Wenn der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer unentgeltlich ein Motorrad zur Privatnutzung überlässt, führt dies zu einem steuerbaren Nutzungsvorteil und somit zum Lohnzufluss. Wenn ein Motorrad dagegen ohne eine fremdübliche Vereinbarung durch den Vater des Alleingesellschafters einer GmbH privat genutzt wird, kann dies zu einer verdeckten Gewinnausschüttung beim Gesellschafter führen.
Sachverhalt
Der Sohn des Steuerpflichtigen hatte 2016 eine GmbH gegründet. Alleiniger Geschäftsführer war der Steuerpflichtige. Gegenstand des Unternehmens war zunächst der Betrieb von Kurierdiensten. 2016 hatte die GmbH, mit dem Steuerpflichtigen sowie weiteren Arbeitnehmern jeweils einen Arbeitsvertrag für geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer bis 450 EUR geschlossen. Im Rahmen einer Betriebsprüfung wurde durch die Prüfer festgestellt, dass sich im Prüfungszeitraum zeitweise zwei Motorräder im Betriebsvermögen der GmbH befunden hätten, die von dem Steuerpflichtigen privat genutzt und nicht nach der 1 %-Regelung als zusätzlicher Arbeitslohn versteuert worden wären.
Der Steuerpflichtige argumentierte, dass es sich bei den Motorrädern um rein private Motorräder handele, die nichts mit dem Betrieb zu tun hätten. Der Steuerpflichtige hätte aufgrund der geringen Beträge nicht gemerkt, dass sämtliche Anschaffungs- und Unterhaltskosten über den Betrieb abgerechnet worden seien, anderenfalls hätte er dem Unternehmen die Kosten erstattet. Grund für die Anmeldung auf das Unternehmen sei der günstigere Versicherungstarif (Flottentarif) gewesen. Erst nachdem dem Steuerpflichtigen die steuerliche Würdigung aufgezeigt wurde, behauptete dieser, die Motorräder wären betrieblich genutzt worden.
Entscheidung
Überlässt der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt einen Dienstwagen oder ein Motorrad im Rahmen eines steuerlich anzuerkennenden Dienstverhältnisses zur privaten Nutzung, führt das zu einem als Lohnzufluss nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu erfassenden steuerbaren Nutzungsvorteil des Arbeitnehmers.
Liegt hingegen eine vertragswidrige Nutzung oder eine Nutzung ohne eine fremdübliche Vereinbarung durch den Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft oder einer diesem nahestehenden Person vor, kann dies zu einer vGA i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG beim Gesellschafter führen.
Eine vGA setzt allgemein voraus, dass die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vorteil zuwendet und diese Zuwendung ihren Anlass im Gesellschaftsverhältnis hat. Sie kann auch ohne tatsächlichen Zufluss beim Gesellschafter verwirklicht werden, wenn der Vorteil dem Gesellschafter durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst mittelbar in der Weise zugewendet wird, dass eine ihm nahestehende Person aus der Vermögensverlagerung Nutzen zieht.
Ist der Gesellschafter ein beherrschender Gesellschafter, kann die Vermögensminderung schon dann ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis haben, wenn der Leistung an den Gesellschafter oder eine diesem nahestehende Person keine klare und von vornherein abgeschlossene Vereinbarung zugrunde liegt oder die Vereinbarung nach ihrem Inhalt oder ihrer tatsächlichen Durchführung nicht dem entspricht, was zwischen Fremden üblich ist. Außerdem kann zur Beurteilung der Fremdüblichkeit zumindest häufig auch auf die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze für Vertragsverhältnisse zwischen nahen Angehörigen zurückgegriffen werden.
Im Streitfall war bei summarischer Prüfung im Aussetzungsverfahren von einer privaten Nutzung oder Mitbenutzung der beiden Motorräder durch den Steuerpflichtigen und dessen Sohn auszugehen.
Nach der allgemeinen Lebenserfahrung werden dienstliche Fahrzeuge, die zu privaten Zwecken zur Verfügung stehen, auch tatsächlich privat genutzt. Dafür spricht der Beweis des ersten Anscheins. Etwas anderes gilt nur dann ausnahmsweise, wenn es sich um ein Fahrzeug handelt, das typischerweise zum privaten Gebrauch nicht geeignet ist. Soweit keine besonderen Umstände hinzutreten, kann das FG daher aufgrund der Anscheinsbeweisregel regelmäßig davon ausgehen, dass eine private Nutzung stattgefunden hat.
Praxistipp
Der Beweis des ersten Anscheins kann vom Steuerpflichtigen entkräftet oder erschüttert werden. Hierzu ist der Vollbeweis des Gegenteils nicht erforderlich. Der Steuerpflichtige muss also nicht beweisen, dass eine private Nutzung nicht stattgefunden hat. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass er einen Sachverhalt darlegt (und im Zweifelsfall nachweist), der die ernsthafte Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Erfahrung entsprechenden Geschehens ergibt.
fundstelle
FG Münster 3.6.22, 9 V 1001/22 E