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Bei Konzernbetriebsprüfungen gilt der strenge Blick der Prüfer den Darlehenszinsen, die ein in Deutschland ansässiges verbundenes Unternehmen an ein im Ausland gelegenes Unternehmen des Konzernverbunds bezahlt. Der BFH hat in zwei Urteilen sehr wichtige Grundsätze aufgestellt, an die sich Unternehmen und Finanzverwaltung bei Ermittlung fremdüblicher Darlehenszinsen zu richten haben. Hier die entscheidenden Aussagen dieser beiden BFH-Urteile.

Darum ging es im Urteilsfall 1

Im ersten Fall gewährte eine in den Niederlanden ansässige Schwestergesellschaft einer in Deutschland ansässigen GmbH ein Darlehen. Sicherheiten wurden nicht vereinbart. Die Darlehenszinsen lagen zwischen 4,375 % und 6,45 %. Im Rahmen einer Betriebsprüfung kam das Finanzamt zu der Auffassung, dass die Zinsen zu hoch und damit nicht fremdüblich waren. Es setzte eine verdeckte Gewinnausschüttung an.

Zu der Auffassung gelangte das Finanzamt, weil die inländische GmbH bei Banken Darlehen mit Zinsen zwischen 2,9 % und 4,1 % aufnahm. Diese Darlehen wurden jedoch mit Bankbürgschaften abgesichert.

Bei der Ermittlung der fremdüblichen Zinsen ging das Finanzamt einen ganz neuen Weg und ermittelte die fremdübliche Verzinsung nach der Kostenaufschlagsmethode. Die Kosten des Darlehensgebers wurden geschätzt und ein Kostenaufschlag wurde ermittelt. Nur diese Zahlungen – als Vergütung für eine Art Dienstleistung – hätte ein fremder Dritter als Darlehenszinsen geleistet.

Gegen diese fragwürdige Ermittlung der fremdüblichen Zinsen bei Konzerndarlehen klagte die inländische GmbH und bekam in vielen Punkten von den Richtern des Bundesfinanzhofs recht (BFH 18.5.21, I R 4/17).

Kostenaufschlagsmethode ist nicht die vorrangige Methode

Die Finanzverwaltung ist der Auffassung, dass die fremdüblichen Zinsen bei Konzerndarlehen nach der Kostenaufschlagsmethode ermittelt werden müssen. Diese Methode sei vorrangig vor der Preisvergleichsmethode anwendbar (siehe dazu Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise; BMF 14.7.21, IV B 5 – S 1341/19/10007 :001).

Gegenargument BFH

Diese Auffassung teilt der Bundesfinanzhof ausdrücklich nicht. Genau das Gegenteil sei der Fall. Die Preisvergleichsmethode sei vorrangig vor der Kostenaufschlagsmethode zur Ermittlung fremdüblicher Zinsen anzuwenden.

Beachten Sie | Die Preisvergleichsmethode vergleicht den bei Geschäften zwischen verbundenen Unternehmen vereinbarten Preis mit dem Preis, der bei vergleichbaren Geschäften zwischen unabhängigen Dritten bzw. zwischen einem der verbundenen Unternehmen und einem fremden Dritten vereinbart wurde, die nicht durch gesellschafts- bzw. gesellschafterbezogene Dispositionen beeinflusst werden können.

Fazit | Die Preisvergleichsmethode ist somit zur Ermittlung fremdüblicher Zinsen heranzuziehen.

Keine Vergleichbarkeit des Finanzierungsunternehmens mit einer Bank

Dass die Preisvergleichsmethode nicht zur Anwendung kommt, begründet die Finanzverwaltung folgendermaßen: Eine darlehensgebende Finanzierungsgesellschaft innerhalb eines Konzerns ist mangels vergleichbarer Leistungsbeziehungen und Bedingungen nicht mit einer Bank als externer Darlehensgeberin vergleichbar. Eine Finanzierungsgesellschaft innerhalb eines Konzerns hat eine andere Geschäftsausrichtung, kein Filialnetz und weniger bis keine Mitarbeiter.

