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Nach der Datenschutz-Grundverordnung besteht kein Anspruch auf Auskunft über die bei der Informationszentrale für steuerliche Auslandsbeziehungen (IZA) gespeicherten Daten.

Hintergrund

Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ist eine EU-Verordnung, mit der die Regeln zur Verarbeitung personenbezogener Daten sowohl durch private als auch durch öffentliche Einrichtungen EU-weit vereinheitlicht werden. Dadurch sollen
* der Schutz personenbezogener Daten innerhalb der EU sichergestellt und
* der freie Datenverkehr innerhalb des Binnenmarkts gewährleistet werden.

Die DSGVO regelt die Voraussetzungen und die Grenzen der Sammlung und Verarbeitung dieser Daten und gibt so den Rahmen für Ansprüche der Betroffenen vor. Das nationale Recht kann die Verordnung ergänzen. So beschränkt das deutsche Recht in § 32c AO insbesondere die Auskunftsrechte der betroffenen Personen, soweit die Arbeit der Finanzverwaltung dies erfordert.

Sachverhalt

Die Steuerpflichtige ist eine im Ausland registrierte Gesellschaft. Das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung führte eine Fahndungsprüfung durch, die zu geänderten Bescheiden und in ein Klageverfahren führte. Zentraler Streitpunkt war die Frage, wo die geschäftliche Oberleitung der Steuerpflichtigen tatsächlich ansässig war. Die Finanzverwaltung sah diese in Deutschland ansässig. Im Rahmen einer mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht kam es zu einer tatsächlichen Verständigung dahingehend, dass die geschäftliche Oberleitung sich bis 2008 im Inland und ab 2009 ausschließlich im Ausland befunden habe.

Im Jahr 2018 beantragte die Steuerpflichtige unter Hinweis auf diese Verständigung beim Finanzamt und beim BZSt erstmals die Änderung der über sie bei der IZA gespeicherten Daten. Sie legte dafür ihr eigenes Firmenprofil bei der IZA vor. Darin wurde sie als Briefkastenfirma und Offshore-Gesellschaft bezeichnet, die nach Ermittlungen des Finanzamts keine inländische Betriebsstätte unterhalte. Auf dem Auszug hatte die Steuerpflichtige Löschungs- und Änderungswünsche vermerkt, die sich im Wesentlichen gegen eine Ansässigkeit in Deutschland richteten. Nach einer erstmaligen Ablehnung und einem erneuten Antrag der Steuerpflichtigen lehnte das BZSt den Antrag schließlich schriftlich ab.

Im Rahmen eines Einspruchs reichte die Steuerpflichtige ihr aktualisiertes Firmenprofil bei der IZA ein, auf dem sie wiederum Löschungs- und ­Änderungswünsche vermerkt hatte. Darin hieß es unter Hinweis auf ­Ermittlungen des Finanzamts zur Geschäftsleitung u. a. „… von 2009 bis 2012 Geschäftsleitung in … [Ausland]; ab 2013 Offshore Gesellschaft …“. Die Steuerpflichtige erläuterte, dass sie die sie betreffenden Datenauszüge auch ohne eigenen Anspruch zu gegebener Zeit von ihren Geschäfts­partnern erhalten werde. Würden diese wegen einer angeblich ausländischen Geschäftsleitung der Steuerpflichtigen mit ungerechtfertigten ­Umsatzsteuerforderungen überzogen, müssten spätestens im jeweiligen Finanzgerichtsverfahren die vermeintlichen Erkenntnisse über die Steuerpflichtige offengelegt werden.

Das BZSt fasste den Einspruch sowie ein weiteres Schreiben der Steuerpflichtigen als Erweiterung des Antrags auf Änderung von Informationen im Bestand der IZA auf und lehnte diesen ab. Ansprüche aus der DSGVO bestünden nicht. Die Aufgabe der IZA liege im öffentlichen Interesse. Die IZA solle eine zutreffende Besteuerung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten sicherstellen. Die Offenbarung von Daten könne die Ausübung der Kontroll- und Aufsichtsaufgaben der Behörden beeinträchtigen. Rechtsschutz sei im Rahmen desjenigen Verwaltungsverfahrens zu suchen, das die Informationen der IZA verwerte.

Mit ihrer Klage beantragte die Steuerpflichtige die Korrektur der über sie bei der IZA gespeicherten Datensätze. Sie ergänzte, in der Praxis prüften die Finanzbehörden die Auskünfte der IZA nicht selbstständig. Das BZSt hat im Klageverfahren u. a. vorgetragen, die Steuerpflichtige habe zu Unrecht Zugriff auf die über sie verwalteten Daten erlangt. In der mündlichen Verhandlung erklärte es, die Daten betreffend die Steuerpflichtige seien mittlerweile erneut geändert worden. Eine Mitteilung über den Inhalt der Änderung erfolge nicht.

