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Ein Erstattungsüberhang i. S. d. § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG erfordert lediglich ein „Übersteigen“ der erstatteten Aufwendungen über die im Erstattungsjahr geleisteten Aufwendungen, die auch 0 EUR betragen können. Ein Kirchensteuer-Erstattungsüberhang liegt damit auch dann vor, wenn der Steuerpflichtige im Veranlagungszeitraum der Kirchensteuererstattung keine Kirchensteuer gezahlt hat. Die Hinzurechnung nach § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG findet auch statt, wenn sich die erstattete Zahlung im Zahlungsjahr nicht steuermindernd ausgewirkt hat.

Hintergrund

Ein Kirchensteuer-Erstattungsüberhang liegt vor, wenn die im Veranlagungszeitraum erstatteten Aufwendungen die geleisteten Aufwendungen übersteigen (§ 10 Abs. 4b Satz 2 EStG).

Entscheidung

Der BFH ist der Auffassung, dass ein Erstattungsüberhang i. S. d. § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG in Bezug auf Kirchensteuer nicht voraussetzt, dass der Steuerpflichtige im Veranlagungszeitraum der Kirchensteuererstattung zugleich eine Kirchensteuerzahlung erbracht hat. Ein „Erstattungsüberhang“ im Sinne dieser Vorschrift kann daher auch vorliegen, wenn im Erstattungsjahr keine Kirchensteuer gezahlt worden ist. Der Wortlaut der Vorschrift setzt das Vorliegen einer (verrechenbaren) Kirchensteuerzahlung nicht voraus.

Der BFH macht deutlich, dass ein „Verrechnen“ von gezahlter Kirchensteuer nicht Bestandteil der Legaldefinition des Erstattungsüberhangs ist. Er geht davon aus, dass eine anhand der Gesetzesbegründung vorgenommene historische und teleologische Gesetzesauslegung ein Verständnis des § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG bedingt, dass ein Erstattungsüberhang im Sinne dieser Vorschrift auch im Fall einer fehlenden Kirchensteuerzahlung im Erstattungsjahr gegeben ist.

Vor diesem Hintergrund bestanden gegen die Hinzurechnung im Streitjahr auch insoweit keine Bedenken, als die Kirchensteuer-Vorauszahlung in Höhe von 508.768 EUR im Zahlungsjahr 2009 keine steuermindernde Wirkung entfaltet hatte.

fundstelle
BFH 29.6.22, X R 1/20