Gegenargument BFH

Diese auch in der Vorinstanz vom Finanzgericht vertretene Ansicht ist nach Auffassung des BFH nicht frei von Rechtsfehlern. Anders ausgedrückt: Diese Auffassung ist schlichtweg falsch. Denn die grundsätzliche Geeignetheit der Preisvergleichsmethode für die Ermittlung fremdüblicher Darlehenszinsen ergibt sich vielmehr daraus, dass das Objekt der Leistung (= Überlassung von Geld für einen bestimmten Zeitraum) im Kern homogen und objektiv vergleichbar ist und es für die Aufnahme und Vergabe von Krediten zahlreiche Märkte mit verfügbaren Informationen und Analysen gibt (siehe auch OECD-Verrechnungspreisrichtlinien zu Finanztransaktionen, Tz. 10.90).

Fazit | Es kommt also auf das Objekt der Leistung an (hier Überlassung von Geld) und nicht darauf, welche Geschäfte die Finanzierungsgesellschaft eines Konzerns im Vergleich zu einer Bank tätigt.

Fehlende Vergleichbarkeit der Leistungen wegen fehlender Besicherung der Konzerndarlehen

Das Finanzamt lehnte die Preisvergleichsmethode zudem ab, weil für die aufgenommenen Darlehen bei der Bank eine Bankbürgschaft bestand und für die aufgenommenen Konzerndarlehen eben keine Sicherheiten bestanden. Eine Vergleichbarkeit der Zinsen für die Bestimmung fremdüblicher Zinssätze sei deshalb nicht möglich. Eine Abbildung fremdüblicher Zinssätze wäre somit nur über die Kostenaufschlagsmethode möglich.

Gegenargument BFH

Der (interne) Fremdvergleich mit den von der GmbH bei außenstehenden Banken aufgenommenen Darlehen dürfe nicht ohne weitere Feststellungen mit der Begründung abgelehnt werden, es fehle an der Vergleichbarkeit der Leistungen, weil bei den Bankdarlehen Sicherheiten vereinbart wurden.

Fazit | Dass bei Konzerndarlehen keine Sicherheiten vereinbart werden, dürfte der Regelfall sein. Das ist aber kein Grund, die Preisvergleichsmethode für die Ermittlung fremdüblicher Zinsen von vornherein auszuschließen.

Ablehnung eines Ratings

Konzernbetriebsprüfer der Finanzverwaltung lehnen von den Unternehmen vorgelegte Ratings mit Aussagen über die Bonität des Darlehensnehmers und über die Ausfallwahrscheinlichkeit des Darlehensbetrags ab, weil in der Regel nicht nachvollziehbar ist, welche mathematischen Algorithmen die einzelnen Ratingagenturen bei ihrer Einstufung verwendet haben. Im Urteilsfall wurde das Rating von Standard & Poors mit diesem Argument abgelehnt.

Gegenargument des BFH

Eine von der Marktpraxis anerkannte und angewendete Grundlage für die Bonitätsprüfung von Unternehmen darf nicht generell abgelehnt werden. Das Finanzgericht hätte im Rahmen der Amtsermittlung nach § 176 Abs. 1 Satz 1 FGO die Möglichkeit, gegebenenfalls einen Vertreter der Ratingagentur zu Einzelheiten der Bonitätsermittlung zu befragen, das vorgelegte Rating durch einen Sachverständigen prüfen zu lassen oder einen Sachverständigen mit einer Bonitätsbeurteilung zu betrauen.

Fazit | Die Finanzämter können Ratings nun nicht mehr generell ablehnen, sondern müssen sich mit ihnen auseinandersetzen. In der Praxis könnte das dazu führen, dass die Finanzämter einzelne Rating-Tools beschaffen und speziell geschulte Mitarbeiter die Überprüfung der Ratings durchführen. Alternative: Die Prüfung der Ratings wird erst vor dem Finanzgericht erfolgen.

Stand-alone-Rating oder Gruppen-Rating?

