Fahrten zwischen Wohnung und einer vollzeitig besuchten Bildungseinrichtung oder zu einer Universität sind in voller Höhe wie Dienstreisen und nicht nur beschränkt auf die Entfernungspauschale als Werbungskosten abziehbar.
An der bisherigen Rechtsprechung zur Hochschule, Universität oder Berufsbildungseinrichtung als Arbeitsstätte hält der BFH nicht länger fest.
Sie sind nicht als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen. Auch wenn diese häufig über einen längeren Zeitraum hinweg zum Zwecke eines Vollzeitstudiums oder einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme aufgesucht werden und die volle Arbeitszeit in Anspruch nehmen, ist eine Bildungsmaßnahme regelmäßig vorübergehend und nicht auf Dauer angelegt.
BFH 9.2.12, VI R 42/11,
BFH 9.2.12, VI R 44/10; 17.6.10, VI R 35/08, BStBl II 10, 852
Wie bei einer Auswärtstätigkeit hat der Student oder Azubi typischerweise nicht die Möglichkeit, seine Wegekosten gering zu halten. Zudem ist unter regelmäßiger Arbeitsstätte nur eine ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers zu verstehen. Auch aus diesem Grund ist eine arbeitgeberfremde Bildungseinrichtung unabhängig davon, ob die Maßnahme die volle Arbeitszeit in Anspruch nimmt oder neben einer Voll- oder Teilzeitbeschäftigung ausgeübt wird, nicht als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen.
Aufgrund dieser Sichtweise hat der BFH die Mobilitätskosten im Rahmen eines Zweitstudiums und beim Zeitsoldaten die Fahrtkosten in Zusammenhang mit einer vollzeitigen Berufsförderungsmaßnahme als vorweggenommene Werbungskosten in tatsächlicher Höhe wie Aufwendungen für Dienstreisen berücksichtigt. Das geschieht in der Regel unter Inanspruchnahme der Kilometerpauschale.
Steuer-Tipp:
Der BFH weist darauf hin, dass Reisekosten steuerlich nur berücksichtigt werden, wenn der Steuerpflichtige den Fahrtaufwand tatsächlich getragen hat, während es bei Anwendung der Entfernungspauschale darauf nicht ankommt. Der Urteilstenor wirkt nicht nur neben betrieblich veranlassten Berufsbildungsmaßnahmen generell für jede Ausbildung, die berufsbezogen ist und zu einer geplanten späteren Berufsausübung hinführt. Diese Grundsätze gelten auch nach den einschränkenden Neuregelungen durch das EU-Beitreibungsgesetz unverändert. Weil Lehrstätten keine regelmäßige Arbeitsstätte sind, lassen sich für die ersten drei Monate außerdem Pauschalen für Verpflegungsmehraufwendungen geltend machen.
Durch die einschränkende gesetzliche Regelung aufgrund der Rechtsprechungsänderung des BFH zur Erstausbildung und zum Erststudium lassen sich die beiden Urteile in der Praxis in erster Linie für Zweitausbildung und -studium sowie Maßnahmen im Rahmen eines bestehenden Dienstverhältnisses verwenden. Soweit es sich um die Erstausbildung handelt, liegen lediglich Sonderausgaben bis zum neuen Höchstbetrag (ab 2012) von 6.000 EUR vor. Gegen diese einschränkende Regelung liegen dem BFH aber bereits neue Revisionen zur Entscheidung vor, inwieweit die Ausbildungskosten als vorweggenommene Werbungskosten oder Betriebsausgaben absetzbar sind. Beanstandet wird insbesondere die Verfassungsmäßigkeit der Neuregelungen.