Die rückwirkend ab 2008 eingeführte Regelung des Anspruchs auf Teilerlass der Grundsteuer bei einem wesentlich geminderten Mietertrag ist mit dem Grundgesetz vereinbar, so das Urteil des BFH.
Dies ist auch der Fall, soweit es die Anwendung bereits für das Jahr 2008 betrifft. Der Gesetzgeber hat dadurch, dass er den Anspruch auf Teilerlass von einer stärkeren Abweichung des tatsächlichen Ertrags vom normalen Rohertrag abhängig macht, den ihm vom Grundgesetz eingeräumten weiten Gestaltungsspielraum nicht überschritten.
BFH 18.4.12, II R 36/10,
Rückwirkung: VG Düsseldorf 7.10.09, 5 K 4144/09, ZKF 10, 95
VG Halle (Saale) 13.4.11,5 A 19/10
Nach der Rechtsprechung von BFH und BVerwG zu § 33 GrStG kommt ein Erlass auch bei strukturell bedingtem Leerstand in Betracht. Durch die damit ausgeweitete Anwendung befürchteten die Gemeinden erhebliche Steuerausfälle. Die Änderung sollte zur gerechteren Lastenverteilung zwischen Grundstückseigentümer und Kommunen beitragen. Durch den Anstieg der Erlasshöhe werden Mindereinnahmen in Grenzen gehalten und es bleibt eingeschränkt ein Erlass möglich. Der Gesetzgeber ist nach dem allgemeinen Gleichheitssatz nicht verpflichtet, bereits bei einer geringeren Mietminderung einen Erlassanspruch einzuräumen.
Dem Steuerpflichtigen ist zuzumuten, die volle Grundsteuer zu entrichten, wenn der normale Rohertrag des Grundstücks nicht um mehr als 50 % gemindert ist, weil die Grund- als Realsteuer grundsätzlich ohne Rücksicht auf die persönlichen Verhältnisse und die persönliche Leistungsfähigkeit des Eigentümers erhoben wird.
Bis 2007 bestand ein Erlassanspruch, wenn der Jahres-Rohertrag um mehr als 20 % niedriger war. In diesen Fällen wurde Grundsteuer mit vier Fünftel der Minderung erlassen. Seit 2008 muss der Rohertrag um mehr als die Hälfte niedriger sein, um eine Erstattung der Grundsteuer in Höhe von 25 % zu erhalten. Wurde gar kein Rohertrag erzielt, beträgt die Rückerstattung der Grundsteuer 50 %.
Weiterhin wurde festgestellt, dass es sich um eine zulässige unechte Rückwirkung handelt, denn bei der Verkündung des JStG lag kein abgeschlossener Sachverhalt vor, weil der Anspruch auf Erlass erst mit Ablauf des Kalenderjahres entsteht. Erst dann steht fest, inwieweit der tatsächliche Ertrag in diesem Jahr vom normalen Rohertrag abgewichen ist und ob die Voraussetzungen für einen Grundsteuererlass erfüllt sind. Die Änderung des § 33 GrStG wurde noch vor Ablauf des Erlasszeitraums im BGBl I verkündet und diente dem Ziel, die durch die geänderte Auslegung eintretenden unerwarteten Steu-ermindereinnahmen bei den Gemeinden auszugleichen.
Der BFH hat in diesem Zusammenhang nicht geprüft, ob die Anknüpfung der Grundsteuer an die Einheitswerte für die Jahre ab 2008 noch verfassungsgemäß ist oder ob dies wegen der maßgebenden Wertverhältnisse 1964 und im Beitrittsgebiet von 1935 nicht der Fall ist. Er hat aber angemerkt, dass die Änderung im Hinblick auf den einem Steuerpflichtigen zustehenden Vertrauensschutz auch nicht unverhältnismäßig ist.
Denn durch die Anhebung der Grenze, ab der eine Minderung des normalen Rohertrags zu einem Erlassanspruch führt, war zum einen der Vergleich zu den Verkehrswerten der betroffenen Grundstücke von relativ geringer Bedeutung. Zum anderen gilt das insbesondere, wenn man berücksichtigt, dass die Grundsteuer zu den ertragsteuerlich abziehbaren Betriebsausgaben oder Werbungskosten gehört. Der Gesetzgeber konnte dabei den Ausgleich innerhalb der Gruppe von Hauseigentümern vornehmen, bei denen ein Erlassanspruch in Betracht kommt. Er brauchte die Gemeinden nicht auf die Möglichkeit zu verweisen, das Grundsteueraufkommen durch eine Erhöhung des Hebesatzes sicherzustellen.