In der Finanzverwaltung wird größtenteils die Auffassung vertreten, dass das Unternehmen, das das Darlehen aufnimmt, nicht alleinstehend betrachtet werden darf (sog. Stand-alone-Methode), sondern dass das Konzern-Rating bzw. Gruppen-Rating zur Anwendung kommen muss. Das bedeutet im Klartext: Es muss der Konzernrückhalt berücksichtigt werden. Das Gruppen-Rating würde zu einer deutlich niedrigeren Ausfallwahrscheinlichkeit, zu einer höheren Bonität und damit zu niedrigeren Darlehenszinsen führen.

Gegenargument des BFH

Der Umstand, dass die konzernverbundene Finanzierungsgesellschaft im Falle einer durch einen Kreditausfall ausgelösten Krise wahrscheinlich von der Konzernspitze finanzielle Unterstützung erfahren würde, hat keinen Einfluss auf das Leistungsgefüge der mit den Konzerngesellschaften abgeschlossenen Darlehensverträge.

Fazit | Der Konzernrückhalt ist keine werthaltige Besicherung des Rückzahlungsbetrags und die Bonität ist daher an den Verhältnissen der konkret das Darlehen in Anspruch nehmenden Konzerngesellschaft auszurichten. Diese Grundsätze wurden vom Bundesfinanzhof bereits zur Korrekturvorschrift nach § 1 Abs. 1 AStG aufgestellt und greifen auch für den Anwendungsbereich der verdeckten Gewinnausschüttung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG (Senatsurteil 14.8.19, I R 14/18).

Fazit zu Urteilsfall 1: Bei der Ermittlung fremdüblicher Zinsen darf das Finanzamt die zeitaufwendig und teuer erstellten Ratings nicht mehr einfach als nicht verständlich wegwischen, sondern muss sich mit der Bonitätsprüfung detailliert auseinandersetzen. Zudem kann die Preisvergleichsmethode als Maßstab für die Ermittlung fremdüblicher Darlehenszinsen nicht mehr abgelehnt werden.

Darum ging es im Urteilsfall 2

Im zweiten Urteilsfall beim BFH gewährte eine im Inland ansässige Muttergesellschaft ihrer ebenfalls im Inland ansässigen Tochtergesellschaft ein Darlehen. Vereinbart wurde ein Darlehenszins in Höhe von 8 %. Dieses Darlehen war unbesichert und nachrangig. Die Tochtergesellschaft nahm zusätzliche Darlehen bei einer Bank auf. Für dieses besicherte Darlehen wurden Darlehenszinsen von 4,78 % vereinbart.

Das Finanzamt ging von einer verdeckten Gewinnausschüttung aus, weil die Darlehenszinsen für das Konzerndarlehen fremdunüblich hoch waren. Der angemessene Zinssatz wurde mit 5 % unterstellt. Der BFH stellte klar, wie sich die Nachrangigkeit eines Darlehens auf die Ermittlung fremdüblicher Zinsen auswirkt (BFH 18.5.21, I R 62/17).

Auswirkung der Nachrangigkeit auf die Darlehenszinsen

In seinem Urteil weist der BFH darauf hin, dass die Anwendung des Fremdvergleichs nur das „Wegdenken der Nahestehensbeziehung“ verlangt. Der mit der Bank vereinbarte Zinssatz kann nicht den Maßstab für den Zinssatz des Konzerndarlehens darstellen, weil ein gedachter und gewissenhafter Geschäftsleiter des Darlehensgebers sich nicht ohne Weiteres daran orientieren würde. Denn das Bankdarlehen war besichert und vorrangig. Dagegen war das Konzerndarlehen unbesichert und nachrangig. Ein fremder dritter Darlehensgeber hätte für ein nachrangig und unbesichertes Darlehen deshalb niemals den gleichen Zinssatz wie die Bank verlangt, sondern einen um einen Risikozuschlag erhöhten Zinssatz.

Fazit | Gerade wegen der Unbesicherung und wegen der Nachrangigkeit eines Darlehens würde ein fremder Darlehensgeber zur Risikokompensation stets einen höheren Zinssatz verlangen.