Das FG hat die Klage abgewiesen. Es bestehe kein Anspruch auf Auskunft über den durch das BZSt nicht preisgegebenen aktuellen Datenbestand, sodass keine Grundlage für einen Korrekturanspruch gegeben sei. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung stehe hinter dem Interesse des Staats an einer ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung in Bezug auf die gleichmäßige Festsetzung und Erhebung von Steuern zurück. Frühzeitige Auskunftserteilung mache die gesammelten Daten weitgehend wertlos, während der Betroffene zu einem späteren Zeitpunkt Rechtsschutz erhalte.

Entscheidung

Der BFH hat die Revision der Steuerpflichtigen als unbegründet zurückgewiesen. Das Finanzgericht hat danach zu Recht erkannt, dass die Steuerpflichtige weder einen Anspruch auf Auskunft noch auf Änderung der Datensätze bei der IZA besitzt. Ansprüche aus der DSGVO sind in zulässiger Weise durch die Abgabenordnung eingeschränkt worden.

Eine Auskunftserteilung über die bei der IZA gesammelten Daten gefährdet die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben der Finanzbehörden. Die Datensammlung verfehlt ihren Zweck, wenn der Betroffene wüsste, welche Daten über ihn gespeichert sind. Der Geschäftsführer einer Domizilgesellschaft nimmt typischerweise bei einer Vielzahl solcher Gesellschaften eine Organstellung ein. Eine Auskunftserteilung legt offen, über welche seiner Funktionen die Finanzverwaltung bereits informiert ist. Den steuerlichen Folgerungen wäre durch Rückzug aus bereits bekannten Domizilgesellschaften und dem Tätigwerden in bisher unbekannten oder neuen Domizilgesellschaften zu begegnen. So wären zentral gesammelte Daten keine zuverlässige Entscheidungsgrundlage für die gleichmäßige Festsetzung und Erhebung der Steuern mehr und folglich wertlos.

Allein der Umstand, dass ein Betroffener – wie von der Steuerpflichtigen vorgetragen – im Einzelfall möglicherweise stattdessen zufällig Jahre später über einen Geschäftspartner gleichwohl Kenntnis über einzelne gespeicherte Daten erhalten könnte, ändert daran nichts.

Die Interessen der betroffenen Person an der Informationserteilung müssen hinter das überwiegende Allgemeininteresse zurücktreten.

Die Frage, ob im jeweiligen Einzelfall die Interessen der Finanzverwaltung gefährdet sind, ist nicht zu prüfen. Dies wäre ohne Preisgabe aller vorliegenden Datensätze nicht möglich, womit aber die begehrte Auskunft bereits erteilt und die Prüfung obsolet wäre. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob die Steuerpflichtige aus dritter Quelle tatsächlich Kenntnis von den bei der IZA über sie gespeicherten Datensätzen hat, zumal ohne umfängliche Auskunftserteilung niemals feststeht, ob diese Kenntnis noch dem Datenbestand zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung entspricht.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Abwägung bestehen nach Meinung des BFH unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BVerfG nicht.

Praxistipp

Im Besprechungsurteil geht der BFH erstmals auf das Verhältnis der (europäischen) DSGVO zum nationalen (deutschen) Steuerrecht ein. Dabei zeigt der BFH die Grenzen auf, mit denen der Gesetzgeber in den §§ 32a ff. AO den an sich unbestritten wichtigen Informationsanspruch des Steuerpflichtigen im Besteuerungsverfahren ausgestattet hat, und bestätigt dabei weitgehend die Rechtsauffassung des Finanzgerichts. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung steht hinter dem Interesse des Staats an einer ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung in Bezug auf die gleichmäßige Festsetzung und Erhebung von Steuern zurück. Eine Auskunftserteilung würde die gesammelten Daten weitgehend entwerten. Rechtsschutz erhält der Betroffene zu einem späteren Zeitpunkt. Die sich aus der DSGVO ergebende Informations- und Berichtigungspflicht wurde in zulässiger Weise durch die §§ 32a ff. AO eingeschränkt. Selbst in Bezug auf bekannt gewordene und etwa fehlerhafte Daten besteht kein Korrekturanspruch, da den Informationen der IZA keine Bindungswirkung zukommt.

fundstelle
BFH 17.11.21, II R 43/19