In für ARBEITNEHMER, für Ärzte, für BUCHHALTER & UNTERNEHMENSBERATER, für Freiberufler, für UNTERNEHMER, Steuer-Tipps für ALLE

Da die geplante Anhebung des Grundfreibetrags von bisher 9.984 EUR auf 10.347 EUR und die geplante Anhebung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags von bislang 1.000 EUR auf 1.200 EUR rückwirkend zum 1.1.2022 in Kraft treten, wurden bei einigen Arbeitnehmern in den Monaten bis zur Änderung zu viele Steuern einbehalten. Ist der Arbeitgeber zur Lohnsteuerkorrektur verpflichtet?

Verpflichtung des Arbeitgebers zur Lohnsteuerkorrektur

Die Antwort auf die Frage, ob der Arbeitgeber zur rückwirkenden Änderung des Lohnsteuerabzugs 2022 verpflichtet ist, findet sich in der Bundestags-Drucksache 20/1333 vom 5.4.2022 auf Seite 12. Dort steht sinngemäß, dass der bisher im Jahr 2022 vorgenommene Lohnsteuerabzug vom Arbeitgeber „grundsätzlich“ zu korrigieren ist, wenn ihm dies – was die Regel ist – wirtschaftlich zumutbar ist (§ 41c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 EStG).

Wirtschaftlich zumutbar ist die rückwirkende Änderung des Lohnsteuerabzugs immer dann, wenn ein Arbeitgeber die Lohnabrechnung maschinell vornimmt und das Lohnabrechnungsprogramm eine rückwirkende Neuberechnung vorsieht und ermöglicht. Da das bei den meisten Softwareprogrammen der Fall sein dürfte, ist die Lohnsteuerkorrektur für Arbeitgeber mit Lohnsoftware als verpflichtend anzusehen. Diese Verpflichtung kann der Bundestags-Drucksache 16/11740 vom 27.1.2009 auf Seite 26 entnommen werden.

Wann ist die Lohnsteuerkorrektur vorzunehmen?

Die Korrektur der Lohnsteuer kann erst durchgeführt werden, wenn das Steuerentlastungsgesetz 2022 und damit die Erhöhung des Grundfreibetrags sowie die Erhöhung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags in Kraft getreten sind. Zusätzlich muss das Bundesfinanzministerium die geänderten Programmablaufpläne für den Lohnsteuerabzug 2022 veröffentlichen, (im Entwurf: BMF 30.3.22, IV C 5 – S 2361/19/10008 :005). Diesem Entwurf des BMF-Schreibens ist zu entnehmen, dass die geplanten Änderungen zum 1.6.2022 in Kraft treten sollen.

Praxistipp

Die Lohnsteuerkorrektur kann erst dann durchgeführt werden, wenn der Anbieter der Lohn-Software ein Update mit den geänderten Programmablaufplänen für den Lohnsteuerabzug 2022 anbietet.

Art und Weise der Neuberechnung der Lohnsteuer

In welcher Art und Weise die Lohnsteuerkorrektur durchgeführt werden soll, bleibt dem Arbeitgeber frei überlassen. Es besteht insoweit keine gesetzliche Verpflichtung. Dem Arbeitgeber stehen folgende Möglichkeiten zur Neuberechnung der Lohnsteuer zur Verfügung:

* Neuberechnung für zurückliegende Lohnzahlungszeiträume durch Abgabe geänderter Lohnsteueranmeldungen
* Durchführung einer Differenzberechnung für diese Lohnzahlungszeiträume
* Erstattung im Rahmen der Berechnung der Lohnsteuer für einen demnächst fälligen sonstigen Bezug

Ausnahme zur Verpflichtung der Lohnsteuerkorrektur

Nicht zur Lohnsteuerkorrektur verpflichtet sind Arbeitgeber dann, wenn
* sie die Lohnabrechnung nicht mit einer Lohnabrechnungssoftware durchführen und die rückwirkende Anpassung deshalb wirtschaftlich nicht zumutbar ist (dürfte der absolute Ausnahmefall sein);
* das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt des Änderungsbedarfs nicht mehr besteht, weil der Arbeitnehmer etwa in Rente gegangen ist oder weil das Arbeitsverhältnis anderweitig beendet wurde.

Unterbliebene Korrektur: Rechte des Arbeitnehmers

Der Bundestags-Drucksache 20/1333 vom 5.4.2022 zum Entwurf des ­Steuerentlastungsgesetzes 2022 kann entnommen werden, welche Rechte Arbeitnehmern zustehen, um die zu viel bezahlten Steuern zurückfordern zu können. Die folgenden zwei Varianten sind denkbar:

* Antrag beim Betriebsstättenfinanzamt: Ändert der Arbeitgeber den Lohnsteuerabzug nicht rückwirkend, kann der Arbeitnehmer beim für die Lohnsteuer des Arbeitgebers zuständigen Betriebsstättenfinanzamt die Änderung der Lohnsteueranmeldung und damit die Erstattung zu viel bezahlter Steuern beantragen (§ 41c Abs. 3 EStG; R 41c.1 Abs. 5 Satz 3 LStR). Diese Änderungsmöglichkeit besteht jedoch nur, solange der Arbeitgeber noch keine Lohnsteuerbescheinigung 2022 ans Finanzamt übermittelt hat.

* Einkommensteuererklärung: Der gängigere Fall dürfte sein, dass der Arbeitnehmer nach Ablauf des Jahres 2022 eine Einkommensteuererklärung 2022 beim Finanzamt einreicht. Im Steuerbescheid werden dann zu viel bezahlte Steuern erstattet.

fundstellen
* BMF 30.3.22, IV C 5 – S 2361/19/10008 :005, Bundestags-Drucksache 16/11740 vom 27.1.09