sich durch das Abflussprinzip über Vorauszahlungen von Aufwendungen erreichen. Eine Zahlung erst in 2013 bringt hingegen Vorteile, sofern der Höchstbetrag schon erreicht ist. Das gilt generell bei Eltern, bei denen einer nicht erwerbstätig ist. Denn es kommt nicht mehr darauf an, ob Vater oder Mutter nicht berufstätig sind. Da Kinderbetreuungskosten nicht mehr wie Betriebsausgaben oder Werbungskosten, sondern einheitlich als Sonderausgaben abgezogen werden, können sie bei geringen Einkünften wirkungslos verpuffen. Leben nicht miteinander verheiratete Eltern zusammen, kann nur der Kinderbetreuungskosten abziehen, der sie bezahlt hat. Daher sollte der besser verdienende Elternteil die Rechnungen begleichen und Neuverträge selbst abschließen. Zusammenveranlagte Eltern können Ausgaben hingegen zusammenfassen.