In der Praxis wird es viele Mandanten geben, deren Mitarbeiter sich aufgrund der Coronapandemie in den Jahren 2020 bis 2023 – ohne krank zu sein – auf Anordnung des Gesundheitsamts in Quarantäne befanden, einem Tätigkeitsverbot unterlagen oder wegen der Schließung von Einrichtungen für die Betreuung von Kindern oder behinderten Menschen daran gehindert waren, ihrer Beschäftigung nachzugehen.
Wurde für solche Mitarbeiter eine Verdienstausfallentschädigung nach § 56 Infektionsschutzgesetz (IfSG) beantragt, kommt es im Nachhinein regelmäßig zu einer lohnsteuerlich fehlerhaften Behandlung. Das Bundesfinanzministerium hat in einem aktuellen Schreiben die Steuerspielregeln für die Behandlung der Verdienstausfallentschädigung vorgestellt und eine Nichtbeanstandungsregelung beschlossen.
Grenzen für Änderung des Lohnsteuerabzugs
Hat der Arbeitgeber eine Zahlung an einen Beschäftigten geleistet, lohnversteuert und dafür nachträglich eine Verdienstausfallentschädigung nach § 56 IfSG erhalten (das heißt im Ergebnis, dass zu viel Lohnsteuer abgeführt wurde) oder hat er die Zahlung nach § 3 Nr. 25 EStG steuerfrei behandelt und die Erstattungsbehörde versagte eine Verdienstausfallentschädigung (das heißt im Ergebnis, dass zu wenig Lohnsteuer abgeführt wurde), ist eine Änderung des Lohnsteuerabzugs nur bis zum Ausstellen der Lohnsteuerbescheinigung zulässig (§ 41c Abs. 3 EStG).
Unzutreffende Lohnversteuerung
Hat der Arbeitgeber Zahlungen an einen Beschäftigten geleistet, die zunächst versteuert wurden und erhält der Arbeitnehmer nach Übermittlung der (fehlerhaften) Lohnsteuerbescheinigung ans Finanzamt von der Entschädigungsbehörde eine Erstattung nach § 56 IfSG, besteht für den Arbeitgeber keine Mitteilungspflicht gegenüber dem Betriebsstättenfinanzamt.
Praxistipp
Der Arbeitnehmer bekommt die zu viel einbehaltene Lohnsteuer vom Finanzamt erstattet, wenn er eine Einkommensteuererklärung einreicht und nachweist, dass die geleistete Zahlung des Arbeitgebers nach § 3 Nr. 25 EStG steuerfrei hätte behandelt werden müssen. Hier empfiehlt es sich, der Steuererklärung eine Bescheinigung des Arbeitgebers über die Höhe der betreffenden Zahlung und über die Höhe der erhaltenen Erstattung nach § 56 IfSG beizufügen.
Unzutreffende Steuerfreistellung
Ging ein Arbeitgeber zunächst davon aus, dass eine Zahlung an den Arbeitnehmer als Verdienstausfallentschädigung nach dem IfSG steuerfrei ist und die Erstattungsbehörde lehnt eine Erstattung ab oder erstattet einen niedrigeren Betrag, so wurde zu wenig Lohnsteuer ans Finanzamt abgeführt. Folgende zwei Szenarien, wie das Finanzamt zur korrekten Lohnsteuer kommt, sind hier denkbar:
* Szenario 1: Fordert der Arbeitgeber die zu hoch ausgezahlte Verdienstausfallentschädigung vom Arbeitnehmer zurück, mindert dieser Rückforderungsbetrag im Jahr der Rückzahlung die für das Kalenderjahr unter Nummer 15 der Lohnsteuerbescheinigung zu bescheinigenden Leistungen (ggf. mit Minus einzutragen).
* Szenario 2: Verzichtet der Arbeitgeber auf die Rückforderung, muss der Arbeitgeber dem Betriebsstättenfinanzamt die Fälle nach § 41c Abs. 4 EStG anzeigen. Hierzu ist der Vordruck „Anzeige über nicht durchgeführten Lohnsteuerabzug“ (http://www.formulare-bfinv.de) zu verwenden. Das Finanzamt wird die Lohnsteuer dann entweder im Rahmen der Einkommensteuererklärung oder über eine Lohnsteuer-Nachforderung gegenüber dem Arbeitnehmer richtigstellen (R 41c.2 Abs. 3 LStR).
Merke | In Höhe des Differenzbetrags zwischen der steuerfreien Auszahlung und der Erstattung nach dem IfSG kann auch eine Steuerfreistellung nach § 3 Nr. 11a, Nr. 11b oder Nr. 11c EStG in Betracht kommen, sollten sämtliche Voraussetzungen im Zeitpunkt der Zahlung erfüllt gewesen sein. In diesem Fall würde das Finanzamt auf die Steuernachforderung beim Arbeitnehmer verzichten.
Neue Nichtbeanstandungsregelung beachten
Da mit einer Vielzahl von Fällen mit einer unzutreffenden Steuerfreistellung zu rechnen ist, hat das Bundesfinanzministerium zugunsten der Arbeitgeber eine Nichtbeanstandungsregelung beschlossen.
Danach wird es nicht beanstandet, wenn der Arbeitgeber von seiner Anzeigepflicht nach § 41c Abs. 4 EStG absieht, sofern die Differenz zwischen der dem Arbeitnehmer gezahlten Verdienstausfallentschädigung und der dem Arbeitgeber bewilligten Erstattung 200 EUR pro Quarantänefall nicht übersteigt. Das bedeutet im Klartext: Die zu gering einbehaltene Lohnsteuer wird weder vom Arbeitgeber im Haftungsweg gefordert (analoge Anwendung des § 42d Abs. 2 EStG) noch vom Arbeitnehmer im Rahmen einer Nachforderung.
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BMF 25.1.23, IV C 5 – S 2342/20/10008 :003