Eine Vergütung, die ein in Deutschland ansässiger Dolmetscher für seine tageweise Beschäftigung beim Europarat erhält, ist nicht nach dem Allgemeinen Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen des Europarats vom 2.9.49 steuerbefreit. Einer Verfügung des Generalsekretärs des Europarats, die hinsichtlich einer solchen Vergütung Steuerfreiheit gewährt, kommt keine Bindungswirkung zulasten des nationalen Besteuerungsrechts zu.
Sachverhalt
Der Steuerpflichtige ist selbstständiger Dolmetscher. Er war im Streitjahr 2012 an einzelnen Tagen als Konferenzdolmetscher für den Europarat in Straßburg tätig. Die ihm hierfür gezahlte Vergütung legte das FA bei der inländischen Besteuerung des Steuerpflichtigen als Einnahmen aus selbstständiger Arbeit zugrunde. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.
Entscheidung
Auch der BFH kam im Revisionsverfahren zu dem Ergebnis, dass das Entgelt für die Tätigkeit des Steuerpflichtigen als tageweise beschäftigter Konferenzdolmetscher nicht nach Art. 18 Buchst. b des Allgemeinen Abkommens steuerbefreit ist. Art. 18 Buchst. b des Allgemeinen Abkommens ist als Rechtsgrundlage für die begehrte Steuerbefreiung anwendbar, da Deutschland dem Allgemeinen Abkommen durch Gesetz vom 30.4.54 (BGBl II 1954, 493) beigetreten ist. Völkerrechtliche Verträge gelten, soweit sie aufgrund eines Zustimmungsgesetzes innerstaatlich anwendbar sind, als Bestandteil des Bundesrechts. Art. 18 Buchst. b des Allgemeinen Abkommens enthält keine Ausnahme von der unbeschränkten (persönlichen) Steuerpflicht, sondern eine den Regelungen des § 3 EStG vergleichbare Steuerbefreiung der im Zusammenhang mit der Tätigkeit erzielten Einnahmen. Wegen der unmittelbaren Geltung des Allgemeinen Abkommens als nationales Recht bedurfte es keiner Aufnahme in die letztgenannte Vorschrift.
fundstelle
BFH 16.3.22, VIII R 33/19