Der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft kann den Bescheid über den Bestand des steuerlichen Einlagekontos nicht anfechten. Dies hat der BFH aktuell entschieden.
Hintergrund
§ 27 Abs. 2 KStG schreibt vor, dass der Bestand des steuerlichen Einlagekontos mit einem besonderen Bescheid festzuschreiben ist. Auf dem Konto sind insbesondere die Einlagen zu erfassen, die der Gesellschafter an „seine“ Kapitalgesellschaft geleistet hat. Werden solche Einlagen später an den Gesellschafter aus dem Einlagekonto zurückgezahlt, dann muss der Gesellschafter diese sog. Einlagenrückgewähr nicht versteuern. Obgleich der Bescheid i. S. d. § 27 Abs. 2 KStG somit im Wesentlichen Bedeutung für die Besteuerung des Gesellschafters hat, richtet sich der Bescheid ausschließlich an die Kapitalgesellschaft.
Sachverhalt
Im Streitfall ging es um die Frage, ob der Bescheid über die Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos gem. § 27 Abs. 2 KStG in der im Streitjahr geltenden Fassung von einem Gesellschafter angefochten werden kann. Die Klägerin ist Gesellschafterin einer GmbH. Für die GmbH erging für das Jahr 2007 ein Feststellungsbescheid, in welchem das steuerliche Einlagekonto fälschlicherweise auf 0 EUR festgestellt wurde.
Gegen diesen Feststellungsbescheid legte die Klägerin Einspruch ein und gab an, von der fehlerhaften Feststellung des steuerlichen Einlagekontos unmittelbar betroffen zu sein. Das FA verwarf den Einspruch als unzulässig, wogegen die Klägerin Klage erhob.
Das FG wies die dagegen gerichtete Klage mit der Begründung ab, dass die Klägerin nicht i. S. d. § 40 Abs. 2 FGO befugt sei, den gegenüber der Beigeladenen ergangenen Feststellungsbescheid anzufechten.
Entscheidung des BFH
Der BFH entschied, dass eine materiell-rechtliche Tatbestandswirkung des Feststellungsbescheids für die Anteilseigner der Kapitalgesellschaft kein Drittanfechtungsrecht begründe.
Ein eigenes Anfechtungsrecht des Gesellschafters (sog. Drittanfechtungsrecht) sei auch nicht ausnahmsweise anzuerkennen. Zum einen besteht keine Rechtsschutzlücke, da die Kapitalgesellschaft Fehler des Bescheids im Rechtsbehelfsverfahren geltend machen könne. Zum anderen habe ein solches Recht zur Folge, dass der Bescheid noch nach vielen Jahren vom Gesellschafter angefochten werden könnte und dauerhaft kein Rechtsfrieden eintreten würde.
Die Versagung eines eigenen Anfechtungsrechts des Gesellschafters sei auch mit der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes vereinbar.
Erläuterungen
Zwar wird ein Drittanfechtungsrecht in anderen Fällen gewährt. So wird dem Einbringenden bei Vorgängen nach den §§ 20 ff. UmwStG die Befugnis zuerkannt, den Körperschaftsteuerbescheid des aufnehmenden Unternehmens mit der Begründung anzufechten, der dort zugrunde gelegte Wertansatz für das eingebrachte Vermögen sei zu hoch bemessen (BFH 8.6.11, I R 79/10, BStBl II 12, 421; BFH 25.4.12, I R 2/11, BFH/NV 12, 1649).
Die Zuerkennung des Drittanfechtungsrechts in dieser Konstellation beruht darauf, dass im Körperschaftsteuerbescheid materiell-rechtlich bindend für den Einbringenden der Wertansatz für das eingebrachte Vermögen als „Veräußerungspreis“ gemäß § 20 Abs. 3 Satz 1 UmwStG festgeschrieben wird. Zum anderen ist die Körperschaft in diesem Fall rechtlich nicht in der Lage, den Körperschaftsteuerbescheid erfolgreich anzufechten, weil sie selbst durch einen zu hohen Wertansatz unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt i. S. d. § 40 Abs. 2 FGO beschwert ist. Daher ist es zur Vermeidung einer Rechtsschutzlücke gemäß Art. 19 Abs. 4 GG geboten, das Drittanfechtungsrecht des Einbringenden anzuerkennen.
In der Rechtsprechung der Finanzgerichte und in der Literatur wird die Rechtsfrage, ob ein Drittanfechtungsrecht auch bei einem Bescheid nach § 27 KStG besteht, kontrovers beurteilt (z. B. Brühl, DStR 2017, 1129; Ott, StuB 2018, 273 m.w.N.).
Der BFH schloss sich der Auffassung an, wonach der Gesellschafter nicht anfechtungsbefugt ist. Grundsätzlich kann ein Bescheid nur von den Adressaten angefochten werden. Das ist im Fall des Bescheids gem. § 27 Abs. 2 KStG die Kapitalgesellschaft. Mithin kann allein dieser Einspruch einlegen und Klage erheben. Der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft ist nicht Adressat, sondern als Dritter lediglich mittelbar von dem Bescheid betroffen.