Auch wenn die Fristverlängerung für die Steuererklärungen 2020 umgesetzt wird, steht bei vielen Unternehmen in den nächsten Wochen oder Monaten die Gewinnermittlung für 2020 auf dem Plan. In zahlreichen Gesetzen wurden zur Entlastung von Unternehmern Steuererleichterungen geschaffen, die schnell in Vergessenheit geraten könnten. Nachfolgend erhalten Sie einen Schnellüberblick über die interessantesten Corona-Steuertipps für die Gewinnermittlung 2020. |
1. Zeitpunkt der steuerlichen Erfassung der Corona-Hilfen
Bei der Gewinnermittlung 2020 dürfte sich häufig die Frage stellen, ob die Corona-Überbrückungshilfen I und II sowie die November- und Dezemberhilfen bereits in der Gewinnermittlung 2020 zu erfassen sind, obwohl die staatlichen Hilfen erst 2021 überwiesen wurden. Hierzu gilt Folgendes:
Da bei der EÜR das Zuflussprinzip nach § 11 Abs. 1 EStG greift, sind die in 2021 zugeflossenen Corona-Hilfen nicht in den Gewinn 2020 einzubeziehen. Ausnahme: Beim Übergang von der EÜR zur Bilanzierung führen ggf. die Forderungen für die staatlichen Hilfen zur Erhöhung des Übergangsgewinns.
Sind die Voraussetzungen für die staatlichen Corona-Hilfen am Bilanzstichtag erfüllt, sind die Corona-Hilfen bereits 2020 gewinnerhöhend zu erfassen, selbst wenn bis zum Bilanzstichtag noch kein Antrag gestellt wurde.
2. Neue Anlage Corona-Hilfen nicht vergessen
Egal, ob Ihr Mandant seinen Gewinn per Bilanz ermittelt oder mittels Einnahmen-Überschussrechnung, erwartet das Finanzamt mit den Steuererklärungen 2020 die Übermittlung der neuen „Anlage Corona-Hilfen“.
Praxistipp | Insbesondere, wenn der Unternehmer aufgrund der Übermittlung der Steuererklärungen 2020 eine dringend benötigte Steuererstattung für 2020 oder für 2019 (Verlustrücktrag) erwartet, sollte die neue Anlage der Steuererklärung stets beigefügt werden. Ohne Ausfüllen dieser Anlage sind Rückfragen des Finanzamts und damit Verzögerungen bei der Bearbeitung der Steuererklärungen 2020 und für den Zeitpunkt der Steuererstattungen vorprogrammiert.
3. Pauschaler Verlustrücktrag ohne Steuererklärung 2020
Hat ein Mandant aktuell wegen der Coronakrise keine Zeit für die Abgabe seiner Steuererklärungen, obwohl er 2020 einen Verlust erzielt und Anspruch auf einen Verlustrücktrag auf das Steuerjahr 2019 hat? Dann sollte zumindest ersatzweise der vorläufige Verlustrücktrag von pauschal 30 % nach § 111 EStG beantragt werden.
Praxistipp | Ist der tatsächlich in 2020 erzielte Verlust deutlich höher als die vorläufigen pauschalen 30 %, kann auch dieser höhere Verlustrücktrag beantragt werden. Dazu muss zwar keine Steuererklärung für 2020 eingereicht werden, jedoch eine aussagekräftige (vorläufige) Gewinnermittlung für 2020.
4. Homeoffice-Pauschale
An Tagen, an denen ein Unternehmer im Jahr 2020 ausschließlich zu Hause gearbeitet und kein häusliches Arbeitszimmer genutzt hat, kann er die Homeoffice-Pauschale i. H. v. 5 EUR pro Tag, maximal i. H. v. 600 EUR pro Jahr als Betriebsausgaben geltend machen.
Die Homeoffice-Pauschale kann auch abgezogen werden, wenn die Betriebsausgaben für das häusliche Arbeitszimmer unter 600 EUR liegen oder wenn der Unternehmer keine Lust hat, die Belege zu suchen und die anteiligen Arbeitszimmerkosten zu ermitteln.
Praxistipp | Die Homeoffice-Pauschale von 5 EUR pro Tag kann übrigens auch geltend gemacht werden, wenn nur am Wochenende oder an Feiertagen zu Hause gearbeitet wurde. Das Gesetz sieht in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG hinsichtlich der Arbeitstage keine Einschränkungen vor.
5. Degressive Abschreibung
Aufgrund der Coronapandemie wurde die degressive Abschreibung für Investitionen in den Jahren 2020 und 2021 wieder eingeführt. Im Vergleich zur linearen Abschreibung, die sich nach der Nutzungsdauer des betrieblichen Wirtschaftsguts richtet, beträgt die degressive Abschreibung im Jahr 2020 nach § 7 Abs. 2 EStG das 2,5-Fache des linearen Abschreibungssatzes, maximal jedoch 25 % der Anschaffungskosten.
