Besteht eine Veräußerungsabsicht, dann spricht regelmäßig alles dafür, dass kein Anlagevermögen vorliegt. Diese gegenläufige Veräußerungsabsicht kann jedoch durch einen für Anlagevermögen sprechenden Sicherungszweck (im Streitfall: Erwerb von Gold als Absicherung gegen einen Euro-/Bankencrash) überlagert sein. Für diesen vorrangigen Sicherungszweck kann sprechen, wenn statt Goldzertifikate mit höheren Kosten verbundene Goldbarren ge- und verkauft wurden.
Sachverhalt
Streitig war, ob ein vom Steuerpflichtigen im Streitjahr geltend gemachter Verlust aus der Anschaffung von Goldbarren, der in der Anlage AUS bei den steuerfreien Einkünften mit Progressionsvorbehalt erklärt wurde, einkommensteuerlich anzuerkennen ist.
Entscheidung
Das FG entschied, dass der im Rahmen der Ermittlung der gewerblichen Einkünfte des Steuerpflichtigen aus dem Ankauf der Goldbarren geltend gemachte Verlust zu Recht vom FA nicht anerkannt worden war. Denn es handelte sich bei den streitgegenständlichen Goldbarren nicht um Umlaufvermögen, sondern um (nicht abnutzbares) Anlagevermögen des Gewerbebetriebs, sodass die Anschaffungskosten für Anlagevermögen bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG nicht sofort als Betriebsausgabe abziehbar waren.
Für die Abgrenzung zwischen Umlauf- und Anlagevermögen ist entscheidend auf die Legaldefinition des § 247 Abs. 2 HGB abzustellen. Nach dieser Norm zählen diejenigen Vermögensgegenstände zum Anlagevermögen, die dazu bestimmt sind, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen. Diese handelsrechtliche Begriffsbestimmung kommt auch im Steuerrecht zur Anwendung (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG).
Im Umkehrschluss zählen zum Umlaufvermögen diejenigen Vermögensgegenstände bzw. Wirtschaftsgüter, die entweder zum Verbrauch oder zur sofortigen Veräußerung bereitgehalten werden.
Maßgeblich für die Zuordnung zum Anlagevermögen ist grundsätzlich die Funktion und wirtschaftliche Bedeutung, die dem Vermögensgegenstand innerhalb des Betriebsorganismus zufällt. Es kommt für die Abgrenzung von Anlage- und Umlaufvermögen auf die Zweckbestimmung an, mit der ein Wirtschaftsgut im Betrieb eingesetzt wird.
Zwar lag ein Umstand, der für das Vorliegen von Umlaufvermögen spricht, darin begründet, dass der Steuerpflichtige von vornherein nicht die Absicht hatte, die Goldbarren langfristig zu halten. Die Goldbarren sollten nach und nach verkauft werden, um aus dem Verkaufserlös Betriebsausgaben zu bestreiten. Nicht jede Veräußerungsabsicht führt aber zur Qualifikation als Umlaufvermögen. Denn der Gesetzesausdruck „dauernd“ darf nicht als reiner Zeitbegriff i. S. v. „immer“ oder „für alle“ Zeiten verstanden werden. Maßgeblich ist allein, ob nach der Zweckbestimmung der Gebrauch oder der Verbrauch – auch durch Weiterveräußerung – im Vordergrund steht.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Zweckbestimmung zwar subjektiv von einem entsprechenden Willen des Steuerpflichtigen abhängt. Dieser muss aber anhand objektiver Merkmale (so z. B. der Art des Wirtschaftsguts, Art und Dauer der Verwendung, Art des Unternehmens) nachvollziehbar sein.
Fazit | Entscheidend für den Goldankauf war im Streitfall das Sicherheitsmotiv. Solange der Steuerpflichtige das Gold für diese Sicherheitszwecke nutzte und deshalb eine Veräußerung noch nicht beabsichtigt war, stellt das Gold daher Anlagevermögen dar.
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FG Hessen 26.6.23, 3 K 1681/17, Rev. BFH I R 50/23