Erwirbt eine Besitzgesellschaft im Rahmen einer Betriebsaufspaltung ein Grundstück und besteht auf einem Nachbargrundstück eine Grunddienstbarkeit zugunsten des jeweiligen Eigentümers des erworbenen Grundstücks, stellt die Grunddienstbarkeit notwendiges Betriebsvermögen der Besitzgesellschaft dar, ohne dass es auf die Kenntnis von deren Existenz ankommt.
Sachverhalt
Streitig war, ob Einnahmen der Steuerpflichtigen (Besitzgesellschaft im Rahmen einer Betriebsaufspaltung) aus einem Verzicht auf ihr bei dem Erwerb zunächst nicht bekannte Grunddienstbarkeiten den gewerblichen Einkünften zuzuordnen sind und damit der Einkommensteuer unterliegen.
Entscheidung
Das FG wies die Klage ab und entschied, dass das FA die Grunddienstbarkeiten zu Recht als selbstständiges Wirtschaftsgut des notwendigen Betriebsvermögens der Steuerpflichtigen qualifiziert und den Gewinn aus dem Verzicht auf diese den gewerblichen Einkünften zugerechnet hatte.
Begriff des Wirtschaftsguts
Der Begriff des Wirtschaftsguts ist weit zu fassen. Hierunter fallen Sachen, Rechte oder tatsächliche Zustände, konkrete Möglichkeiten oder Vorteile für den Betrieb, deren Erlangung der Kaufmann sich etwas kosten lässt, die einer besonderen Bewertung zugänglich sind, in der Regel eine Nutzung für mehrere Wirtschaftsjahre erbringen und zumindest mit dem Betrieb übertragen werden können.
Die Voraussetzungen für die Einordnung als Wirtschaftsgut waren im Streitfall erfüllt. Es handelte sich bei der Gewerbebetriebsbeschränkung und dem Gewerbebetriebsverbot um ein dinglich gesichertes Recht.
Bei den Grunddienstbarkeiten handelte es sich auch um notwendiges Betriebsvermögen. Denn die Steuerpflichtige hatte die Grunddienstbarkeiten objektiv erkennbar zum Einsatz in ihrem Betrieb bestimmt, indem sie den Verzicht in ihrer Buchführung erfasst hatte. Erst im Anschluss an die Betriebsprüfung des FA vertrat sie die Auffassung, es habe sich bei den Grunddienstbarkeiten um Privatvermögen gehandelt, zumal ihre Existenz bei dem Erwerb der Grundstücke gar nicht bekannt gewesen sei.
Da FG machte jedoch deutlich, dass es letztlich nicht darauf ankommt, dass die Steuerpflichtige bei dem Erwerb des Grundstücks keine Kenntnis von den an diesem „hängenden“ Grunddienstbarkeiten hatte und es somit jedenfalls bis zu der Erfassung des nach ihrem Bekanntwerden erfolgten Verzichts in der Buchführung an deren eindeutig erkennbarer Widmung zum Betriebsvermögen mangelte. Denn nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG gilt die Tätigkeit der Steuerpflichtigen, die als Personengesellschaft (auch) gewerblich tätig ist, in vollem Umfang als Gewerbebetrieb. Diese Einstufung der Tätigkeit als Gewerbebetrieb hat zur Folge, dass sämtliche Wirtschaftsgüter der Personengesellschaft zu gewerblichem Betriebsvermögen werden, und zwar selbst einschließlich derjenigen Wirtschaftsgüter, die bei getrennter Betrachtung der privaten Vermögenssphäre zuzuordnen wären.
fundstelle
FG Niedersachsen 16.2.22, 4 K 89/20