6. 20%ige Sonderabschreibung
Neben der regulären Abschreibung profitiert ein Unternehmer im Jahr 2020 unter Umständen (erstmals) nach § 7g Abs. 5 EStG von der 20%igen Sonderabschreibung. Grundvoraussetzungen für die Sonderabschreibung: Der Gewinn im Jahr 2019 (also im Vorjahr) betrug nicht mehr als 200.000 EUR. Diese wegen Corona neu eingeführte Gewinnhöchstgrenze gilt sowohl für Einnahmen-Überschussrechner als auch für bilanzierende Unternehmer.
7. Investitionsabzugsbetrag I
Auch beim Investitionsabzugsbetrag nach § 7g Abs. 1 EStG gilt 2020 erstmals eine einheitliche Gewinnhöchstgrenze, unabhängig davon, ob der Unternehmer bilanziert oder seinen Gewinn nach der Einnahmen-Überschussrechnung ermittelt. Wer für geplante Investitionen in den Jahren 2021 bis 2023 bereits vom Gewinn 2020 einen Teil der voraussichtlichen Investitionskosten als Betriebsausgaben abziehen möchte, darf vor Abzug des Investitionsabzugsbetrags einen Gewinn 2020 von maximal 200.000 EUR ausweisen.
8. Investitionsabzugsbetrag II
Neu in 2020 ist wegen der Coronapandemie auch die Erhöhung des Investitionsabzugsbetrags. Statt wie bisher 40 % dürfen 2020 erstmals 50 % der voraussichtlichen Investitionskosten als Betriebsausgabe berücksichtigt werden.
9. Investitionsabzugsbetrag III
Wurde im Jahr 2017 ein Investitionsabzugsbetrag nach § 7g EStG für geplante Investitionen in den Jahren 2018 bis 2020 abgezogen und die Investition konnte wegen Corona bis Ende 2020 nicht realisiert werden? Dann hätte das normalerweise zur Folge, dass das Finanzamt den Steuerbescheid 2017 ändert, den Investitionsabzugsbetrag rückgängig macht und für 2017 Steuern plus Nachzahlungszinsen fordert. Doch wegen Corona wurde der Investitionszeitraum ausnahmsweise auf vier Jahre verlängert. Das bedeutet: Der Investitionsabzugsbetrag 2017 bleibt unangetastet, wenn die Investition bis spätestens 31.12.2021 nachgeholt wird.
Praxistipp | Haken Sie hier bei Ihrem Mandanten nach. Ist absehbar, dass er wegen Corona auch bis Ende 2021 die notwendige Investition nicht nachholen wird oder kann, sollten Sie das Finanzamt über diesen Umstand umgehend informieren. Ist geplant, die Steuererklärungen 2020 frühestens Ende Mai 2022 ans Finanzamt zu übermitteln, spart sich Ihr Mandant durch die frühzeitige Änderung des Steuerbescheids Nachzahlungszinsen von 0,5 % pro Monat.
10. Verlängerung der Reinvestitionsfristen bei Rücklage für Ersatzbeschaffung
Ist ein Wirtschaftsgut wegen höherer Gewalt (z. B. Brand, Hochwasser, Diebstahl) aus dem Betriebsvermögen gegen eine Versicherungsleistung ausgeschieden und wurde eine Rücklage für Ersatzbeschaffung nach R 6.6 EStR gebildet und die Ersatzbeschaffung hätte eigentlich bis Ende 2020 stattfinden müssen? Wenn ja, ist es steuerlich unschädlich, wenn die Ersatzbeschaffung erst ein Jahr später erfolgt. Wegen der Coronakrise wurden die Reinvestitionsfristen um ein Jahr verlängert (BMF 13.1.21, IV C 6 – S 2138/19/10002:003).
11. Reinvestitionsrücklage nach § 6b EStG: Investitionszeitraum verlängert
Für Gewinne aus dem Verkauf bestimmter Wirtschaftsgüter – unter anderem für Gebäude – erlaubt das Einkommensteuergesetz die Bildung einer Rücklage. Das bedeutet, dass der Gewinn nicht versteuert werden muss. Der Gewinn wird vielmehr auf die Anschaffungskosten eines neu angeschafften oder hergestellten Gebäudes übertragen.
Das Finanzamt erwartet allerdings, dass innerhalb von vier Jahren nach dem Jahr des Verkaufs ein neues Gebäude angeschafft oder hergestellt wird (§ 6b Abs. 3 Satz 2 EStG). Kommt es innerhalb dieses 4-Jahres-Zeitraums zu keiner Investition, muss die Rücklage aufgelöst und der Gewinn versteuert werden. Zudem müssen für jedes Jahr des Bestehens der Rücklage zusätzlich 6 % des Gewinns als Betriebseinnahme versteuert werden.
Im Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz wurde dieser Investitionszeitraum jedoch um ein Jahr verlängert. Sofern die Reinvestitionsrücklage am Schluss des nach dem 29.2.2020 und vor dem 1.1.2021 endenden Wirtschaftsjahrs noch vorhanden ist und aufzulösen wäre, endet die Reinvestitionsfrist erst am Schluss des folgenden Wirtschaftsjahres (§ 52 Abs. 14 Sätze 4 bis 6 EStG).
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